Forschung
In den 1516 vollendeten Chorneubau Seebergs stiftete der Patronatsherr der Kirche, der Abt des Benediktinerklosters St. Peter im Schwarzwald Jodokus Keiser, 1517 eine Scheibe. Zusammen mit der Stadtscheibe Wangens befand sich diese noch 1890 (von Mülinen) und 1896 (Thormann/v. Mülinen) im zentralen Chorfenster, das heisst wohl an ihrem ursprünglichen Standort. Aufgrund der nach links gerichteten Stifterfigur darf man Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen beipflichten, dass es sich um den rechten Teil einer Doppelscheibe handelt, dessen verschollenes linkes Gegenstück vermutlich den hl. Petrus, den Klosterpatron von St. Peter, zeigte.
Die sechs in der Kirche Seeberg aus dem frühen 16. Jahrhundert vorhandenen Glasgemälde bilden eine stilistisch homogene Gruppe. Ihre Einheitlichkeit unterstreicht das verwendete Damastmuster, das mit Ausnahme der beiden Burgdorfer Stiftungen die vier übrigen Werke auszeichnet. Hans Lehmann betrachtet die sechs Seeberger Scheiben denn auch als Arbeiten derselben Hand. Darin glaubt er diejenige von Jakob Wyss erkennen zu können. Ob dieser Berner Glaser auf Glas malte, ist jedoch nicht gesichert. Lehmanns Zuschreibung ist deshalb abzulehnen. Unter den aus dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammenden Scheiben, die sich Berner Glasmalern zuweisen lassen, sind solche aus der Werkstatt Hans Funks mit denjenigen in Seeberg am besten vergleichbar. Zu nennen sind insbesondere die Berner Vinzenzenscheibe von 1513 und die Aarberger Bannerträgerscheibe von 1515 aus der Kirche Kerzers im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1886, 1887) sowie die ebenfalls dort aufbewahrte Aarauer Stadtscheibe aus der Zeit um 1515 (BHM Bern, Inv. 17631). Die drei genannten Werke stehen in der Figurengestaltung den Glasgemälden in Seeberg nahe. Zudem besitzen die Aarberger und Aarauer Stiftungen ein ganz ähnliches Damastmuster wie vier der dortigen Scheiben sowie die Aarberger ein Rahmenwerk in der Art wie bei den von Burgdorf nach Seeberg verehrten Glasgemälden. In ihrem Damastmuster hinwiederum entsprechen diese zwei Burgdorfer Glasgemälde exakt demjenigen der Vinzenzenscheibe Berns aus der Kirche Kerzers. Dem gleichen Damastmuster begegnet man nochmals auf den Scheiben mit der Mondsichelmadonna und dem hl. Leodegar, die das Stift Schönenwerd 1520 sicherlich in der Werkstatt Funks für die Kirche von Uerkheim in Auftrag gab (Hasler 2002, S. 279–283, Farbabb. S. 92, 93). Alles in allem spricht damit Vieles dafür, dass der Zyklus von Seeberg im Atelier von Funk geschaffen wurde.
Von der Scheibe existieren mehrere Pausen Hans Drenckhahns in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont (Mappe mit Inv.-Nr. 19).
Datierung
1517
StifterIn
Keiser, Jodokus, Abt Kloster St. Peter im Schwarzwald (reg. 1512–1531)
Herstellungsort
Eigentümer*in
1890 trat Bern den Chor der Kirche an die Kirchgemeinde ab (aber ohne die dort befindlichen Scheiben).
Der vom Kanton Bern am 25. 1. 1984 der Kirchgemeinde unterbreitete Gebrauchsleihevertrag betreffend vorliegender Scheibe wurde von dieser nicht unterzeichnet.