Forschung
Seine beiden Scheiben stiftete Johannes I. Steiger 1562, d. h. im Jahr seiner Ernennung zum Schultheissen, in den Vorgängerbau der heutigen Kirche, und zwar vermutlich anlässlich der Übernahme der dortigen Twingherrschaft (s. u.). Ob damals am Gotteshaus Erneuerungsarbeiten im Gange waren, weiss man nicht. 1709 wurden seine Scheiben in den Neubau übernommen, wo sie wahrscheinlich wie die damals gemachten Stiftungen in einem der Chorfenster zur Aufstellung kamen.
Brigitte Kurmann-Schwarz vergleicht die beiden Glasgemälde Steigers in ihrer monumentalen Ausgestaltung mit den beiden Scharnachtal-Scheiben und der Nägeli-Scheibe im Obergaden des Berner Münsters, die sie um 1567 ansetzt (Kurmann-Schwarz 1998, Abb. 260, 261, 264). Sie schreibt diese Werke in überzeugender Weise demselben unbekannten Meister zu. Unhaltbar ist die auf dem Foto des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich vermerkte Zuschreibung an Simon Steinegger. Die von Steinegger stammenden Arbeiten haben stilistisch nichts mit den beiden Glasgemälden in Münsingen und den genannten Münster-Scheiben gemein. Besser vergleichbar sind die Werke in Münsingen und im Berner Münster mit der ebenfalls monumental wirkenden, mit Vinzenz Wysshan in Verbindung gebrachten Berner Doppelscheibe von 1567 aus der Kirche Vinelz im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1903/04). Allerdings sind ihre stilistischen Bezüge auch dazu nicht eng genug, um sie diesem Berner Meister zusprechen zu können.
Hans I. Steiger (1518–1581), Sohn von Bartholomäus II., war ab 1538 Berner Grossrat, 1539–1544 Vogt zu Nyon, ab 1545 Mitglied des Kleinen Rats, 1546/47 Vogt zu Nidau, 1547/48 Venner zu Gerbern, 1548–1562 Welschseckelmeister und seit 1562 Schultheiss zu Bern. Als einer der reichsten Berner seiner Zeit besass er neben der Freiherrschaft Rolle u. a. die Herrschaften Mont-le-Grand, Mont-le-Vieux, Bière, Begnins, Sépey, Rosey, Mollens und für kurze Zeit auch Oron und Palézieux. Zudem wurde er 1562 Teilhaber an der Twingherrschaft Münsingen und Niederwichtrach sowie später deren Alleinherr. Bern diente er oftmals als Gesandter. 1537 ehelichte er Barbara Willading, die Tochter Konrads. In zweiter Ehe war er seit 1567 mit Magdalena Nägeli, der Tochter von Hans Franz, verheiratet (HLS 11/2012, S. 853; HBLS 6/1931, S. 520. Abb. Porträt).
Von Johannes I. Steiger gibt es die beiden 1562 in die Kirche Münsingen gestifteten Glasgemälde, eine Doppelscheibe aus der Zeit um 1559 im Berner Münster (Kurmann-Schwarz 1998, S. 456–459, Abb. 300–303), zwei um 1566 in die Berner Nydegg-Kirche verehrte Rundscheiben und eine Doppelscheibe von 1567 aus der Kirche Vinelz im Bernischen Historischen Museum (Inv. 18490/91). Zudem ist dieses Museum im Besitz eines Risses Samuel Sybolds von 1574 für eine Allianzwappenscheibe Steigers (BHM Bern, Inv. 20036.263; Hasler 1996/97, Bd. 1, Nr. 246). Verschollen ist Steigers Rundscheibe von 1579 mit dessen Wappen sowie denjenigen seiner beiden Frauen.
Datierung
1562
StifterIn
Steiger, Hans (Johannes) I. (1518–1581), Schultheiss · Willading, Barbara
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1984 Kirchgemeinde Münsingen (laut Gebrauchsleihevertrag mit dem Kanton Bern vom 25.1.1984).
Vorbesitzer*in