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BE_525: Figurenscheibe Stift St. Vinzenz Bern mit hl. Vinzenz
(BE_Oberbalm_refK_hlVinzenz)

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Titel

Figurenscheibe Stift St. Vinzenz Bern mit hl. Vinzenz

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
1527
Masse
85.5 x 50.8 cm im Licht
Standort
Lage
n II, 2b (alt: I, 3a)
Inventar

Ikonografie

Beschreibung

Der auf grünem Fliesenboden stehende hl. Vinzenz ist in eine Alba und blaue Dalmatika gekleidet. In seinen Händen hält er einen grünen Palmzweig und ein geöffnetes Buch. Hinter ihm ist vor rot gefiedertem Damastgrund ein gelber, bunt gefranster Vorhang aufgehängt. Die Figur umrahmt eine Arkade aus hellgrauen Rundpfeilern mit lila Basen und einem Astbogen mit Blattwerk. Den Bogenscheitel ziert eine Tafel mit dem Stiftungsjahr.

Iconclass Code
11H(VINCENT) · Vinzenz von Zaragoza (oder Valencia), Diakon und Märtyrer; mögliche Attribute: Buch, Weintrauben, Dalmatika, Bratrost (mit Nägeln), Mühlstein, Rabe, Schiff
Iconclass Stichworte
Inschrift

1527.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Ein Teil vom Nimbus und der untere Schaftteil der rechten Säule alt ergänzt; mehrere Gläser in der linken Säule, ein Teil der rechten Säulenbasis sowie je ein kleines Stück im Vorhang und Fliesenboden neu ergänzt; je ein altes Flickstück unten links im Fliesenboden und neben dem linken Säulenkapitell; ein kleiner Sprung und einige Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
2004 Daniel Stettler, Lyss: Versetzung der sechs Glasgemälde an ihre heutigen Standorte.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Nach den Rechnungen des Vinzenzenstifts von 1527/28 war dieses als Teilhaberin des Kirchensatzes an der Finanzierung des 1527 zum Abschluss gebrachten Chorneubaues beteiligt: "... von wegen des chors zu Balm, den sy dann üfgefürt, gerechnet Ic III lb. X β. ... Denne Jacob Wyssen dem glaser umb III grosse nüwe pfenster mit gemalten stucken in den chor zu Balm XXXVII lb. V β." (Welti 1909, S. 49f.). Die Chorerneuerung veranlasste das Stift demnach auch zur Schenkung von drei bei Jakob Wyss in Auftrag gegebenen Chorfenstern mit "gemalten Stücken" (Glasgemälden). Hans Lehmann betrachtet die in der Kirche erhaltene Vinzenzenscheibe von 1527 allerdings nicht als Teil dieser Schenkung. Mit dem Verweis auf den Entschluss des Berner Rates vom 18. November 1527, "Den chorherrn ein venster Mh huβ zu balm" zu verehren (Haller 1900, S. 123), geht er vielmehr davon aus, dass es die Berner Obrigkeit war, die dieselbe zusammen mit der Standesscheibe für den neuen Kirchenchor ausführen liess, und zwar wohl auch durch Wyss. Ihm zufolge wären die Wappengaben des Stifts somit nicht mehr erhalten. Der Eintrag im Ratsmanual dürfte jedoch anders zu verstehen sein, nämlich in dem Sinne, dass sich der Berner Rat damals entschloss, sich mit einem Fenster an der Schenkung des Stifts von St. Vinzenz zu beteiligen. Die beiden genannten Institutionen machten 1527 also wahrscheinlich eine gemeinsame Fenstergabe nach Oberbalm. Laut der Rechnung des Stiftes muss es sich dabei um die Verglasung der drei neuen Chorfenster gehandelt haben, wovon das eine offenbar aus dem Seckel des Rates bezahlt wurde. Damit würde sich die von Kathrin Tremp-Utz geäusserte Vermutung bestätigen, wonach das Vinzenzenstift kurz vor seiner Auflösung durch den Berner Rat kaum mehr unabhängig von diesem Aufträge vergab.
Wie viele gemalte Einzelscheiben die drei neuen Chorfenster enthielten, lässt sich aus der Stiftsrechnung nicht entnehmen. Anhand der Fensterzahl wäre an sich von drei Wappengaben auszugehen. Vieles spricht jedoch dafür, dass es nicht mehr als die beiden noch existierenden Werke von 1527 waren. Das Stift von Vinzenz scheint seine Fenstergaben in der Regel nämlich ausschliesslich mit einem seinen Namenspatron darstellenden Glasgemälde ausgestattet zu haben. Zum Paar vereint finden sich eine Vinzenzen- und Bernscheibe zudem in den Kirchen von Utzenstorf (1522), Ligerz (1523) und Sumiswald (1523), und zwar jeweils im zentralen Chorfenster. In gleicher Anordnung dürften die beiden Scheiben 1527 auch in Oberbalm im neuen mittleren Chorfenster zur Aufstellung gekommen sein.
Die von der Forschung (Hans Lehmann, E. Welti, Verena Lüthi-Stähli) vertretene Zuschreibung der zwei betreffenden Scheiben an den Berner Glasmaler Jakob Wyss erscheint aufgrund der zitierten Rechnung gut begründet. In ihrer "leblosen" (Lehmann), noch ganz der Spätgotik verpflichteten Formensprache besitzen diese Glasgemälde jedoch keinerlei Stilbezüge zur Berner Vinzenzen- und Standesscheibe in der Kirche Leuzigen, für die 1522 gleichfalls der Glaser Jakob Wyss entlohnt wurde. Es drängt sich deshalb die Vermutung auf, dass Jakob Wyss nur Glaser von Beruf war (in den Quellen wird er stets als solcher bezeichnet), d. h. die Wappenscheiben zu den bei ihm bestellten Fenstern nicht selbst ausführte, sondern zu deren Herstellung jeweils einen Glasmaler heranzog. Mit der an Jakob Meyer bezahlten Freiburger Standesscheibe in der Kirche Jegenstorf und der angeblich vom gleichen Meister stammenden Doppelscheiben Berns in der Kirchen von Reitnau (Hasler 2002, Kat,-Nrn. 92/93) und Neuenegg lassen sich zwar Werke nennen, die ähnlich komponiert sind wie die Vinzenzen- und Standesscheibe in Oberbalm. Stilistisch lassen sich die beiden Oberbalmer Glasgemälde damit aber nur bedingt vergleichen (die Zuweisung von Berns Stiftungen in Neuenegg und Reitnau an Meyer ist zudem in Frage zu stellen; vgl. Neuenegg). Welchen Berner Glasmaler Jakob Wyss mit ihrer Herstellung betraute, lässt sich beim heutigen Kenntnisstand somit nicht schlüssig beantworten.

