Forschung
<span style="" >Johann Rudolf Wyss sah 1816 die vorliegende Scheibe noch in der 1487/88 erbauten und 1830 abgebrochenen Kirche von Lauterbrunnen. Da auch Carl Friedrich Ludwig Lohner 1864 zwei Glasgemälde in der Kirche von Lauterbrunnen beschreibt, wurden sie offenbar in den Neubau übernommen. 1900 gelangte das Scheibenfragment mit den beiden Heiligen in das Bernische Historische Museum. Die andere von Lohner sowie auch von Thormann/von Mülinen erwähnte Scheibe ist verschollen (Stifter Kaspar Dulliker und Lienhard Strub?, vgl. Thormann/von Mülinen 1896, S. 75).
Da sich das Wappen des knienden Stifters bislang nicht identifizieren liess, ist ungewiss, wer die Scheibe in die Kirche Lauterbrunnen schenkte. Hinweise auf dessen Identität geben die beiden Heiligenfiguren. Seit dem 15. Jahrhundert unterstand das Lauterbrunnental dem Augustinerpriorat von Interlaken. Der Stifter auf der Scheibe kniet im Augustinerhabit vor dem hl. Augustinus und ist somit wohl als Chorherr von Interlaken anzusprechen (vgl. Münger 1904/05; Oidtmann 1905; Marti 2000). Da Lauterbrunnen ab 1506 der Pfarrei von Gsteig zugeteilt und die dortige Kirche dem hl. Michael geweiht war, ist anzunehmen, dass diese Kirche an der Stiftung Anteil hatte. Als Stifter in Frage käme also ein an der Kirche Gsteig tätiger Chorherr von Interlaken.
Die 1506 erfolgte Zuteilung an die Pfarrei Gsteig und die gleichzeitige Anerkennung der 1487/88 ohne Erlaubnis erbauten Kirche Lauterbrunnens durch das Kloster Interlaken gaben damals möglicherweise auch den Anlass zur Scheibenstiftung.Wyss (1816), von Mülinen (1905) und Baechtold (1917) sehen in der Darstellung Michaels des Seelenwägers einen Bezug zur Strättliger Chronik und zur Legende Rudolfs von Strättlingen, nach der dieser die zwölf "Thunerseekirchen" gründete (allerdings nicht Lauterbrunnen!) und wegen seinem Übermut in der Wagschale Michaels vom Teufel fast herabgezogen wurde. Die Darstellung Michaels bezieht sich aber, wie oben ausgeführt, eher auf die Kirche von Gsteig.Die Figuren der Scheibe sind denjenigen auf den Glasgemälden aus der Kirche Büren im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 361, 362, 363) eng verwandt und entstammen dem Umkreis Hans Funks. Lehmanns Zuschreibung an Lukas Schwarz, dem sich kein erhaltenes Glasgemälde zuweisen lässt, ist unhaltbar.
Datierung
um 1506
Zeitraum
1487 – 1515
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1900 Bernisches Historisches Museum
Vorbesitzer*in
Bis 1900 Kirche Lauterbrunnen (die Scheibe damals dort durch neues gemaltes Fenster ersetzt). Vgl. Korrespondenz Nachweisakten BHM Bern.
Inventarnummer
BHM 6076