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BE_788: Bildscheibe Johann (Hans) Rudolf von Erlach und Dorothea Velga (Felga) mit König Josia bei der Zerstörung der Götzenbilder
(BE_Jegenstorf_refK_vonErlach_1530)

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Titel

Bildscheibe Johann (Hans) Rudolf von Erlach und Dorothea Velga (Felga) mit König Josia bei der Zerstörung der Götzenbilder

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Funk, Hans · zugeschr.
Manuel Deutsch, Niklaus · Entwurf
Datierung
1530
Masse
49.8 x 57.4 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Die Scheibe ist dreiteilig komponiert. Der Mittelteil zeigt über den Vollwappen von Hans Rudolf von Erlach und Dorothea Felga König Josia, der die Götzenbilder auf dem Baalsaltar zerstören lässt (2 Kg, 23). Die Darstellung wird durch die ober- und unterhalb der Kompostion angebrachten Inschriften erläutert. Zu beiden Seiten des zentralen Figurenbildes öffnet sich ein Ausblick in eine wundervolle Wald- und Berglandschaft, die nach aussen hin durch prächtige Renaissance-Kandelabersäulen gerahmt wird.

Iconclass Code
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
71L272 · Joschija beendet die Anbetung von Götzenbildern
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Johann Rudolf von Erlach, Dorothea Velga (Felga)

Inschrift

Unten: sans ⋅ la ⋅ grace ⋅ ayde ⋅ et ⋅ [misericorde ⋅ du] ⋅ seul ⋅ dieu ⋅ / redempteur ⋅ et ⋅ saulveu[r ⋅ du ⋅ monde ⋅ rie]ns ⋅ ne ⋅ / puys 1530.
Oben: ⋅ Le roy josyas a battit le excesses et brysa les ymages / et aussy rompit lautel qui estoyt en bethel et leselse que / jeroboam auoit faict et brusla les os des tubeaux sur lautel / selon la parolle q(ue) lhome de dieu auoyet (d)icte au quatresime / liure des roys au XXIII chapitre.
BALSALTAR.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Ein Glas in der Inschrift unten neu ergänzt; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
2. Hälfte 19. Jahrhundert: Johann Heinrich Müller, Bern. Die Restaurierung Müllers von Scheiben in Jegenstorf belegen einige Zeichnungen in dessen als Depositum des Bernischen Historischen Museums im Vitrocentre Romont befindlichen Nachlass (Inv. 28507, E 8) sowie im vorliegenden Fall das Foto 8963 des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich. Weil diese Aufnahme von 1909 die heute in der Scheibe vorhandene Ergänzung bereits zeigt, geht dieselbe nämlich auf Müller und nicht auf Drenckhahns Eingriff von 1911/12 zurück.
1911/12: Hans Drenckhahn, Thun: Die Restaurierung Drenckhahns der Glasmalereien in der Kirche Jegenstorf dokumentieren einige dazu in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont vorhandene Pausen von 1911 sowie dessen Monogramm auf mehreren von ihm in verschiedene Scheiben eingesetzten Ergänzungen.
1940: Abnahme der Scheiben durch Glasmaler Eduard Boss und 1945 Wiedereinsetzung derselben durch Glasermeister Paul Wüthrich (Staatsarchiv Bern, BB 05.7.343).
1971 Konrad Vetter, Bern: Die Jegenstorfer Glasgemälde wurden 1971 durch Vetter restauriert sowie in den Fenstern neu angeordnet.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit rückseitigem und blaues Überfangglas mit vorderseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Zehn Glasgemälde der Kirche tragen das Wappen von Erlach, der Herren von Jegenstorf, in deren Besitz sich Schloss und Gerichtsbarkeit des Dorfes Jegenstorf von 1321 bis 1593 befanden. 1530 war die Herrschaft Jegenstorf im Besitz von Johann Rudolfs Vater Johann. 1593 kam diese durch Kauf an Ulrich von Bonstetten.
Währenddem einige der heute in der Kirche Jegenstorf vorhandenen Von-Erlach-Scheiben ursprünglich wohl in das dortige Schloss und nicht in die Kirche gestiftet worden waren, hatte das vorliegende Glasgemälde aufgrund seines passenden Formats und seines reformatorischen Bildthemas seinen Platz sicherlich von Anfang an in einem Kirchenfenster (vgl. Trümpler 1989).

