Forschung
Bern spendete sein Fenster und Wappen 1516/17 als Landesherrin Wangens in den Kirchenneubau von Seeberg. Die von Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen geäusserte Vermutung, Bern habe ebenso wie das Schwarzwaldkloster St. Peter damals eine Doppelscheibe dorthin verehrt, wird durch die von Hans Drenckhahn erhaltenen Teilpausen der für Seeberg bestimmten Berner Vinzenzenscheibe erhärtet (Nachlass Drenckhahns im Vitrocentre Romont, Mappe mit Inv.-Nr. 19). Die Berner Standesscheibe besitzt ein erheblich kleineres Format als die Glasgemälde des Schwarzwaldklosters St. Peter und Burgdorfs. Deshalb und aufgrund des Umstands, dass der Berner Rat die Kirchgemeinde 1515 beim Neubau des Kirchenschiffs unterstützte, kann man sich natürlich fragen, ob die Berner Standes- und Vinzenzenscheibe entgegen der gängigen Praxis allenfalls nicht im Chor, sondern in einem Fenster des Langhauses zur Aufstellung gebracht wurden. Gegen diese Annahme spricht jedoch das damalige Selbstverständnis Berns. Zudem befand sich die Standesscheibe laut Egbert Friedrich von Mülinen 1890 im nördlichen Chorfenster. Man darf somit davon ausgehen, dass auch Berns Doppelscheibe ihren Platz ursprünglich im Chor hatte, und zwar wohl eher im dortigen Mittel- (zusammen mit den Stiftungen des Klosters St. Peter und der Stadt Wangen?) denn im Nordfenster.
Die sechs in der Kirche Seeberg aus dem frühen 16. Jahrhundert vorhandenen Glasgemälde bilden eine stilistisch homogene Gruppe. Ihre Einheitlichkeit unterstreicht das verwendete Damastmuster, das mit Ausnahme der beiden Burgdorfer Stiftungen die vier übrigen Werke auszeichnet. Hans Lehmann betrachtet die sechs Seeberger Scheiben denn auch als Arbeiten derselben Hand. Darin glaubt er diejenige von Jakob Wyss erkennen zu können. Ob dieser Berner Glaser auf Glas malte, ist jedoch nicht gesichert. Lehmanns Zuschreibung ist deshalb abzulehnen. Unter den aus dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammenden Scheiben, die sich Berner Glasmalern zuweisen lassen, sind solche aus der Werkstatt Hans Funks mit denjenigen in Seeberg am besten vergleichbar. Zu nennen sind insbesondere die Berner Vinzenzenscheibe von 1513 und die Aarberger Bannerträgerscheibe von 1515 aus der Kirche Kerzers im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1886, 1887) sowie die ebenfalls dort aufbewahrte Aarauer Stadtscheibe aus der Zeit um 1515 (BHM Bern, Inv. 17631). Die drei genannten Werke stehen in der Figurengestaltung den Glasgemälden in Seeberg nahe. Zudem besitzen die Aarbeger und Aarauer Stiftungen ein ganz ähnliches Damastmuster wie vier der dortigen Scheiben sowie die Aarberger ein Rahmenwerk in der Art wie bei den von Burgdorf nach Seeberg verehrten Glasgemälden. In ihrem Damastmuster hinwiederum entsprechen diese zwei Burgdorfer Glasgemälde exakt demjenigen der Vinzenzenscheibe Berns aus der Kirche Kerzers. Dem gleichen Damastmuster begegnet man nochmals auf den Scheiben mit der Mondsichelmadonna und dem hl. Leodegar, die das Stift Schönenwerd 1520 sicherlich in der Werkstatt Funks für die Kirche von Uerkheim in Auftrag gab (Hasler 2002, S. 279–283, Farbabb. S. 92, 93). Alles in allem spricht damit Vieles dafür, dass der Zyklus von Seeberg im Atelier von Funk geschaffen wurde.
Von der Scheibe existieren mehrere Teilpausen Hans Drenckhahns in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont (Mappe mit Inv.-Nr. 19).
Datierung
um 1517
Zeitraum
1516 – 1520
StifterIn
Herstellungsort
Eigentümer*in
1890 trat Bern den Chor der Kirche an die Kirchgemeinde ab (aber ohne die dort befindlichen Scheiben).
Der vom Kanton Bern am 25. 1. 1984 der Kirchgemeinde unterbreitete Gebrauchsleihevertrag betreffend vorliegender Scheibe wurde von dieser nicht unterzeichnet.