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BE_410: Figurenscheibe Stand Bern mit hl. Vinzenz
(BE_Bern_BHM_365)

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Titel

Figurenscheibe Stand Bern mit hl. Vinzenz

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Herstellungsort
Datierung
um 1508/09
Masse
58.6 x 43.8 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Der vor blauem Damastgrund auf grünem Rasengrund stehende hl. Vinzenz ist als Diakon in ein gelbes Untergewand (Alba) und eine rote Dalmatika gekleidet. In seinen Händen hält er die ihn auszeichnenden Attribute, Palmzweig und Buch. Er erscheint in einer schlichten Säulenrahmung, die ein spärlich mit Blattwerk besetzter Astbogen krönt.
Die Vinzenzenscheibe bildet das Gegenstück zu derjenigen mit dem Berner Bannerträger.

Iconclass Code
11H(VINCENT) · Vinzenz von Zaragoza (oder Valencia), Diakon und Märtyrer; mögliche Attribute: Buch, Weintrauben, Dalmatika, Bratrost (mit Nägeln), Mühlstein, Rabe, Schiff
Iconclass Stichworte
Inschrift

Keine

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Die linke Säulenbasis neu ergänzt; Sprünge und Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Restaurierungen
Juni 1875 Johann Heinrich Müller, Bern. Die alten Scheiben wurden damals (d. h. noch vor dem Kirchenbrand) im Auftrag Friedrich Bürkis durch den Berner Glasmaler Johann Heinrich Müller restauriert. Dieser setzte dabei auch Ergänzungen ein (vgl. dazu: Schweizer Handels-Courier 10.4.1875; ASA 1878; Lehmann 1913, S. 221).

Technik

Farbloses und farbiges Glas; Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Vor dem verheerenden Kirchenbrand von 1878 befanden sich in den drei Chorfenstern die fünf alten, 1875 im Auftrag Friedrich Bürkis durch Johann Heinrich Müller restaurierten Glasgemälde, nämlich im Mittelfenster die Scheibe mit dem Allianzwappen Dittlinger-Huber (BHM Bern, Inv. 364), im zweiten Fenster die Bannerträgerscheiben Saanens (BHM Bern, Inv. 367) und des Niedersimmentals sowie im dritten Fenster die Vinzenzen- und Bannerträgerscheiben Berns (BHM Bern, Inv. 365 und 366). Dank des mutigen Einsatzes von Gottlieb Steiner konnten diese Glasgemälde 1878 beim Brand mit einer Ausnahme unversehrt aus der Kirche gerettet werden. Durch das Feuer vernichtet wurde jedoch die 1509 datierte Scheibe des Niedersimmentals (offenbar blieben davon im Schutt keine Fragmente mehr übrig; vgl. dazu Heinz Matile, in: Kartei Ortskatalog Glasgemälde, BHM Bern). Zu der von der Kirchgemeinde ursprünglich geplanten Überführung der vier vor dem Feuer verschont gebliebenen Glasgemälde in den 1881 vollendeten Kirchenneubau kam es in der Folge nicht mehr, wurden doch diese nach dem Brand für 2'400 Franken an den Berner Grossrat Friedrich Bürki veräussert (Heinz Matile, in: Inventar Bürki, S. 63, BHM Bern). Nach Bürkis Tod 1881 gelangten sie über dessen Erben ans Bernische Historische Museum (unzutreffend ist der Hinweis in Allemann-Wampflers Artikel von 1917, wonach die beim Brand geretteten Scheiben dem Hersteller der neuen Fenster übergeben und von diesem nach Paris verkauft wurden).

Die Stiftung der Vinzenzenscheibe steht ebenso wie diejenige mit dem Berner Bannerträger in Zusammenhang mit dem 1505 vollendeten Kirchenneubau. Darauf weist der folgende Eintrag vom 12. November 1508 in den Berner Ratsmanualen: "Mh. haben denen an der lengk an iren kilchenbuw geben 100 Pfund und sollen si darus zalen ein venster" (Haller 1900). Der Berner Rat machte seine Fenster- und Wappengabe also erst geraume Zeit nach der Fertigstellung des Kirchenneubaues, wobei er in diesem Falle die Auftragserteilung für ihre Herstellung der Kirchgemeinde überliess. Weil die zwei genannten Scheiben die gleiche Grösse haben, dürften sie als Gegenstücke in das von Bern finanzierte Fenster eingefügt worden sein. Allerdings sind sie nicht als eigentliche Pendants komponiert, unterscheiden sie sich doch bezüglich ihrer Rahmen- und Hintergrundgestaltung. Man kann sich deshalb fragen, ob für die Realisierung der nach Lenk gestifteten Vinzenzenscheibe allenfalls gar nicht der Berner Rat, sondern das Vinzenzenstift zuständig war.

