Forschung
Abraham von Graffenried (1580–1620) war Herr zu Chivron und St. Triphon. Durch die Heirat mit Ursula von Diesbach (1578–1628) im Jahr 1600 wurde er auch Herr zu Worb, Wikartswil und Trimstein. Er war 1604 Mitglied des Grossen Rats zu Bern, seit 1613 Landvogt zu Romainmôtier und 1620 Hauptmann im Berner Regiment unter dem Kommando des Obersten Niklaus von Mülinen. Bei seiner Unterstützung der reformierten Bündner im aufständischen Veltlin gegen spanische Truppen starb er dort 1620 in der Schlacht bei Tirano (HBLS 3/1926, S. 629; Kessel 2015).
Beim vorliegenden, 1628 datierten Glasgemälde handelt es sich um eine Gedenkscheibe an den 1620 verstorbenen Abraham von Graffenried. In Auftrag gegeben wurde dieses entweder von dessen Gemahlin Ursula von Diesbach, die selbst 1628 verstarb, oder von einem der Söhne des Ehepaares.
Die Komposition des Glasgemäldes findet sich in ähnlicher Form auf verschiedenen in Bern gefertigten Scheiben und Rissen. Letztendlich dürfte dahinter eine unbekannte Vorlage Christoph Murers stecken (Hasler 1996/97, Bd. 2, Kat.-Nrn. 412, 608, mit div. Abb.).
Die engen stilistischen Parallelen zu der von Abraham Sybold signierten Scheibe Heimberg aus dem Jahre 1624 im Bernischen Historischen Museum (BE_188, BHM Bern, Inv. 2431) lassen das Glasgemälde mit den Allianzwappen von Graffenrieds und dessen Gemahlin diesem Berner Meister zuweisen.
Möglicherweise war die Scheibe Teil einer Serie. Zwei weitere, ähnlich komponierte Von-Graffenried-Scheiben von 1628 sind bekannt. Bei der einen davon handelt es sich um die Allianzscheibe Niklaus von Graffenrieds (1580–1643) und Katharina Mays in der Sammlung von Reding in Schwyz (SZ_36, Meyer 1978, S. 368f., Nr. 45). Davon existieren eine Pause von Johann Heinrich Müller im Schweizerischen Nationalmuseum (SNM Zürich, Inv. LM 24498.39 und Foto-Neg. 147274) sowie eine farbige Zeichnung im Album des Emanuel Edmund von Graffenried (1829–1881) im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 6202.44). Das andere Werk ist die – ebenfalls nachgestiftete – Allianzscheibe des Hans Rudolf von Graffenried (1555–1604) und dessen drei Frauen Verena von Mülinen, Margaretha Effinger und Magdalena Zehender. Diese verschollene Scheibe befand sich wie die vorliegende ehemals im Schloss Löwenberg (Kat. Stuker 1973, Nr. 4718; Foto Howald, Bern, Neg. 07020). Die drei hier zur Diskussion stehenden Glasgemälde haben alle die gleichen Masse (30 x 20 cm).
Der auf der vorliegenden Scheibe mit seinem Wappen präsente Abraham von Graffenried ist mit Niklaus von Graffenried (1580–1643) und dessen Vater Hans Rudolf von Graffenried (1555–1604) nicht näher verwandt. Sie haben nur einen gemeinsamen Ur(ur)grossvater namens Niklaus von Graffenried (ca. 1460–1557). Es müsste sich also um einen umfangreichen Zyklus der Familie von Graffenried gehandelt haben.
Datierung
1628
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1973 Bernisches Historisches Museum
Vorbesitzer*in
Familie von Diesbach. – Familie de Rougemont. Bis 1973 Schloss Löwenberg
Inventarnummer
BHM 40045