Forschung
Mit dem Verweis auf das zwei gekreuzte Instrumente darstellende Wappen der Familie Engelmann sprach Siegfried Joss 1931 die Vermutung aus, beim Scheibenstifter könnte es sich
um den 1480 in Grasswil nachgewiesenen Burgdorfer Vogt Konrad Engelmann handeln. Angesichts der Entstehungszeit des Glasgemäldes erweist sich diese Vermutung aber als unglaubwürdig. In der Folge revidierte Joss denn auch seine Meinung, bezieht er doch in seinem 1947 erschienen Artikel das Wappen auf Matthäus Ensinger, der ihm zufolge 1516 angeblich in die Umbauarbeiten der Kirche Seeberg involviert war und deshalb damals seine Wappenscheibe in den dortigen Chor gestiftet haben soll. Auch die Gleichsetzung des Scheibenstifters mit Matthäus Ensinger ist allerdings unhaltbar. Zum einen waren der Berner Münsterbaumeister Matthäus Ensinger (ca. 1395–1463) ebenso wie sein dieses Amt über kurze Zeit ausübender Sohn Moritz (ca. 1430–1493) bereits im 15. Jahrhundert verstorben und zum anderen entspricht das vorliegende Wappen in keiner Weise demjenigen auf Matthäus Ensingers Gedenkstein im Ulmer Münster.
Die Scheibe befand sich zusammen mit dem möglicherweise von Lienhard Meiss in Auftrag gegebenen Glasgemälde 1890 (von Mülinen) und 1896 (Thormann/von Mülinen) im Fenster s III der Chors. Ebenso gut wie im Chor könnten diese beiden Scheiben, die wesentlich kleiner sind als die Stiftungen Burgdorfs und des Klosters St. Peter, ursprünglich aber auch in einem Fenster des Langhauses platziert gewesen sein.
Die sechs in der Kirche Seeberg aus dem frühen 16. Jahrhundert vorhandenen Glasgemälde bilden eine stilistisch homogene Gruppe. Ihre Einheitlichkeit unterstreicht das verwendete Damastmuster, das mit Ausnahme der beiden Burgdorfer Stiftungen die vier übrigen Werke auszeichnet. Hans Lehmann betrachtet die sechs Seeberger Scheiben denn auch als Arbeiten derselben Hand. Darin glaubt er diejenige von Jakob Wyss erkennen zu können. Ob dieser Berner Glaser auf Glas malte, ist jedoch nicht gesichert. Lehmanns Zuschreibung ist deshalb abzulehnen. Unter den aus dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammenden Scheiben, die sich Berner Glasmalern zuweisen lassen, sind solche aus der Werkstatt Hans Funks mit denjenigen in Seeberg am besten vergleichbar. Zu nennen sind insbesondere die Berner Vinzenzenscheibe von 1513 und die Aarberger Bannerträgerscheibe von 1515 aus der Kirche Kerzers im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1886, 1887) sowie die ebenfalls dort aufbewahrte Aarauer Stadtscheibe aus der Zeit um 1515 (BHM Bern, Inv. 17631). Die drei genannten Werke stehen in der Figurengestaltung den Glasgemälden in Seeberg nahe. Zudem besitzen die Aarbeger und Aarauer Stiftungen ein ganz ähnliches Damastmuster wie vier der dortigen Scheiben sowie die Aarberger ein Rahmenwerk in der Art wie bei den von Burgdorf nach Seeberg verehrten Glasgemälden. In ihrem Damastmuster hinwiederum entsprechen diese zwei Burgdorfer Glasgemälde exakt demjenigen der Vinzenzenscheibe Berns aus der Kirche Kerzers. Dem gleichen Damastmuster begegnet man nochmals auf den Scheiben mit der Mondsichelmadonna und dem hl. Leodegar, die das Stift Schönenwerd 1520 sicherlich in der Werkstatt Funks für die Kirche von Uerkheim in Auftrag gab (Hasler 2002, S. 279–283, Farbabb. S. 92, 93). Alles in allem spricht damit Vieles dafür, dass der Zyklus von Seeberg im Atelier von Funk geschaffen wurde.
Von der Scheibe existiert eine Pause Hans Drenckhahns in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont (Mappe mit Inv.-Nr. 19). Sie ist folgendermassen bezeichnet: "HD. Thun 9. Juli 1908." Das Glasgemälde wird demnach von diesem Thuner Glasmaler restauriert und dabei mit Ergänzungen versehen worden sein.
Datierung
1517
Herstellungsort
Eigentümer*in
1890 trat Bern den Chor der Kirche an die Kirchgemeinde ab (aber ohne die dort befindlichen Scheiben).
Der vom Kanton Bern am 25. 1. 1984 der Kirchgemeinde unterbreitete Gebrauchsleihevertrag betreffend vorliegender Scheibe wurde von dieser nicht unterzeichnet.