Rodolphe (de) Benoît stammte aus Bursins im Waadtland und gehörte 1480 als Mönch der Abtei Payerne an. 1483 wurde er Vorsteher des Priorats Perroy (Amt Rolle VD). Gleichzeitig war er Prior zu Corcelles und Generalvikar in Payerne. 1501 wurde ihm die Abtei Erlach übertragen. Benoît setzte sich gegen zwei Konkurrenten, darunter Niklaus von Diesbach, durch, und mit Unterstützung von Bern amtete er seit August 1504 als unumstrittener Abt des Erlacher Klosters St. Johannsen. 1512/13 liess er eine Brücke über die Zihl erstellen und erhielt dafür einen Ablassbrief von Papst Julius II. Rodolphe Benoît war der letzte Abt des Benediktinerklosters, das er bei der Säkularisation am 3. September 1529 mit allen Gütern und Einkünften der Stadt Bern übergab. Abt und Mönche wurden dabei mit Geld und Mobilien abgefunden. Benoît setzte am 9. Juni 1534 sein Testament auf, in dem er den Wunsch äusserte, im Chor des Priorats Perroy im Grab seines Onkels Nicod Benoît beigesetzt zu werden (Helvetia Sacra III, 1.1, S. 670f. und III, 1.2, S. 963f.; HBLS 2/1924, S. 101).
Neben der vorliegenden Scheibe haben sich weitere Stiftungen Rodolphe Benoîts erhalten: eine Doppelscheibe von 1523 in der Kirche Ligerz, eine Scheibe von 1526 im Bernischen Historischen Museum (Inv. 33619) sowie eine 1987 von der Gemeinde Erlach erworbene Scheibe. Ein weiteres, überaus qualitätvolles Glasgemälde dieses Abtes ist durch ein Foto Sibyll Kummers (Vitrocentre Romont) dokumentiert. All diese Scheiben des Abtes sind mit den beiden Engeln als Schildhalter durchwegs analog komponiert. Zudem befand sich 1975 bei der Galerie Stuker in Bern eine Benoît-Scheibe von 1519, die vermutlich einen illegitimen Sohn des Abtes zum Stifter hatte (Kat. Helbing 1914, S. 10, Nr. 141, Taf. 6; Kat. Stuker 1975, Nr. 5377, Taf. 68; Clottu 1977, S. 27, Anm. 18; Moser 1998, S. 129, Anm. 56).
Bis 1332 war die einstige Katharinenkirche in Büren an der Aare Filiale von Oberwil bei Büren gewesen. Ihr Chor (wohl aus dem 3. Viertel des 13. Jh.) und ihr Schiff (aus dem 14. u. 15. Jh.) wurden um 1500 grundlegend erneuert. Die aus dem frühen 16. Jahrhundert stammende Scheibe könnte demnach durchaus eine Stiftung in die um 1500 erneuerte Katharinenkirche gewesen sein.
Vieles weist allerdings darauf hin, dass die Wappenscheibe Rodolphe Benoits wie diejenige Rudolf von Erlachs (BHM Bern, Inv. 2430) ursprünglich in die Wallfahrtskirche von Oberbüren (Gemeinde Büren) gestiftet wurde. Um 1470 wurde an Stelle einer älteren Marienkapelle eine grössere Kirche errichtet, weil sich dorthin ein erheblicher Pilgerstrom entwickelt hatte. Grund dafür waren die von Maria vollbrachten Wunder, d. h. die kurze Wiedererweckung totgeborener Kinder, die so noch lebend getauft werden konnten. Als Auferweckungsheiligtum erlebte diese Wallfahrtskirche in den Jahrzehnten vor und nach 1500 einen eigentlichen Boom (s. Gutscher/Ulrich-Bochsler/Utz Tremp 1999). Das Patronatsrecht über die Kirche hatte zunächst das Benediktinerkloster Erlach St. Johannsen. Der Wallfahrtsort wurde auch vom Berner Rat gefördert. Dieser setzte 1482 einen Vogt über die Kapelle ein, übernahm 1495 von St. Johannsen das Patronatsrecht und stiftete bis 1518 vier Kaplaneien. Nach der Reformation 1528 wurde das Marienheiligtum von Oberbüren abgeschafft und die Kirche zwischen 1530 und 1532 abgebrochen (HLS 9/2010, S. 314). Während ihrer Blütezeit erhielt die Wallfahrtskirche grosszügige Vergabungen. Die Annahme liegt nahe, dass auch der Abt von St. Johannsen zu dieser Zeit der Kirche ein Fenster mit der vorliegenden Scheibe spendete. Denn im Spätmittelalter hatte das Kloster St. Johannsen in Büren ein abgabefreies Haus und den Weinbaum besessen (Moser 1977). Nach dem Berner Ratsmanual vom 6. Juli 1530 (Ratsmanual 226,54/58) verfügte damals der Rat, die Wallfahrtskirche in Oberbüren abzubrechen und den ehemaligen Gönnern der Kirche bzw. ihren Nachkommen, die Glasgemäldestiftungen zurückzugeben (Moser 1977, S. 21). Nach Moser verzichteten die Nachkommen des Rudolf von Erlach (s. d.) und des Abtes von St. Johannsen vermutlich auf die Rücknahme der Stiftungen, was dem Schultheissen von Büren ermöglichte, die entsprechenden Glasgemälde zu behändigen und in die seit dem frühen 12. Jahrhundert bezeugte Katharinenkirche in Büren an der Aare überführen zu lassen. Dort befindet sich noch heute die von Johann Heinrich Müller erstellte neuzeitliche Kopie (Fenster n IV). Dazu existiert auch die Pause des Glasgemäldes im Nachlass Müller im Bernischen Historischen Museum (Depositum im Vitrocentre Romont).
Die Zuschreibung der Scheibe durch Hans Lehmann an die Werkstatt des Lukas Schwarz kann nicht aufrecht gehalten werden, da keine gesicherten Glasgemälde aus dessen Hand nachweisbar sind. Der Federdamast kommt jedoch jenem in der Wappenscheibe des Sebastian vom Stein aus dem Jahr 1504 im Schweizerischen Nationalmuseum Zürich sehr nahe (Inv. LM 6237; aus der Kirche Aetingen SO; Schneider 1971, Bd. 1, Nr. 73).
Das vorliegende Glasgemälde erwarb Friedrich Bürki 1880 gemeinsam mit zwei Figurenscheiben der Heiligen Christophorus und Barbara sowie Katharina von der Kirchgemeinde Büren an der Aare (vgl. Protokollauszüge bei Moser 1977). Damals befanden sich die drei Scheiben im Schiff der reformierten Kirche. Im Kaufvertrag verpflichtete sich Bürki, für die Kirche getreue Kopien durch "Glasmaler Müller" (= Johann Heinrich Müller) anfertigen zu lassen. Beim Tode Bürkis kamen die drei Scheiben an dessen Enkel, welche sie 1882 nach Bern zunächst in die Stadtbibliothek überführten. Von dort gelangten sie erst 1894 ins neu erbaute Bernische Historische Museum (Moser 1977, S. 26). Dem ins Leben gerufenen Museum wurden die drei Scheiben offenbar aber schon Jahre zuvor zugesprochen.