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BE_331: Gemeindescheibe Biglen mit der Parabel vom Stäbebrechen (linkes Stück der Doppelscheibe)
(BE_Grosshoechstetten_refK_BiglenL)

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Titel

Gemeindescheibe Biglen mit der Parabel vom Stäbebrechen (linkes Stück der Doppelscheibe)

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Zeender, Hans · zugeschr.
Datierung
1597
Masse
80.5 x 47. cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Das Mittelbild der Scheibe schildert die Parabel vom Stäbebrechen. Der sterbende Skythenkönig Skiluros hat seine Söhne um sein Bett versammelt und fordert sie auf, einen Bund Stäbe zu brechen. Dem väterlichen Beispiel folgend brechen die meisten von ihnen einen einzelnen Stab mit Leichtigkeit. Der Sohn vor der Bettstatt hingegen versucht dies erfolglos mit einem ganzen Rutenbündel zu tun. Die Szene, die zeigen soll, dass man eine Aufgabe gemeinsam leichter lösen kann, spielt in einer offenen, verkürzten Hallenarchitektur. Die äusseren rosabraunen Rundpfeiler mit violetten Basen und roten Kapitellen sind mit geflügelten Engelsköpfen geschmückt. Sie tragen ein blaues Gebälk, das hinten auf einem weiteren Pfeilerpaar mit violetten Kapitellen ruht. Darüber erhebt sich ein bräunlichroter Rundbogen, den wiederum geflügelte Engelsköpfe zieren. Zwei weitere pausbackige Engelsköpfe füllen wolkenblasend die oberen Zwickelfelder. Die Rollwerkkartusche mit der Stifterinschrift am unteren Rand flankieren zwei sitzende Putten, die anhand ihrer Attribute die Tugenden der Gerechtigkeit und Mässigkeit versinnbildlichen.

Iconclass Code
11G · Engel
11M42 · Mäßigkeit, Temperantia (Ripa: Temperanza), als eine der vier Kardinaltugenden
11M44 · Gerechtigkeit, Justitia (Ripa: Giustitia divina), als eine der vier Kardinaltugenden
26A · Wolken
5(+1) · abstrakte Ideen und Konzeptionen (+ Personifikation)
92D1916 · Amoretten, Putten; amores, amoretti, putti
98B(SCYLURUS)68 · der Tod des Scylurus: auf seinem Sterbebett fordert der Scythenkönig seine achtzig Söhne auf, ein Bündel von Stöcken (oder Pfeilen) zu zerbrechen; als sie dazu nicht in der Lage sind, zerbricht er die Stöcke einzeln, um den Söhnen beizubringen, daß sie vereint stark, getrennt aber schwach seien
Iconclass Stichworte
Inschrift

Die Gmeind vo / Bigglen 1597.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Der obere Schaftteil des rechten rosabraunen Rundpfeilers neu ergänzt; Korrosionsspuren in der Schrifttafel; zwei kleine Sprünge und einige Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes und blaues (Sohn mit ganzem Bündel) Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und blauer Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Biglen, die Nachbargemeinde von Grosshöchstetten, stiftete wie die Berner Obrigkeit eine Doppelscheibe in die dortige Kirche. Statt ihres Wappens wählte diese Gemeinde zwei tiefsinnige Bildthemen, die jeweils unter einem gleich gestalteten Architekturbogen dargestellt sind. Auf dem linken Stück der Doppelstiftung ist die das Thema der Einigkeit versinnbildlichende antike Parabel vom Stäbebrechen festgehalten, die man u. a. aus Aesops Fabelsammlung kennt. Von Schweizer Künstlern wurde sie verschiedentlich aufgegriffen. Tobias Stimmer und Daniel Lindtmayer der Jüngere, aber auch Berner Glasmaler hielten sie auf Scheibenrissen fest. Zu einem nationalen Bildthema erhoben wurde sie durch die 1580 von Christoph Murer geschaffene Radierung "Vermanung an ein Lobliche Eydgnoschafft zur Einikeit" (Hasler 1996/97, Bd. 2, Kat.-Nr. 389). Dieser den Eidgenössischen Bund zur Einigkeit auffordernden Parabeldarstellung Christoph Murers folgt in den Grundzügen auch die Figurenszene vorliegender Scheibe. In gleicher Form hielt Humbert Mareschet die Parabel zwischen 1584–1586 auf dem im Bernischen Historischen Museum befindlichen Leinwandbild für die Burgerstube des Berner Rathauses fest (Vignau-Wilberg 1982, Abb. 138, 140; Hasler 1996/97, Bd. 2, Abb. 389.1, 389.3).

Stil und Technik der Doppelscheibe Biglens sind der am gleichen Ort befindlichen und signierten Berner Stiftung stark verwandt und daher wie diese Hans Zeender zuzuschreiben.

Datierung
1597
Herstellungsort
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Grosshöchstetten.
Die Unterhaltspflicht der zwei Glasgemälde im Chor 1883 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936 [Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343]).

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 99f.

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Zweites Heft. Mittelland. I. Aegerten–Jaberg, Bern 1880, S. 204.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 41, 68.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 247.

Alfred G. Roth, Einig und gerecht, in: Burgdorfer Jahrbuch 32/1965, S. 105f. (Hans Zehnder).

Jürg Schweizer, Kunstführer Emmental, Wabern 1983 (2. Aufl.), S. 142.

Peter Michel (Leiter), Grosshöchstetten, Grosshöchstetten 1985, S. 194–196, Farbabb. S. 195.

Rolf Hasler, Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum, 2 Bde., Bern 1996/97, Bd. 2, Kat.-Nr. 389, Abb. 389.2.

Uta Bergmann, Die Freiburger Glasmalerei des 16. bis 18. Jahrhunderts, Bern 2014, Bd. 2, S. 881.

Vgl.

Thea Vignau-Wilberg, Christoph Murer und die "XL. Emblemata Miscella Nova", Bern 1982.

Weiteres Bildmaterial

SNM Zürich, Neg. 8350 (Hans Zeender)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Grosshoechstetten_refK_BiglenL
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Grosshoechstetten
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Grosshöchstetten.
Die Unterhaltspflicht der zwei Glasgemälde im Chor 1883 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936 [Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343]).

Inventar

Referenznummer
BE_331
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Uta Bergmann 2016