Forschung
Im 19. Jahrhundert befand sich die Solothurner Scheibe neben derjenigen mit dem hl. Martin sowie unter den Scheiben mit der hl. Adelheid und der Madonna (s III, 4a) im nördlichen Chorfenster (Rahn 1883). Dabei handelt es sich aber nicht um die originale Anordnung. Ursprünglich umfasste die Solothurner Stiftung sicher ein zweites Glasgemälde, wohl eine Figurenscheibe mit dem hl. Ursus.
In Solothurns Seckelmeisterrechnungen ist eine Stiftung nach Kirchberg im Jahr 1520 verzeichnet: "Item usgeben dennen von Kilchberg an ein fenster in Ir Kilchen xij lb" (Dietschi 1940). Hans Lehmann bezieht diesen Eintrag auf die vorliegende Standesscheibe sowie eine zugehörige, verschollene Figurenscheibe und vermutet, dass die Zahlung dafür erst einige Jahre später erfolgt sei (Lehmann 1913). Da sich die Scheibe von den übrigen Kirchberger Glasgemälden aus der Zeit um 1507 nicht unterscheidet und sicher von derselben Werkstatt hergestellt wurde, muss aber auch sie damals entstanden sein. Dass der entsprechende Zahlungseintrag erst dreizehn Jahre später erfolgte, ist sehr unwahrscheinlich. Zudem dürfte sich der genannte Betrag von 12 Pfund nur auf ein Glasgemälde und nicht auf eine Doppelscheibe beziehen (vgl. z.B. die Zahlung von 66 Pfund an Hans Sterr für sechs Scheiben in die Kirche Jegenstorf oder diejenige von 28 Pfund für eine Solothurner Doppelscheibe in die Kirche Hindelbank (BHM Bern, Inv. Nr. 8556, 8557)). Möglicherweise musste die heute verschollene Solothurner Figurenscheibe schon wenige Jahre nach der ursprünglichen Stiftung ersetzt werden, worauf sich der erwähnte Rechnungseintrag beziehen könnte.
Die Scheibe Solothurns weist stilistische Parallelen zu den Glasmalereien der Bubenberg-Stiftung im Berner Münster auf (Kurmann-Schwarz 1998, Abb. 252–259) und ist somit derselben Werkstatt wie diese zuzusprechen. Neben den stilistischen Ähnlichkeiten ist die zu dieser Zeit noch seltene Verwendung von Eisenrot auffallend. Da in der betreffenden Werkstatt mehrere Hände arbeiteten, die sich mit keinen Namen verbinden lassen, bezeichnet Brigitte Kurmann-Schwarz dieses Atelier als Bubenberg-Werkstatt (Kurmann-Schwarz 1998, S. 373–74, 401–414). Lehmanns Zuschreibung der Solothurner Stiftung an Lukas Schwarz, dem sich kein erhaltenes Glasgemälde zuweisen lässt, ist dagegen abzulehnen (vgl. Lehmann 1913).
Datierung
um 1507
Zeitraum
1506 – 1520
StifterIn
Herstellungsort
Eigentümer*in
Kirchgemeinde Kirchberg.
Die Unterhaltspflicht der achtzehn 1898 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).