Bei den Stiftern handelt es sich um zwei offenkundig miteinander befreundete Freiburger Bürger. Jakob Bellosa alias Schle(e) oder Schlech kam 1536 aus dem Auquartier in den Grossen Rat und stieg 1546 in den Rat der Sechzig auf. 1542 amtete er als Vogt von Bulle. Schlee verheiratete seine Tochter Frencelli mit Hans Ruffiner (StAF RN 170, fol 33v [28.10.1550]: Schuldbrief betreffend Aussteuer). Im Jahr 1555 zahlte er sein Jahrgeld von 13 Kronen an den Erwerb der Grafschaft Greyerz (StAF Stadtsachen A 578. Steuerrodel der Grafschaft Greyerz 1555, p. 33 [Auquartier]). Jakob Schlee starb 1562 (Amman Besatzungen. S. 53, 133, 373; Foerster 2008. S. 17, 175. Vgl. HBLS VI, 1931. S. 194). Sein Wappen zeigt wahrscheinlich den Schlehdorn als sprechenden Hinweis auf seinen Familiennamen. Als Vogt von Bulle benutzte er jedoch ein anderes Wappen: in Blau zwei silberne goldgefiederte, geschäftete und gekreuzte Pfeile über grünem Dreiberg, im Schildhaupt zwei silberne Rosen und ein goldener Stern (Vgl. HBLS VI, 1931. S. 194).
Bei Hans Werro handelt es sich um den Glaser Hans den Jüngeren (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 385), der 1544 in Freiburg verstarb. Das Familienwappen, die Bärentatze, ist hier mit dem Kröseleisen bereichert, das den Beruf des Glasers deutlich zu erkennen gibt.
Eine gemeinsame Stiftung der beiden Männer ist schon in sehr frühen Quellen belegt. Eine Liste der Personen, die Fenster in das neu restaurierte Rathaus von Romont (Lauper 1994/III. S. 9 setzt das Baudatum zwischen 1528 und 1540 an) geschenkt haben, nennt unter der Obrigkeit, der Stadt, dem Spital und Klerus Romont, dem Abt von Hauterive und unter zahlreichen noblen Personen auch die beiden Freiburger Bürger als Stifter eines Fensters: "Hanß Warroz et Jacob Schelle" (AC Romont MC I, 1544–1565, fol. 85r; Copie du Manual du Conseil I, 1544–1565, fol. 31v). Leider ist das Datum der Donation nicht überliefert (vgl. auch Bergmann 2014. Bd. 1. S. 88). Die Liste wird jedoch im Zusammenhang mit einem Inventar entstanden sein, das 1551 im Rathaus erstellt wurde (AC Romont MC I, 1544–1565, fol. 43v [26.3.1551]. Ein zweites Inventar fol. 64v [10.4.1557]. Unter anderen Fenstern des Hauses befanden sich im Kleinen Saal "six fenestres a sibes ayant quattre escusson").
Unter den genannten Personen finden sich zahlreiche andere, von denen sich ebenfalls Scheiben aus der Zeit um 1542/43 erhalten haben: der Graf von Greyerz, der Herr von Villarzel, Vogt Chesaux, das Spital Romont und Jean Malliard. Die drei Scheiben der letztgenannten Stifter dürften mit jenen im Musée des Beaux-Arts in Lyon zu identifizieren sein, deren Herkunft man bislang in der Kollegiatskirche Romont vermutete (Dieser Herkunftsnachweis stützte sich auf den lateinischen Spruch im Fussteil der Chesaux-Scheibe, in welcher die Muttergottes angerufen wird, die Schutzpatronin der Kollegiatskirche ist. Stückelberg 1891. S. 582; Staehelin 1923. S. 102–103, Abb. 135, 137, 138; Galbreath 1947. S. 66–69; Recensement CV France III 1986. S. 305). Die Wappenscheibe Malliard (Abb. 83) ist undatiert. Sie gehört mit der Scheibenstiftung Wilhelm Chesaux von 1542 (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 136) zu den grossformatigeren Glasgemälden (46,00 x 34,00 cm [Maillard] bzw. 44,00 x 32,00 cm [Chesaux]). Die Wappenscheibe des Spitals Romont (Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 55), die im Wappen ein Antoniterkreuz führt und ebenfalls 1542 datiert ist, ist dagegen nur halb so gross (30,00 x 26,00 cm) und passt sich im Format der hier vorliegenden Scheibe Werro/Schlee an (Die Gründung des Bürgerspitals durch die Stadt reicht wahrscheinlich in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zurück [Ersterwähnung 1327]. Seine Kapelle war dem hl. Antonius geweiht. Schon 1434 ein Raub der Flammen, ging das Spital beim grossen Stadtbrand von 1843 zugrunde. Page 1980. S. 20). Stilistisch lassen sich auch die beiden Scheiben des Grafen Michel de Gruyère und Charles de Challant, Herrn von Villarzel, daran anschliessen. Die Glasgemälde aus dem Jahr 1543 sind heute im Schloss Greyerz ausgestellt (Bergmann 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 41 und 42). Ihre Herkunft aus Romont bleibt jedoch unsicher, denn in der fraglichen Zeit wurden derart hochgestellte Persönlichkeiten mit Sicherheit mehrfach von verschiedenster Seite um Scheibenstiftungen gebeten.
