Forschung
Die sechs nicht zum zwölfteiligen Scheibenzyklus im Chor gehörenden Glasgemälde gelangten gleichfalls zur Zeit der Chorerneuerung, das heisst um 1521/22, in die Kirche. Weil man damals auch das Langhaus mit neuen Fenstern versah, liegt die Annahme nahe, dass sie für diese bestimmt waren. Nach Johann Rudolf Rahn (1882), Hermann Kasser (1893) sowie Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen (1896) befanden sich die sechs betreffenden Scheiben gegen Ende des 19. Jahrhunderts jedenfalls im Kirchenschiff, und zwar diejenige Gutmann Zollers in zweitem Fenster an dessen Nordseite.
Hans Lehmann identifiziert den Stifter mit Gutman Zoller, einem Angehörigen der gleichnamigen ausgestorbenen Berner Familie. Seit 1495 im Grossen Rat von Bern vertreten, wurde dieser im Jahre 1500 wegen seiner Söldnerdienste als Hauptmann für Herzog Ludovico Sforza von Mailand daraus entlassen, vier Jahre später aber wieder aufgenommen. Er war laut Inschrift mit Barbara Willis verehelicht. Sein Waffenrock ist in den Von-Diesbach-Farben Gold und Schwarz gehalten, was darauf deutet, dass er zu diesem Geschlecht in enger Verbindung stand (Schlup). Seine genauen Beziehungen zu den von Diesbach bleiben aber zu klären.
Zollers Stiftung ist weitgehend identisch gestaltet wie die Figurenscheibe, die Kaspar von Mülinen 1519 in die neu erbaute Kirche von Hindelbank schenkte. Dort bildete diese Teil der Glasgemäldefolge, mit der damals Hans von Erlach (1474–1539) die Kirche ausschmücken liess und die beim Brand von 1911 zugrunde ging (Schweizerisches Nationalmuseum Zürich, Fotos 8229, 8235; Lehmann 1914, S. 131, Abb. 3). Von Mülinens zerstörtes Glasgemälde als Arbeit Jakob Meyers betrachtend, spricht Hans Lehmann in seiner 1913 erstellten Schätzung der in der Kirche Worb befindlichen Scheiben die von Zoller dorthin gestiftete ebenfalls diesem Berner Meister zu. Im Widerspruch dazu steht sein Zuschreibungsvorschlag in der Publikation zur Berner Glasmalerei von 1914. Darin bezeichnet er Zollers Stiftung als ein von Jakob Wyss mehr oder weniger vollständig erneuertes Werk. Dazu ist zu sagen, dass die Zuweisung der Stiftung von Mülinens an Meyer eine reine Hypothese darstellt und dass auch offen bleiben muss, von wem die Worber Scheiben möglicherweise schon kurz nach ihrer Entstehung restauriert wurden (s. Erhaltungszustand und Restaurierungen). Mehr zu überzeugen als Lehmanns Zuschreibungsversuche vermag derjenige von Brigitte Kurmann-Schwarz. Ihr zufolge stammt die Figurenscheibe Gutman Zollers von einem unbekannten Mitarbeiter der Erlach-Scharnachtal-Werkstatt. Laut ihr schuf die betreffende Hand für das Berner Münster die der Werkstatt den Namen gebenden Wappenscheiben des Rudolf von Erlach und dessen Gattin Barbara von Scharnachtal sowie darüber hinaus die Scheibe des Komturs von Köniz, Christoph Reich von Reichenstein und die Doppelstiftungen des Klosters Frienisberg und der Kartause Thorberg (Kurmann-Schwarz, S. 371f., Abb. 284–291). Für die gleiche Hand in Anspruch nimmt sie zudem die drei Scheiben des Rudolf von Erlach in der Kirche Jegenstorf, der Kirche Oberbalm und aus der Wallfahrtskirche Oberbüren im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 2430) sowie die runde Berner Standesscheibe mit den schildhaltenden Engeln in der Kirche Lützelflüh. Mit Zollers Glasgemälde stilistisch gut vergleichbar sind von den genannten Werken insbesondere die beiden von der Kartause Thorberg im ersten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts ins Münster gestifteten Scheiben. Zum einen zeigen sie das gleiche Damastmuster und zum anderen sind bei ihnen die Gewänder der Engel (ebenso wie derjenigen der Bernscheibe in Lützelflüh) im Faltenwurf dem Madonnenmantel von Zollers Stiftung nahe verwandt.
Datierung
1522
StifterIn
Zoller, Gutman · Willis, Barbara
Herstellungsort
Eigentümer*in
Kirchgemeinde Worb.
Die Unterhaltspflicht der dreizehn 1901 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).