Forschung
Ob um 1673 am Vorgängerbau der heutigen Kirche irgendwelche Umbauarbeiten stattfanden, weiss man nicht. Ebenso wenig hat man Kenntnis darüber, ob Hans Rudolf von Diesbach in irgendeiner Form Beziehungen zu Oberwichtrach pflegte. Ob er seine Wappengabe 1673 für Oberwichtrach ausführen liess, ist deshalb zwar nicht gesichert. Da Egbert Friedrich von Mülinen in seiner Publikation von 1883 Diesbach-Wappenscheiben in der Kirche Oberwichtrach erwähnt sowie Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen die Scheibe Hans Rudolf von Diesbachs 1896 dort sahen, ist es aber durchaus möglich, dass dieser seine Wappengabe 1673 (möglicherweise als damaliger Bauherr Berns) für dort in Auftrag gab. In diesem Falle müsste sie 1745 vom Vorgängerbau in die heutige Kirche übernommen worden sein.
Auf dem Foto des Schweizerischen Landesmuseums wird die Scheibe aus unerklärlichen Gründen dem 1673 schon seit langem verstorbenen Hans Huber († 1598) aus Bern zugewiesen. Sie wird wohl auch von einem dortigen Glasmaler geschaffen worden sein. In Frage kämen damit in erster Linie entweder Matthias Zwirn oder Hans Jakob Güder, die beiden führenden Glasmaler Berns der Zeit um 1670. Stilistisch lässt sich die Scheibe aber weder mit Arbeiten Zwirns noch mit solchen Güders überzeugend verbinden. Weil vom dritten damals dort tätigen Meister, Beat Herport, keine signierten Glasgemälde bekannt sind, muss ihre Zuschreibung somit offen bleiben.
Hans (Johann) Rudolf von Diesbach (1621–1685), der Sohn des Niklaus und der Elisabeth von Erlach, verbrachte die Jugendjahre in Frankreich. Nach seiner Rückkehr diente er Bern als Schultheiss zu Murten und 1657–1663 als Landvogt zu Lenzburg. In Bern selbst wurde er 1668 des Kleinen Rats, 1670 Zeugherr und 1671 Bauherr. Seit 1640 war er mit Maria May (1617–1658) verheiratet und in zweiter Ehe seit 1659 mit Veronika Willading, der Witwe Albrecht Steigers (HBLS 2/1924, S. 713, Hasler 2002, S. 160). Rudolf von Diesbach hatte insgesamt einundzwanzig Kinder. Die vorliegende Scheibe stammt aus der Zeit seiner Ehe mit Veronika Willading, der Tochter Hans Rudolfs und der Katharina von Mülinen (Kessel 2015).
Von ihm und David Martin besitzt das Bernische Historische Museum eine von Matthias Zwirn signierte Scheibe aus dem Jahre 1649. 1663 stiftete von Diesbach eine von Hans Ulrich II. Fisch stammende Scheibe in die Pfarrkirche Gränichen (Hasler 2002, Kat.-Nr. 40) und 1673 eine Rundscheibe in die Kirche Wichtrach. Als Lenzburger Landvogt beteiligte er sich zudem 1661 an der in der Werkstatt Hans Ulrich II. Fischs entstandenen Gerichtsscheibe Gränichens, zu der sich der Riss in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums erhalten hat (Hasler 1996, Kat.-Nr. 75).
Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen sahen die Scheibe zusammen mit fünf weiteren 1896 im "Fenster zur Linken" im Chor, also wohl im Fenster n II.
Datierung
1673
Herstellungsort