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BE_28: Figurenscheibe Stand Bern mit Mondsichelmadonna
(BE_Grossaffoltern_refK_Madonna_I.2a)

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Titel

Figurenscheibe Stand Bern mit Mondsichelmadonna

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Funk, Hans · Umkreis
Datierung
1524
Masse
83.6 x 49 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Die bekrönte Muttergottes im Strahlenkranz steht vor rotem Damastgrund auf der Mondsichel im grünem Wiesengrund. In ein rotes Gewand und einen blauen Mantel gehüllt, trägt sie in ihrer Linken das Jesuskind, dem sie in der Rechten eine weisse Blüte (Lilie?) entgegenhält. Über der Figur erhebt sich ein doppelter Astbogen mit weissem Blattwerk und der Jahreszahl 1524 auf der blauen Tafel an seinem Scheitel. Gestützt wird der Bogen auf der linken Seite von einem weissen Rundpfeiler mit hellblauem Postament und Kapitell. Auf der gegenüberliegenden Seite sind von der Rahmenstütze hingegen nur Postament und Kapitell ausgeführt. Dies weist darauf, dass der Glasmaler die Madonnenscheibe als Pendant zu derjenigen mit dem hl. Vinzenz gestaltete, d. h. die beiden Heiligenfiguren mit einem Doppelbogen ohne Mittelstütze umfasste, so wie es damals bei Doppelscheiben häufig der Fall war.

Iconclass Code
11D21 · Christuskind (mit Attributen)
11F4132 · Madonna (in einer Mandorla) auf der Mondsichel (manchmal als Himmelskönigin bezeichnet)
Iconclass Stichworte
Inschrift

1524.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Die Gläser am unteren Rand sowie die rechte Spitze der Mondsichel mit den angrenzenden Gläsern im Strahlenkranz und Madonnenmantel neu ergänzt; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
1868 Johann Heinrich Müller (1822–1903), Bern: Einsetzen von Ergänzungen. Müllers Restaurierung ist durch die dazu vorhandene Offerte dokumentiert, die dieser am 6. Februar 1868 der Berner Baudirektion unterbreitete (Staatsarchiv Bern, BB X 648: Grossaffoltern 1840–1930). Wie daraus hervorgeht, besassen vor Müllers Eingriff alle fünf damals in den Chorfenstern eingefügten Glasgemälde (hl. Abt, Madonna, hl. Vinzenz, hl. Ursus, Bernscheibe) ältere Ergänzungen sowie zwei davon in die fehlenden unteren Teile der Figuren eingesetzte Flickstücke.
1909 Gustav Robert Giesbrecht, Bern: Giesbrechts Restaurierung ist durch eine Rechnung von 1909 dokumentiert (Kirchgemeindearchiv Grossaffoltern, Angabe von Caviezel/Bruneau, Denkmalpflege Kanton Bern).
1963/64: Bei der damaligen grossen Kirchenrenovation wurden die alten Glasgemälde herausgenommen und die Fenster renoviert. Ob damals auch die Glasgemälde restauratorische Eingriffe erfuhren und bei der Wiedereinsetzung umplatziert wurden, ist ungewiss (Angabe von Caviezel/Bruneau). Vermutlich damals bei einzelnen Scheiben aber Stabilisierung des Bleinetzes).

