Forschung
Möglicherweise war es Matthäus Ensinger, der selbst mit einer Wappenscheibe in der Kirche vertretene Vogt von Wangen, der sich anlässlich des 1515 errichteten Neubaues darum bemühte, dass ausser Bern weitere Stände und Institutionen dorthin Fenster und Wappen schenkten. Bern selbst machte seine Stiftung 1515, die meisten anderen Donatoren wohl aber etwas später, zum Teil vielleicht ab 1519 im Anschluss an die Übernahme des Kirchensatzes durch Bern.
Weil die zwischen 1515 und 1523 in die Kirche Ursenbach gekommenen Scheiben stilistisch keine wirklich homogene Gruppe bilden, müssen an ihrer Herstellung mehrere Glasmaler beteiligt gewesen sein. Beim gegenwärtigen Kenntnisstand lässt sich allerdings nicht beantworten, wie diese organisiert waren, d. h. ob sie verschiedenen Werkstätten angehörten oder ob sie für das Projekt in Ursenbach zeitweilig in einer Werkstattgemeinschaft zusammenarbeiteten. Kaum aufrechtzuerhalten sind die von der Forschung im 20. Jahrhundert gemachten Zuschreibungen an einzelne Berner Glasmaler.
So sollen laut Hans Lehmann die Ursenbacher Scheiben mit Ausnahme derjenigen Solothurns von Jakob Stächeli (Stäheli) stammen. Von Stächeli kennt man jedoch weder signierte noch durch Schriftquellen bezeugte Glasgemälde. Dass dieser Berner Glaser auf Glas malte, ist demnach nicht erwiesen (Anderes 1963, S. 125) und Lehmanns Zuschreibung somit nicht stichhaltig. Bernhard Anderes hingegen betrachtet die Freiburger Doppelstiftung in Ursenbach als eine Arbeit des Berner Glasmalers Jakob Meyer. Diesem werden die von Freiburg (und von Bern) nach Ursenbach verehrten Glasgemälde auch von Heinz Matile (in: Kartei Ortskatalog Glasgemälde, BHM Bern) zugesprochen. Anderes und Matile verweisen dabei auf die Nähe der Einflüsse Niklaus Manuels aufweisenden Ursenbacher Nikolausscheibe zu der um 1515 entstandenen, im Damastmuster übereinstimmenden Mauritiusscheibe in der Kirche Jegenstorf, worin sie die Hand Meyers sehen. Dass diese Mauritiusscheibe von Meyer stammt, ist freilich nicht völlig gesichert (s. d.). Die Kombination von hochrechteckiger Figuren- und runder Ämterscheibe kennt man ebenfalls von Berns Doppelstiftung von 1519 in der Kirche Aeschi. Während die dortige Vinzenzenscheibe hinsichtlich der Figurenkomposition mit derjenigen in Ursenbach übereinstimmt, besitzt Berns runde Ämterscheibe in Aeschi mit der Freiburger von Ursenbach verwandte Züge. Von der Annahme ausgehend, dass Jakob Meyer der Schöpfer der beiden genannten Glasgemälde in Aeschi war, sieht Matile darin einen weiteren Hinweis dafür, dass Freiburg und Bern ihre Stiftungen für Ursenbach bei Meyer in Auftrag gaben. Dazu bleibt jedoch festzuhalten, dass die Zuschreibung der zwei Glasgemälde in Aeschi an Meyer nicht überzeugt und dass Freiburgs Scheiben in Ursenbach von ihrer Qualität her nicht an Meyers Werke in Jegenstorf heranreichen. Beim gegenwärtigen Kenntnisstand hat man deshalb davon auszugehen, dass die Doppelscheibe Freiburgs in Ursenbach eher von einem anonymen, unter dem Einfluss Meyers stehenden Glasmaler denn von diesem selbst geschaffen wurde.
Laut Egbert Friedrich von Mülinen (1872) wurden die alten Glasgemälde nach der Restaurierung Röttingers von diesem in den Fenstern "unrichtig und bunt durcheinander" eingesetzt. Vor dieser Restaurierung waren die beiden Freiburger Scheiben im "4. Fenster" des Chores eingefügt und dort dürften sie sich bereits ursprünglich befunden haben (Thormann/von Mülinen 1896).
Datierung
um 1516
Zeitraum
1515 – 1518
StifterIn
Herstellungsort
Eigentümer*in
Kirchgemeinde Ursenbach.
Die Unterhaltspflicht der zwölf 1901 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).