Das Hauptmotiv der Scheibe, König Josia bei der Zerstörung der Götzenbilder, ist nach einem Scheibenriss Niklaus Manuels von 1527 geschaffen (Öffentlichen Kunstsammlung Basel, U. I.77; vgl. Kat. Manuel 1979, S. 461, Abb. 166). Dieser trägt den Besitzvermerk Joseph Göslers, weswegen die Scheibe diesem Glasmaler zugeschrieben wurde (vgl. Scheidegger 1947).
Gösler († 1585/86) lassen sich jedoch keine signierten oder durch schriftliche Quellen gesicherte Scheiben zuordnen. Seine Tätigkeit als Glasmaler wird erst ab 1540 in den Ratsmanualen und Stadtrechnungen fassbar (vgl. Scheidegger 1947, S. 133; Kurmann-Schwarz 1998, S. 367).
Die vorliegende Scheibe lässt sich denn auch mit dem Schaffen Hans Funks vergleichen, der bereits im Jahr 1515 vier Scheiben der Familie von Erlach für die Kirche Jegenstorf angefertigt hatte (BHM Bern, Inv. 355–58). Gösler, der enge Beziehungen zu Hans Funk unterhielt und möglicherweise bei ihm ausgebildet wurde (Funk war Pate von Göslers 1538 geborener Tochter, vgl. Scheidegger 1947, S. 25–28), gelangte wohl erst später in den Besitz von Manuels Scheibenriss.

Johann Rudolf von Erlach (1504–1553), der Sohn Johanns (1474–1539), war Freiherr zu Spiez und Herr zu Riggisberg. Seine aus Freiburg i. Ü. stammende französischsprachige Frau Dorothea Velga brachte ihm die Herrschaft Heitenried zu, wodurch er zum reichsten Berner seiner Zeit wurde. Er diente der französischen Krone und wurde 1525 in der Schlacht von Pavia gefangen genommen. In Bern wurde er 1525 Mitglied des Grossen und 1540 des Kleinen Rats. 1528 ernannte man ihn zum Thuner Schultheissen und 1530–1535 amtete er als Schultheiss zu Murten. 1536 schlug er die Landvogtei Gex aus (HBLS 3/1926, S. 60; von Erlach 1989, Stamm-Taf. C VIII).
In der Kirche Jegenstorf gibt es von Johann Rudolf von Erlach und seiner Frau zwei Allianzwappenscheiben von 1530 und 1539. Von ihm dürfte ebenfalls die dort befindliche Von-Erlach-Scheibe aus der Zeit um 1530 stammen, die wie vermutlich die Allianzscheibe von 1539 möglicherweise ebenfalls für das Schloss Jegenstort geschaffen wurde. Seine um 1538 ins Schloss Worb gestiftete Allianzwappenscheibe ist im Besitz des Bernischen Historischen Museums (BHM Bern, Inv. 23610). Ebendort erhalten sind der Riss zu einer solchen (Hasler 1996/97, Bd. 1, Kat.-Nr. 174) sowie eine weitere Allianzwappenscheibe aus dem Jahr 1541 (BHM Bern, Inv. 23613). Auf ihn dürfte auch eine Scheibe in der Lesegesellschaft Basel zurückgehen (Lehmann 1915, S. S. 231, 324f.). Zwei vermutlich 1527 datierte Rundscheiben mit dem Wappen von ihm beziehungsweise seiner Frau gehörten zum umfangreichen Zyklus, der um/nach 1527 ins Bubenberg'sche Sässhaus in Bern gestiftet wurde, wo Johann Rudolf von Erlach wohnhaft war. Dieser später in die Kirche von Hindelbank überführte Zyklus muss durch ihn oder seinen Vater in Auftrag gegeben worden sein (vgl. Lehmann 1913).

Datierung
1530
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1984 Kirchgemeinde Jegenstorf (laut Gebrauchsleihevertrag mit dem Kanton Bern vom 25.1.1984).

Vorbesitzer*in

Staat Bern

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 409.

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Drittes Heft. Mittelland. II. Jegistorf–Ottenleuebad, Bern 1881, S. 8f.

Johann Rudolf Rahn, Zur Statistik, schweizerischer Kunstdenkmäler. IV. Canton Bern, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde, Januar 1882, Nr. 1, S. 240f.

Ludwig Gerster, Bernische Kirchen, Manuskript im Eidg. Archiv für Denkmalpflege, [Kappelen nach 1892].

Berthold Haendcke, Die schweizerische Malerei im XVI. Jahrhundert, Aarau 1893, S. 99f. (Niklaus Manuel Deutsch).

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 35f., 69, Nr. 16.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 241.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 17/1915, S. 320–322, Abb. 6 (Joseph Gösler).

Hans Lehmann, Die Kirche zu Jegenstorf und ihre Glasgemälde. Festschrift zur Jubiläumsfeier des vierhundertjährigen Bestandes, Bern 1915, S. 34f., 47, Abb. 6 (Hans Funk).

Lucie Stumm, Niklaus Manuel Deutsch von Bern als bildender Künstler, Bern 1925, S. 82f., Anm. 1 (Joseph Gösler?).

Rudolf Wegeli. Ein Scheibenzyklus aus dem Schlosse Worb, in: Jahrbuch des Bernischen Historischen Museums, Jg. 13, 1933, S. 6f.

Alfred Scheidegger, Die Berner Glasmalerei von 1540 bis 1580, Bern/Bümpliz 1947, S. 27f., Nr. 1, Abb. 28 (Joseph Gösler).

Niklaus Manuel Deutsch. Maler, Dichter, Staatsmann, Ausstellungskatalog Kunstmuseum Bern, Bern 1979, S. 72, 463, 464, Nr. 296, Abb. 167 (Joseph Gösler?).

Jürg Schweizer, Kunstführer Emmental, Wabern 1983 (2. Aufl.), S. 67f.

Hans Ulrich von Erlach, 800 Jahre Berner von Erlach. Die Geschichte einer Familie, Bern 1989.

Stefan Trümpler, Die Glasgemälde in der Kirche, in: Jegenstorf. Eine Ortsgeschichte, Jegenstorf 1989, S. 70f., 77f., 81, Farbabb. 19.

Rolf Hasler, Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum, Bern 1996/97, Bd. 1, S. 169.

Brigitte Kurmann-Schwarz, Die Glasmalereien des 15. bis 18. Jahrhunderts im Berner Münster, Bern 1998, S. 367.

Barbara Butts/Lee Hendrix, Painting on Light. Drawings and Stained Glass in the Age of Dürer and Holbein, Ausstellungskatalog J. Paul Getty Museum u. Saint Louis Art Museum, Los Angeles 2000, Nr. 129, Farbabb.

Brigitte Kurmann-Schwarz, Le vitrail en Suisse au temps de la Réforme. Destructions, conservation et nouvel essor, in: Revue de l'Art 167/2010, S. 68, Anm. 81.

Susan Marti (Hrsg.), Söldner, Bilderstürmer, Totentänzer. Mit Niklaus Manuel durch die Zeit der Reformation, Ausstellungskatalog Bernisches Historisches Museum, Bern/Zürich 2016, S. 150, Nr. 31 (Hans Funk?).

Vgl.

Hans Lehmann, Die zerstörten Glasgemälde in der Kirche Hindelbank und ihre Beziehungen zur Familie von Erlach, in: Berner Kunstdenkmäler, Bd. 4, o. J. [1913].

Hans Ulrich von Erlach, 800 Jahre von Erlach. Die Geschichte einer Familie, Bern 1989.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS).

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Hesse B 935, Neg. Howald 06668.28 (+c), 06668.44 (Detail); SNM Zürich, Neg. 6574, 8963 (Hans Funk)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Jegenstorf_refK_vonErlach_1530
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (photo : Yves Eigenmann, Fribourg)
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Reformierte Kirchgemeinde Jegenstorf Urtenen
Eigentümer*in

Seit 1984 Kirchgemeinde Jegenstorf (laut Gebrauchsleihevertrag mit dem Kanton Bern vom 25.1.1984).

Inventar

Referenznummer
BE_788
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema