Forschung
Der 1516 vollendete Kirchenneubau in Seeberg bot Anlass zu Fenster- und Wappengaben. Zu den Stiftern einer solchen Gabe zählte 1517 auch die knapp 13 Kilometer von Seeberg entfernte Stadt Wangen, wo damals der bernische Landvogt seinen Sitz hatte. Wie der Inschrift ihrer Scheibe zu entnehmen ist, musste sie dieselbe 1666 erneuern lassen. Ihre wahrscheinlich durch ein Unwetter stark beschädigte Wappengabe von 1517 wurde dabei nicht mehr restauriert, sondern durch ein neues Glasgemälde ersetzt. Wie den Amtsrechnungen Wangens von 1666/67 zu entnehmen ist, wurde für dessen Ausführung 1666 der Burgdorfer Glasmaler Bendicht Kupferschmid entlohnt: "Bendicht Kupferschmid, dem Glasmahler, umb ein nüwes grosses Wapen der Grafschaft Wangen in das Chor zu Seeberg 40 Pf." (Auszüge aus den Amtsrechnungen von Dr. Marti-Wehren, Staatsarchiv Bern, Kopien im Vitrocentre Romont). Ob die vom Wangener Landvogt Samuel Bondeli im Auftrag Berns ausbezahlten 40 Pfund die Gesamtkosten für die Scheibenerneuerung deckten oder ob die Stadt Wangen selbst zusätzlich einen Beitrag daran zu leisten hatte, lässt sich zwar nicht schlüssig beantworten. Mit diesen 40 Pfund erwirkten sich Bondeli und als zweiter bernischer Amtsträger auch der Pfarrer zu Seeberg Hans Heinrich Lutz aber jedenfalls das Recht, sich mit ihren eigenen Wappen in die Scheibenstiftung Wangens einzubringen. Daran schliesst sich die Frage an, ob allenfalls bereits 1517 der damalige Berner Landvogt zu Wangen die Stiftung der dortigen Stadt mitfinanziert hatte. Nach dem zitierten Ausgabenposten kam die Scheibe 1666 in einem Chorfenster zur Aufstellung. Dort, das heisst im Mittelfenster des Chors, sahen sie noch 1890 Egbert Friedrich von Mülinen sowie 1896 Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen.
Neben Bendicht Kupferschmid sind 1666 in Burgdorf ebenfalls seine zwei Onkel Heinrich (1623–1689) und Samuel (1627–1688) Kupferschmid als Glasmaler nachgewiesen. Diese drei Meister dürften damals in ein und derselben (von Bendicht geleiteten?) Werkstatt gearbeitet haben. In welcher Weise die drei Glasmaler Kupferschmid bei der Herstellung einer Scheibe zusammen kooperierten, weiss man zwar nicht. Stilistisch dürften sie sich in ihrem Schaffen aber kaum grundlegend unterschieden haben. Es muss deshalb offen bleiben, ob Bendicht die Scheibe für Wangen alleine oder unter Einbezug seiner Onkel zur Ausführung brachte.
Samuel Bondeli diente Bern von 1662 bis 1668 als Landvogt zu Wangen. Hans Heinrich Lutz kam von Frutigen nach Seeberg, wo er von 1634 bis zu seinem Tod 1667 als Pfarrer wirkte (Joss 1931, S. 44). Zudem war er Kämmerer des Kapitels Burgdorf.
Die Bildlegende in der oberen Kartusche der Stadtscheibe Wangens ist durch eine auf den 16. Juli 1931 datierte Pause im Nachlass von Hans Drenckhahn im Vitrocentre Romont dokumentiert (Mappe mit Inv.-Nr. 19).
Datierung
1666
StifterIn
Wangen, Stadt · Bondeli, Samuel, Landvogt Wangen · Lutz, Hans Heinrich († 1667), Pfarrer (Prädikant)
Herstellungsort
Eigentümer*in
1890 trat Bern den Chor der Kirche an die Kirchgemeinde ab (aber ohne die dort befindlichen Scheiben).
Der vom Kanton Bern am 25. 1. 1984 der Kirchgemeinde unterbreitete Gebrauchsleihevertrag betreffend vorliegender Scheibe wurde von dieser nicht unterzeichnet.