Unter den genannten Scheiben zeichnen sich klar zwei verschiedene Grössen ab, bögige und halbbögige. Bleibt man bei der Vermutung, es handle sich bei allen um Scheiben des Rathauses in Romont, müsste sich die Stiftung über drei Jahre hingezogen haben, wobei jene des Freiburger Freundespaares Schlee/Werro die früheste gewesen wäre. Möglicherweise war Hans Werro mit der Fertigung der Fenster beauftragt worden, so dass er als einer der ersten sein Wappen, gemeinsam mit dem seines Freundes, geliefert hätte.
Als Hersteller der Scheibe käme in erster Linie der Glaser Hans Werro in Frage. Dass Hans Werro dank seiner Ausbildung fähig war, Glasgemälde zu brennen, zeigen die beiden Einträge in den Seckelamtsrechnungen von 1533 und 1538 (vgl. Bergmann 2014. Bd. 1. S. 386). Nach diesen Jahren wurde er jedoch nicht wieder mit der Herstellung von Wappenscheiben betraut. 1540 holte sich die Stadt Freiburg den Glasmaler Heinrich Ban in ihre Mauern und bot ihm die Stelle des Stadtglasmalers mit vielseitigen Privilegien an (Bergmann 2014. Bd. 1. S. 211–215). Es muss in Freiburg demnach an fähigen Glasmalern gefehlt haben. Es lässt sich daraus schliessen, dass der in Zürich und Bern ausgebildete Meister jene Gruppe von Glasgemälden der vierziger Jahre des 16. Jahrhunderts schuf, die sich durch eine meisterliche Technik, einen sorgfältigen, temperamentvollen Malstil und ansprechende Kompositionen auszeichnen. Die vorliegende Scheibe gehört sicher zu den schönsten Schöpfungen der Freiburger Glasmalerei. Es ist daher nur schwer denkbar, dass der alternde, wahrscheinlich wenig geübte Hans Werro diese Scheibe hergestellt hätte. In der reichen Nuancierung des nackten Körpers finden wir grösste Analogien zu der Darstellung der behaarten Wilden Männer in der Wappenscheibe des Grafen von Greyerz (Bergmann 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 41).
Die Stifter wählten mit der Ikonographie ihrer Scheibe ein Thema, das auf die Vergänglichkeit des Lebens und die Hoffnung auf eine Erlösung nach dem Tode anspielt. Vor allem für Hans Werro muss dieses Thema in Anbetracht seines Alters von grosser Bedeutung gewesen sein – drei Jahre nach der Erstellung der Scheibe starb er. In der Sanduhr über dem Totenschädel als Bekrönung der Wappen läuft die Zeit des Lebens ab. Nicht nur der rinnende Sand, sondern auch das zersprungene untere Glas weisen auf ein baldiges Ende hin. Der Sündenfall ist zudem nicht allein als eine Episode der Bibelgeschichte dargestellt, sondern ebenfalls als Memento mori. Es ist eine Gegenüberstellung des ersten Menschenpaares, das durch ihren Sündenfall der Menschheit den Tod brachte, und Christus, dem neuen Adam, der die Hoffnung auf die Erlösung von der Erbsünde darstellt, und der durch den Kreuzestod, mit seinem Schritt in die Vorhölle und seiner Auferstehung das Heil brachte. Moses, der das Gesetz verkörpert, und David, der die Weisheit und Gerechtigkeit versinnbildlicht, stellen dabei die Vorbilder der Menschen auf Erden dar.
Adams Lockenkopf, seine vorgebeugte Haltung, das linke angezogene Bein, die Armführung und geballte rechte Hand sowie der vorgestreckte linke Arm folgen im Grossen und Ganzen einem Stich des italienischen Renaissance-Künstlers Marcantonio Raimondi (um 1480–1527/34) nach einer verlorengegangenen Zeichnung Raffaels (1483–1520) um 1510 (The Illustrated Bartsch 26. 1978. S. 9, Nr. 1. Nach Raimondi auch eine seitenverkehrte Variante von Virgil Solis. Vgl. O’Dell-Franke 1977. Taf. 1, a 5; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 304.1). Auch Carl von Egeri (1510/15–1562) nahm sich diesen Stich zum Vorbild, als er um 1550/52 eine von sechs Zürcher Chorherren gestiftete Scheibe mit der Darstellung des Sündenfalls schuf. Wie unser Glasmaler entnahm er seiner Vorlage allein Adam, und auch er versah das erste Menschenpaar mit Feigenblättern (Boesch 1950. Taf. 10a. Auch in Albrecht Dürers bekanntem Kupferstich des Sündenfalls werden 1504 Adam und Eva mit Feigenblatt dargestellt, während Raimondi sie nackt wiedergibt; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 304.2). Für Eva verwendeten beide Glasmaler eine andere, unterschiedliche und noch unbekannte Vorlage. Beide aber wählten eine symmetrische Komposition mit dem Baum in der Bildmitte, während sich im Stich Raimondis Adam und Eva an je einen Baum lehnen. Sehr individuell im vorliegenden Glasgemälde ist die Darstellung des Bogens mit den Medaillon-Szenen, die eher von Stechern des deutschsprachigen Raumes beeinflusst wurden.