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Scheibe mit der Muttergottes gehört klar als Gegenstück zur Scheibe mit den hl. Vinzenz und bildet mit ihr eine Doppelscheibe, die der Berner Rat in die Kirche Affoltern schenkte. Die Berner Quellen bleiben jedoch bezüglich der Stiftung und Zuweisung an einen Glasmaler äusserst unklar. Schon 1520 werden Fenster (mit Wappenscheiben?) in Affoltern erwähnt. Der Rat weist am 26. Juni dieses Jahres den Meier von Affoltern an, die Fenster auszubrechen und aufzubewahren, bis Jakob Stächeli für seine Arbeit bezahlt sei: "An meyer von Affholtern, die pfänster usszubrächen und die zu sinen handen zu behalten, so lang, vil und gnug, biss Jakob Stächeli sellicher sin arbeit bezalt werde." (Haller 1900, S. 121; Lehmann 1914, S. 141, hier der Eintrag irrigerweise auf den 8. April 1520 datiert). Lehmann bezieht diesen Eintrag nicht wie Heinrich Türler (SKL 3/1913, S. 209) auf die Kirche Affoltern im Emmental und somit auf die von dort stammende Berner Ämterscheibe im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1915), sondern auf die um 1514–1524 erneuerte Kirche von Grossaffoltern (Lehmann 1914, S. 142–144). Allerdings kann man die dortigen 1524 datierten Glasgemälde kaum mit dem Ratsmanualeintrag von 1520 in Verbindung bringen.
Im Ratsmanuale des Jahres 1524 finden sich zwei weitere Einträge, die sich auf die Kirche in Grossaffoltern beziehen. Am 1. Juni heisst es: "Denen von affholtern ist in ir kilchen ein pfenster nachgelassen" (Haller 1900, S. 121), acht Tage darauf empfiehlt der Rat dem Abt von Frienisberg, ein Fenster in den Kirchenbau zu Affoltern zu geben: "Mh. haben geraten, das Mh. abbt von frienisperg denen von affoltern an ir kilchenbuw [15] kronen und ein pfenster solle geben" (Haller 1900. S. 121; Lehmann 1914, S. 142 [Angabe des genauen, von Haller nicht genannten Kronenbetrags]).
In Berns Seckelmeisterrechnungen von 1524 sind drei Posten für Glaserarbeiten verzeichnet: 10 Pfund für "Glaswerch" an Heinrich Grebel, 7 Pfund an Dachselhofer für ein Fenster im Haus, das dem St. Katharinenaltar gehört, sowie 52 Pfund an Jakob Stächeli (Trächsel 1878, S. 188). Diese 52 Pfund entsprechen ungefähr den Kosten für ein Kirchenfenster mit drei gemalten Scheiben. Hans Lehmann ging daher davon aus, dass Stächeli den Betrag für das Kirchenfenster in Grossaffoltern erhielt und dass die Stiftung Berns die Standesscheibe, den hl. Vinzenz und die Madonna umfasste und diese drei Werke "einst eine Felderreihe im mittleren, dreiteiligen Chorfenster" (!) schmückten (in der Mitte die Bernscheibe, links davon die Madonna, rechts davon Vinzenz). Zu unbekannter Zeit soll die stark beschädigte Standesscheibe entfernt und durch diejenige mit der Darstellung eines Abtes ersetzt worden sein.
Laut Lehmann wären also alle drei Scheiben einheitlich, d. h. 1524 angeblich von Stächeli für Bern geschaffen worden. Stilistisch und kompositorisch passt die Standesscheibe jedoch nicht zu den beiden Figurenstücken. Man kann sich deshalb fragen, ob Bern in seine 1524 neu gemachte Stiftung eine bereits existierende ältere Standesscheibe übernahm. Darauf könnte der Manualeintrag vom 1. Juni 1524 deuten, der besagt, dass damals Bern denen von Affoltern in der Kirche ein Fenster "nachgelassen" (Schweizerisches Idiotikon = "hinterlassen") habe.
Die spätgotischen Fenster der Kirche Grossaffoltern sind alle zweibahnig, wobei die Breite der Glasgemälde genau einer Bahn entspricht. Lehmanns Annahme, wonach die drei Berner Stiftungen ursprünglich im "dreiteiligen" zentralen Chorfenster platziert waren, ist somit unzutreffend. Die Stiftung Berns von 1524 muss ursprünglich vielmehr im zentralen "zweiteiligen" bzw. zweibahnigen Chorfenster eingefügt gewesen sein. Sollte die Bernscheibe tatsächlich aus der Zeit vor 1524 datieren, dann bleibt offen, wo und wie sie ursprünglich eingesetzt war (als Einzelstück oder mit einem Pendant in einem bereits zweibahnigen Fenster?). Möglicherweise ist die Standesscheibe mit der Quelle des Jahres 1520 in Zusammenhang zu sehen. Zeitlich und stilistisch könnte sie zumindest mit den Stiftungen der Stadt Aarberg und des Matthias Maurer einhergehen. Berns Stiftung von 1524 für das zweibahnige zentrale Chorfenster wird jedenfalls mindestens vier Glasgemälde umfasst haben, d. h. die als Pendants nebeneinander platzierten zwei Figurenscheiben (Madonna, Vinzenz) sowie vermutlich in der Reihe darunter die (ältere?) Bernscheibe mit einem nicht mehr existierenden, entweder 1524 neu gemachten oder vielleicht ebenfalls älteren Pendant. Vergleichbar sind hier die vier Berner Glasgemälde von 1520 im zentralen zweibahnigen Chorfenster der Kirche Lauperswil. Dort befinden sich in der oberen Reihe die Madonna und der hl. Vinzenz sowie in der unteren zwei von je einem Engel gehaltene Berner Wappen nebeneinander. Dass die Kirche Grossaffoltern 1524 von Bern für das zentrale Chorfenster sogar sechs Glasgemälde erhielt, wie 1515 die Kirche Jegenstorf, ist hingegen kaum wahrscheinlich.
Der Glasmaler der 1524 gestifteten Scheiben arbeitete im Stil Hans Funks. Darauf weisen Physiognomie, Faltenstil und Ornamentformen der Glasgemälde, die sich auch in den Arbeiten Funks von 1527 für das Rathaus Lausanne (Grandjean 1965, S. 413–417, Fig. 320–327) oder den ihm zugeschriebenen Werken in den Kirchen von Uerkheim und Zofingen (Hasler 2002, Kat.-Nrn. 152/153, 175) nachweisen lassen.

