Forschung
Die Gemeinde La Neuveville und die gleichnamige Kastlanei (Vogtei) unterstanden von 1304 bis 1797 dem Fürstbistum Basel. La Neuveville, das seit 1368 ein eigenes Banner führte, genoss in dieser Zeit grosse Freiheiten. 1388 schloss es mit Bern einen Burgrechtsvertrag, der 1633 erneuert wurde. Von 1535 bis 1554 amtete Pierre de Gléresse als Kastlan des Basler Bischofs (Clottu 1972). Seinen Sitz hatte er auf dem Schlossberg. 1552 liess er sich in La Neuveville eine neue Residenz errichten. Von 1555 an diente diese den Kastlanen als Amtssitz.
Nach der Angabe zum Scheibenfoto des Schweizerischen Nationalmuseums in Zürich soll es sich um eine Arbeit des Berner Glasmalers Joseph Gösler handeln. Weil von Gösler keine signierten oder durch Quellenbelege bezeugten Glasmalereien existieren, lässt sich diese auch von Andres Moser (1998) vertretene Zuschreibung jedoch nicht rechtfertigen. Ihren Rechnungen zufolge scheint die Stadt La Neuveville weit häufiger Bieler denn Berner Glasmaler mit der Herstellung ihrer Wappenscheiben betraut zu haben. Bezüglich der vorliegenden Scheibe verdient insbesondere der folgende Ausgabenposten in den Stadtrechnungen von 1555 Beachtung: "Au peintre verrier Herold de Byenne, pour six écussons 27 batz." (Bourquin 1922, S. 32). Demnach erhielt der Bieler Glasmaler Herold damals von La Neuveville für sechs Wappenscheiben 27 Batzen, d. h. nicht einmal ganze 4 Pfund! Es kann sich also nicht um die volle Bezahlung dafür gehandelt haben. Zu den sechs 1555 (teilweise) bezahlten Glasgemälden dürfte auch das heute im Bernischen Historischen Museum befindliche von 1554 zu rechnen sein.
Werner Bourquin identifiziert den in der Rechnung genannten Glasmaler mit dem bis 1581 in Biel nachgewiesenen Jakob Herold. Er übte dort wie sein Vater Hans den Maler- und Glasmalerberuf aus. Dieser Hans Herold wurde in den 1550er Jahren von der Stadt Biel mehrfach als Glasmaler entlohnt. Mit dem im Rechnungseintrag von 1555 erwähnten Bieler "peintre verrier Herold" kann deshalb ebenso gut er wie sein Sohn Jakob gemeint sein. Während für Hans Herold keine Scheiben mehr namhaft zu machen sind, besitzt das Bernische Historische Museum mit den zwei Bieler Bannerträgerscheiben aus der Kirche Aarberg zwei Werke, die 1576 bei Jakob Herold in Auftrag gegeben wurden (BHM Bern, Inv. 1890, 1891). Obwohl dieselben im 17. Jahrhundert grundlegend erneuert wurden, lässt sich aus ihnen zumindest noch eine annähernde Vorstellung vom Schaffen Herolds gewinnen. Gewisse Analogien zu den Bieler Scheiben aus Aarberg besitzend, kann das Glasgemälde von La Neuveville somit durchaus in der Werkstatt der Herold entstanden sein.
Eine Pause der Scheibe von Johann Heinrich Müller befindet sich im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich (SNM, Inv. LM 24498). Darauf hielt Müller den ganzen linken Rahmenteil nicht fest.
Im Musée d'art et d'histoire von La Neuveville gibt es von der Scheibe eine neuzeitliche Kopie.
Datierung
1554
StifterIn
La Neuveville (Neuenstadt), Stadt
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1882 Bernisches Historisches Museum
Vorbesitzer*in
Bis 1881 Sammlung Friedrich Bürki, Bern.
Inventarnummer
BHM 380