Während Carl Friedrich Ludwig Lohner in seiner Publikation von 1867 nur die beiden Glasgemälde von 1527 in der Kirche von Oberbalm erwähnt und sie irrtümlicherweise ins Jahr 1520 datiert, sah diese Egbert Friedrich von Mülinen 1881 zusammen mit den anderen vier alten Scheiben im zentralen Chorfenster vereint. Dort befanden sich die sechs Wappenstiftungen auch noch 1976 (Stähli-Lüthi 1976, Abb. S. 3). An ihren heutigen Platz versetzt wurden sie anlässlich der Neugestaltung der Chorfenster durch Glasmaler Daniel Stettler 2004.

Datierung
1527
Herstellungsort
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Oberbalm.
Die Unterhaltspflicht der sechs Glasgemälde im Chor 1915 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).

Vorbesitzer*in

Staat Bern

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 125.

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Drittes Heft. Mittelland. II. Jegistorf–Ottenleuebad, Bern 1881, S. 269.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 24, 81.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 236.

Hermann Kasser, Das Bernbiet ehemals und heute, II. Mittelland, 1. Zwischen Aare und Stockhornkette, Bern 1906, S. 27 (hier 1524 datiert!).

E. Welti, Die Jahrzeitenbücher von Oberbalm, in: Archiv des Historischen Vereins des Kantons Bern, Bd. XIX, 1909, S. 49f.

Heinrich Türler, Wyss, Jakob, in: Schweizerisches Künstler-Lexikon 3/1913, S. 539 (Jakob Wyss).

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 16/1914, S. 231–233, Abb. 12 (Jakob Wyss).

K. Frei, Wyss, Jakob, in: Schweizerisches Künstler-Lexikon 4/1917, S. 460 (Jakob Wyss).

Rudolf Wegeli, Sammlungsbericht, in: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, Jg. III, 1923, S. 116, Anm. 3 (Jakob Wyss).

Fritz Moser, Kurze Geschichte der Kirche von Oberbalm, Bern 1960, S. 11 (Neuaufl. der Publ. von 1934).

Verena Stähli-Lüthi, Die Kirche von Oberbalm, Bern 1976, S. 14 (Jakob Wyss).

Niklaus Manuel Deutsch. Maler, Dichter, Staatsmann, Ausstellungskatalog Kunstmuseum Bern, Bern 1979, S. 197, Anm. 2 (Jakob Wyss).

Kathrin Tremp-Utz, Das Kollegiatstift St. Vinzenz in Bern, Bern 1985, S. 193.

Verena Stähli-Lüthi, Die Kirche von Oberbalm, Kirchgemeinde Oberbalm 2005, S. 29f., Farb-Abb. auf Umschlagklappe.

Vgl.

Berchtold Haller, Bern in seinen Rathsmanualen 1465–1565, Teil 1, Bern 1900.

Rolf Hasler, Glasmalerei im Kanton Aargau. Kirchen und Rathäuser, Aarau 2002.

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse 082; SNM Zürich, Neg. 9038, 9039 (Jakob Wyss); Farbfoto Kathrin Günter-Witt, Kirchgemeindepräsidentin Oberbalm (in Publikation von 2005)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Oberbalm_refK_hlVinzenz
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Oberbalm
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Oberbalm.
Die Unterhaltspflicht der sechs Glasgemälde im Chor 1915 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).

Inventar

Referenznummer
BE_525
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema