Forschung
Die Kirche Oberwil erfuhr am Ende des 17. und am Anfang des folgenden Jahrhunderts eine grundlegende Umgestaltung, die gegen Ende von dessen erstem Jahrzehnt mit dem Langhausumbau (1708 datierter Südeingang) vollendet wurde. Zum Abschluss ihrer Erneuerung erhielt die Kirche nicht nur mehrere Wappengaben, sondern offenbar auch ein neues Gestühl.
Berns Obrigkeit verehrte der fertig renovierten Kirche gleich mehrere Wappenscheiben. Unter den dort heute vorhandenen alten Glasgemälden zählen dazu die drei 1710 datierten des Deutschseckelmeisters Alexander von Wattenwyl und der Venner Johann Jakob Dübelbeiss und Johann Anton Kirchberger sowie die Bernscheibe von 1711. Im Laufe der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts war die Berner Regierung dazu übergegangen, ihre erneuerten Landkirchen jeweils mit einer ganzen Glasgemäldeserie zu beschenken. Dazu gehörten normalerweise sechs Scheiben, nämlich diejenigen mit den Wappen Berns, des Deutschseckelmeisters und der vier Venner (Thormann/von Mülinen 1896, S. 47f.). Dieser Schenkungsmodus kam vermutlich auch im Falle der Kirche Oberwils zur Anwendung. Man darf deshalb davon ausgehen, dass Bern 1710 noch zwei weitere, heute verschollene Vennerscheiben dorthin vergabte.
Im Chorgerichtsmanual Oberwils ist unter dem 27. November 1710 die folgende sich auf den Glasmaler Jakob Forrer beziehende Abrechnung eingetragen: "Ist mit Mr. Mahler Forrer abrechnung geschehen, und hat sichs funden, dz er an der Kirchen die wapen der Hrn. Ambtleuten aufgenommen, in arbeit verdient 102 Cr., woran die Oberkeit denen zalt 41 Cr. 15 bz., die übrigen 60 der Kirchmeyer. Die daraus entstandenen weitläufigkeiten übergehen diesmalen." (Kocher 1942). Mit den erwähnten "Wappen der Herren Amtleute" können nur die bernischen Stiftungen von 1710 gemeint sein. Wie die an Forrer ausbezahlten 102 Kreuzer nahe legen, betraf dieser geringe Betrag von weniger als 2 Pfund jedoch nicht ihre Herstellung, sondern offenbar ihre Einfügung ("Aufnahme") in die Fenster. Weil sich mit Anton Kirchbergers Scheibe unter den genannten Wappen eine von Forrer signierte Arbeit findet, ist freilich nicht zu bezweifeln, dass die stilistisch übereinstimmenden Stiftungen Berns von 1710/11 allesamt von Forrer geschaffen wurden. Darauf weist ebenfalls ihr einfach gemusterter Damastgrund. Ihm begegnet man in vergleichbarer Weise auf verschiedenen anderen Werken dieses Meisters wie zum Beispiel auf der "J. Forer M" signierten Wappenscheibe Abraham Tilliers von 1700 in Bernischen Historischen Museum (BHM Inv. 943).
Johann Anton Kirchberger (1655–1716), der Sohn Johann Antons des Älteren, wurde 1680 Berner Grossrat. Er war 1682–1685 Rathausammann, 1685–1691 Landvogt zu Frienisberg, ab 1700 Kleinrat sowie 1700–1704 und 1708–1712 Venner zu Schmieden. Im 2. Villmergerkrieg gehörte er dem Kriegsrat an. Verheiratet war er seit 1677 mit Katharina Imhof, der Tochter Daniels (HLS 7/2008, S. 224; HBLS 4/1927, S. 490).
Nach Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen befand sich die Scheibe von Dübelbeiss 1896 im "3. Fenster" des Chors, das heisst im Fenster sII. Bei der Kirchenrenovation von 1929/30 wurden die alten Glasgemälde im Chor umplatziert (Kocher 1942). Dasjenige von Dübelbeiss verblieb dabei im Fenster sII.
Datierung
1710
Herstellungsort
Eigentümer*in
Kirchgemeinde Oberwil.
Die Unterhaltspflicht über die acht Glasgemälde im Chor 1901 zusammen mit dem Chor vom Staat Bern an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).