Hans Lehmann spricht das Glasgemälde mit dem hl. Vinzenz ebenso wie die Berner Bannerträgerscheibe Lukas Schwarz zu. Weil von diesem Meister keine gesicherten Glasmalereien existieren, erweist sich seine Zuschreibung jedoch nicht als schlüssig (vgl. Christine Hediger, in: HLS 11/2012, S. 264). Dass die zwei genannten Glasgemälde in der gleichen Werkstatt entstanden, scheint stilistisch aber vertretbar (vgl. die stilistische Einordnung der Bannerträgerscheibe). Unter den aus dem frühen 16. Jahrhundert erhaltenen Vinzenzenscheiben Berns findet sich keine, die in der Figurengestaltung mit der vorliegenden annähernd übereinstimmt.

Im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich gibt es von der Scheibe eine vollständig ausgeführte Pause Johann Heinrich Müllers (SNM, Inv. LM 24498).

Datierung
um 1508/09
Zeitraum
1508 – 1510
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Vor/seit 1882 Bernisches Historisches Museum

Vorbesitzer*in

Bis 1878 Kirche Lenk. – Danach Friedrich Bürki, Bern.

Inventarnummer
BHM 365

Bibliografie und Quellen

Literatur

Carl Friedrich Ludwig Lohner, Die reformierten Kirchen und ihre Vorsteher im eidgenössischen Freistaate Bern, nebst den vormaligen Klöstern, Thun, o. J. [1864–67], S. 256.

Egbert Friedrich von Mülinen, Über die Glasmalerei in der Schweiz, in: Alpenrosen 22. Dez. 1872, No. 51, S. 503.

Egbert Friedrich von Mülinen, in: Berner Intelligenzblatt 23. 7. 1878, S. 3.

Kleinere Nachrichten, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde (ASA), Jg. 11, 1878, S. 863f.

Egbert Friedrich von Mülinen, Beiträge zur Heimathkunde des Kantons Bern deutschen Theils, Erstes Heft. Oberland und Emmenthal, Bern 1879, S. 29.

Johann Heinrich Müller, Die ältesten Glasgemälde der Kirchen des Kantons Bern. 1300–1530, in: Festschrift zur Eröffnung des Kunstmuseums in Bern 1879, Bern 1879, S. 8.

Katalog der Sammlungen des historischen Museums in Bern, Bern 1882, S. 52 (1510 datiert).

Johann Rudolf Rahn, Erinnerungen an die Bürki'sche Sammlung, in: ders., Kunst- und Wanderstudien aus der Schweiz, Wien 1883, S. 299.

Eduard von Rodt, Katalog der Sammlung des historischen Museums in Bern, Bern 1884 (2. Aufl.), S. 52.

Eduard von Rodt, Katalog der Sammlung des historischen Museums in Bern, Bern 1892 (3. Aufl., inklusive Supplement mit Zuwachs der Jahre 1892 bis und mit April 1895), S. 46.

Franz Thormann/Wolfgang Friedrich von Mülinen, Die Glasgemälde der bernischen Kirchen, Bern o. J. [1896], S. 22, 24, 76, Taf.-Abb. XIII.

B. Haller, Bern in seinen Rathsmanualen 1465–1565, 1. Teil, 1900, S. 120.

Heinrich Oidtmann, Geschichte der Schweizer Glasmalerei, Leipzig 1905, S. 245f.

Franz Thormann, Die Glasgemälde im Historischen Museum Bern, Separatdruck aus den Blättern für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde, Bern 1909, S. 5.

Hans Lehmann, Die Glasmalerei in Bern am Ende des 15. und Anfang des 16. Jahrhunderts, in: Anzeiger für Schweizerische Altertumskunde NF 15/1913, S. 219f. (Lukas Schwarz).

Schweizerisches Künstler-Lexikon 4/1917, S. 397 (Lukas Schwarz).

H. Allemann-Wampfler, Einiges über die Kirche in Lenk (Simmental), in: Blätter für bernische Geschichte, Kunst und Altertumskunde 13/1917, S. 76.

Simmentaler Heimatbuch, Hrsg: Heimatkundevereinigung des Simmentals, Bern 1938, Taf. nach S. 224.

Vgl.

Historisches Lexikon der Schweiz (HLS).

Weiteres Bildmaterial

Denkmalpflege Kt Bern, Neg. Hesse B 1145; SNM Zürich, Neg. 9166, 9547 (Lukas Schwarz)

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_BHM_365
Fotonachweise
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto: Yvonne Hurni
Aufnahmedatum
2007
Copyright
© Bernisches Historisches Museum, Bern (www.bhm.ch)
Eigentümer*in

Vor/seit 1882 Bernisches Historisches Museum

Inventar

Referenznummer
BE_410
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016