Nach den Berichten des 19. Jahrhunderts gab es damals im Chor noch drei Berner Glasgemälde, nämlich im zentralen Chorfenster die beiden Figurenstücke und im rechten Chorfenster die Bernscheibe. Offenbar befanden sich diese Scheiben 1896 also in den gleichen Fenstern wie heute (laut Thormann/v. Mülinen befanden sich die Bernscheibe und der hl. Ursus 1896 im "rechten" Chorfenster).

Datierung
1524
Herstellungsort
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Grossaffoltern.
Die Unterhaltspflicht der fünf Glasgemälde im Chor 1887 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. von Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 541.

Egbert Friedrich von Mülinen, Über die Glasmalerei in der Schweiz, in: Alpenrosen 22. Dezember 1872, No. 51, S. 503.

Egbert Friedrich von Mülinen, fortgesetzt von Wolfgang Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Sechstes Heft. Das Seeland, Bern 1893, S. 56.

Wolfgang Friedrich von Mülinen, Les armes d'une famille bernoise éteinte, in: Schweizer Archiv für Heraldik Jg. 9, 1895, Nr. 1, S. 1f.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 22f., 54.

Berchtold Haller, Bern in seinen Rathsmanualen 1465–1565, 1. Teil, Bern 1900, S. 121.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 237.

Hans Lehmann, Die zerstörten Glasgemälde in der Kirche von Hindelbank und ihre Beziehungen zur Familie von Erlach, in: Berner Kunstdenkmäler, Bd. 4, o. J. [1913], S. 39 (Jakob Stächeli).

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 16/1914, S. 142–144, Taf. XIIIa (Jakob Stächeli). Hans Lehmann, Stächeli, Jakob, in: Ulrich Thieme/Felix Becker, Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler von der Antike bis zur Gegenwart, Leipzig, Bd. 31/1937, S. 439 (Jakob Stächeli).

Robert Aeberhard, Kirchen im Seeland, Biel 1980, S. 44.

Ernst Marti, Aus der Geschichte der Kirche Grossaffoltern 1513–1988, Grossaffoltern 1988, S. 41, Farbabb. S. 45.

Vgl.

G. Trächsel, Kunstgeschichtliche Mittheilungen aus den bernischen Staatsrechnungen von 1505 bis 1540, in: Berner Taschenbuch auf das Jahr 1878, Bern 1877, S. 167–205.

Schweizerisches Künstler-Lexikon 3/1913 (SKL).

Marcel Grandjean, Les Monuments d'art et d'histoire du canton de Vaud. Tome I: la ville de Lausanne (Les Monuments d'art et d'histoire de la Suisse), Basel 1965.

Rolf Hasler, Glasmalerei im Kanton Aargau. Kirchen und Rathäuser, Aarau 2002.

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt. Bern, Neg. Howald (1988 von Leiter aus) R 2465 K (=c) und SW, Neg. Hesse 04141 (1963); SNM Zürich, Neg. 8925 (Jakob Stähelin, Stächeli)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Grossaffoltern_refK_Madonna_I.2a
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2015
Copyright
© Kirchgemeinde Grossaffoltern
Eigentümer*in

Kirchgemeinde Grossaffoltern.
Die Unterhaltspflicht der fünf Glasgemälde im Chor 1887 vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. von Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).

Inventar

Referenznummer
BE_28
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema