Forschung
Die Scheibe mit dem Von-Wattenwyl-Wappen weist enge Parallelen zu den Scheiben der Stiftung Hans von Erlachs für die Kirche Jegenstorf auf (Bernisches Historisches Museum, Inv. 355–358) und lässt sich somit in die Jahre um 1515 datieren und Hans Funk zuweisen.
Die kompositorische Ähnlichkeit des Glasgemäldes zur Von-Erlach-Stiftung in Jegenstorf sowie dessen Masse legen nahe, dass es sich noch heute an derselben Stelle wie im Jahr 1515 befindet. Mit seinen 46 Zeintimetren Breite passt es zur Stiftung des Standes Bern, die mit sechs Scheiben das zentrale Chorfenster besetzt. Da im Jahr 1515 Jakob von Wattenwyl das Amt des Schultheissen von Bern bekleidete, liegt es nahe, in der vorliegenden Scheibe dessen Stiftung zu erkennen.
Samuel von Wattenwyl (1662–1739), der 1715 von seinem Schwager Niklaus von Wattenwyl die Herrschaft Jegenstorf gekauft hatte, versah die damals bereits 200-jährige Scheibe mit einer neuen Inschrift.
Jakob von Wattenwyl (1466–1525), der Sohn des Venners Niklaus und der Barbara von Erlach, ehelichte 1484 Magdalena von Muleren († 1513), die Tochter Urbans. Durch seine Frau kam er in den Besitz der Herrschaften Burgistein, Kirchdorf und Gerzensee sowie von Rebgütern in Ligerz. Er war an verschiedenen Handelsgesellschaften beteiligt und trat 1485 in Bern der adligen Gesellschaft zu Distelzwang bei. Im gleichen Jahr wurde er dort Mitglied des Grossen sowie 1487 des Kleinen Rats. 1490–1495 war er Schultheiss zu Thun, 1496–1500 und 1504–1506 Venner zu Pfistern, 1506–1512 Seckelmeister und 1512 erstmals Berner Schultheiss. Zusammen mit Wilhelm von Diesbach führte er 1499 die Berner im Schwabenkrieg an. Diese beiden vertraten Bern auch in den Verhandlungen mit Frankreich, die 1516, das heisst nach der Schlacht von Marignano, zum Abschluss des Ewigen Friedens führten (HLS 13/2014, S. 290).
Seine und seiner Frau Besitzungen in Ligerz war für Jakob von Wattenwyl Grund genug, um 1523 eine Fenster- und Wappengabe in die dort erneuerte Kirche zu machen. Er ist auch der Stifter einer dem Maler Jacob Boden zugeschriebenen Votivtafel (Privatbesitz), worauf von Wattenwyl mit seiner ganzen Familie in Anbetung von fünf Heiligen (Anna Selbdritt, Jacobus, Antonius, Magdalena, Barbara) vor einer Landschaft mit Thun sowie den Schlössern Uttigen, Gerzensee und Burgistein erscheint (Braun 2004, Abb. S. 26f.). In Bern besass er ein vornehmes Haus an der Marktgasse.
Datierung
um 1515, 1716
Zeitraum
1515 – 1716
StifterIn
Wattenyl, Jakob von (1466–1525)? · Wattenwyl, Samuel von (1662–1739)
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1984 Kirchgemeinde Jegenstorf (laut Gebrauchsleihevertrag mit dem Kanton Bern vom 25.1.1984).
Vorbesitzer*in