Forschung
Gerhard Rohr (1616–1688) stammte aus einer alten Gerberfamilie Berns. Sein Vater David (1594–1630) und sein Grossvater Gerhard († 1636), Landvogt zu Erlach und Schenkenberg, waren beide in diesem Beruf tätig. Gerhard der Jüngere wurde Notar. Er amtete als Ohmgeltschreiber, als Gerichtsschreiber von Interlaken, als Landschreiber zu Gsteig und 1669–1675 als Landvogt zu Interlaken. Gerhard Rohr war zweimal verheiratet. Seiner Ehe mit Salome Marti entsprangen elf Kinder. Nach ihrem Tod ehelichte Gerhard die dreifache Witwe Anna Sinner (HBLS 5/1929, S. 684; Kessel 2015).
Wappenscheiben Gerhard Rohrs existieren ausserdem in den Kirchen von Leissigen, Ringgenberg (1671) und Gsteig (1673).
Die Scheibe Gerhard Rohrs in Beatenberg lässt sich stilistisch nur schwer mit den für Hans Jakob Güder gesicherten Vennerscheiben vergleichen. Viel mehr Analogien besitzt sie zur Luzerner Glasmalerei. Vor allem die Architekturformen mit den marmorierten Säulen, die Löwensockel, die fein gezeichnete Hintergrundarchitektur des Wappens und die vielfigurige Oberbildszene lassen sich mit Luzerner Scheiben des dritten Viertels des 17. Jahrhunderts vergleichen. Beispielsweise ist die Scheibe Rohr der Luzerner Stadtscheibe im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 342) stilistisch verwandt, ebenso einer von Hans Jakob I. Geilinger signierten Scheibe (Lehmann 1941, Abb. 293) sowie zwei Hans Jakob II. Geilinger zugewiesenen Scheiben (Lehmann 1941, Abb. 301, 302). Die Zuschreibung der Scheibe Gerhard Rohrs bleibt jedoch unsicher, da ein Auftrag an einen Luzerner Glasmaler durch den Landvogt von Interlaken ungewöhnlich wäre. Zudem entspricht die Inschriftentafel mehr dem Schriftcharakter der Vennerscheiben als dem der Luzerner Scheiben der Geilinger und müsste daher von Güder geschaffen worden sein. Diese Tafel könnte aber auch später, vielleicht schon im 17. oder 18. Jahrhundert nach dem Vorbild der übrigen Scheiben Beatenbergs restauriert worden sein. Denkbar wäre ebenfalls die Zweitverwendung einer etwas früher entstandenen Scheibe mit dem Wappen der Familie Rohr, die dann von Hans Jakob Güder eine neue Stifterinschrift erhalten hätte. Ob sie vielleicht schon ursprünglich für den Gerichtsschreiber und Landvogt Gerhard und für die alte Kirche von Interlaken geschaffen worden wäre, bleibt rein hypothetisch.
Datierung
1673
StifterIn
Rohr, Gerhard (1616–1688), Landvogt Interlaken
Herstellungsort
Eigentümer*in