Forschung
Laut Inschrift handelt es sich um eine Nachstiftung von 1599, die damals eine 1427 durch den Badener Landvogt Ulrich von Erlach gemachte Scheibenschenkung ersetzte. Die Scheibe Ulrich von Erlachs, eine der ältesten dokumentierten privaten Wappenstiftungen der Schweiz, wurde 1599 durch dessen Nachfahren Anton von Erlach vollständig erneuert. Ins Schloss Spiez gelangte sie erst im 20. Jahrhundert, und zwar vermutlich über Alfred von Erlach-von Mülinen, der im 20. Jahrhundert ihr Besitzer war. Weil Ulrich von Erlach und dessen Nachkomme das Glasgemälde in ihrer Funktion als Landvögte zu Baden stifteten beziehungsweise erneuerten, dürfte es für einen Bau dieses Ortes oder in dessen Nachbarschaft bestimmt gewesen sein. Zu denken wäre etwa an das Landvogteischloss von Baden.
Ulrich von Erlach († 1465), Herr von Jegenstorf und Wyl, wurde 1427 erster bernischer Landvogt in Baden. Er war 1444 Anführer der Berner in der Schlacht vor Greifensee und viermal Schultheiss zu Bern (1446, 1449, 1452, 1455).
Anton von Erlach (1557–1617), der Sohn Johanns († 1583), war Herr zu Kiesen und Erbe des Rebguts Yvorne. Er ging zwei Ehen ein, die erste 1586 mit Agathe von Diesbach (1567–1612), der Tochter des Niklaus, und die zweite 1613 mit Barbara von Flachsland. 1587 war er Hauptmann über 2000 Mann zum Schutz Neuenburgs gegen den Herzog von Guise. 1588 in den Berner Grossen Rat gewählt, diente er seiner Stadt in der Folge mehrfach als Landvogt, nämlich 1590 in Mendrisio, von 1591 bis 1597/98 in Lenzburg und ab 1599 in Baden. 1602 wurde er Mitglied des Kleinen Rats zu Bern, 1603 Gubernator in Aelen (Aigle) und 1613 Landvogt in Yverdon. In seinem Todesjahr 1617 war er Feldoberst über 3000 Mann Berner, die im Piemont den Herzog von Savoyen im Kampf gegen die Spanier unterstützten (HBLS 3/1926, S. 60; von Erlach 1989, Stamm-Taf. D2 IX).
Von Anton von Erlach gibt es ein Glasgemälde von 1598 im Museumsdepot des Burgdorfer Kornhauses (Inv. 4.1377) sowie eine Wappen- und eine Gedenkscheibe im Schlossmuseum Spiez (Inv. 0308 und 0425). Zudem besitzt das Gotische Haus in Wörlitz eine von ihm im Jahre 1600 möglicherweise ins Kloster Wettingen gestiftete Scheibe (Ruoss/Giesicke 2012, Bd. 2, S. 401, XXIV. 9). Die vormals in Schloss Hindelbank befindliche Allianzwappenscheibe des Anton von Erlach und seiner Gemahlin Agathe von Diesbach aus dem Jahre 1597 war 1907 im Musée historique des tissus in Lyon (von Mandach 1907, S. 336, Nr. 4).
Das Glasgemälde von 1599 beruht vielleicht auf einem Entwurf von Hans Jakob Dünz. Den auf dem Gebälk liegenden Putten und der Schildform begegnet man in ähnlicher Form beispielsweise auf dessen Riss von 1599 mit dem Wappen Heimberg in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums (BHM Bern, Inv. 20036.355; Hasler 1996, Kat.-Nr. 320). Der Damastgrund ist auf einer Scheibe von 1599 ein höchst altertümliches Motiv. Man kann sich deshalb fragen, ob der Glasmaler sich dabei an der in die Brüche gegangenen Originalscheibe von 1427 orientierte. Die gleiche Frage stellt sich beim Helmkleinod des Wappens Ulrich von Erlachs in Form des bekrönten Männerrumpfes.
Datierung
1599
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
Prof. von Mülinen, Bern (Angabe zum Foto SNM Zürich). – 1942 Dipl. Ing. Alfred von Erlach-von Mülinen (1942 Leihgabe von ihm an Schlossmuseum Spiez?)
Inventarnummer
Inv. 0308