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BE_1571: Bildscheibe Samuel Gruner und Albrecht Manuel mit Philippus bei der Taufe des Kämmerers aus dem Mohrenland
(BE_Bern_BHM_8886)

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Titel

Bildscheibe Samuel Gruner und Albrecht Manuel mit Philippus bei der Taufe des Eunuchen

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Zwirn, Matthias · (?) zugeschr.
Datierung
1634
Masse
24.5 x 17.7 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Im Hauptbild ist in einer gebirgigen Flusslandschaft die Taufe des Eunuchen (in der Bibelübersetzung Luthers: “Kämmerer aus dem Mohrenland”) durch den Apostel Philippus festgehalten. Am Weg wartet ein orientalisch gekleideter Kutscher mit einem zweispannigen Wagen auf seinen Herrn, den Hofbeamten der äthiopischen Königin Kandace (Apg 8, 26–39). Die Darstellung umfasst eine Arkade aus roten Säulen und einem violetten Flachbogen, an dessen Scheitel sich eine grosse, die Bildlegende enthaltende Scheitelkartusche befindet. Die Zwickelfelder daneben füllen Fruchtbouquets. Die Namen Samuel Gruners und Albrecht Manuels sind unten am Podium zwischen deren oval umkränzten Wappenschilden angebracht.

Iconclass Code
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
73F2634 · Philippus tauft den Eunuchen
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Samuel Gruner, Albrecht Manuel

Inschrift

H: Samuel / Gruner geweβner / Schultheiβ zů Thun. vnd / Jr. Albrecht Manuel: 1634.
Eÿn Kämerling vβ Morenlandt / Philippus vff der Straβe fandt / durch Gottes wort denselben bkert / daruff der Touff, Jm ward bescheit.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Das Wappen Manuel in der Ecke unten rechts neu ergänzt; das bemalte Glas stellenweise korrodiert; Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; hellrotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb sowie blauer, violetter und grüner Schmelzfarbe; rückseitig die eingeritzte Brandmarke "3".

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Scheibe ist eine Stiftung zweier offenbar miteinander befreundeter Berner Bürger und Cousins zweiten Grades.
Samuel Gruner (1.6.1592–1649), Sohn Samuels († 1619) und Susanna Wysshans, war Notar von Beruf und diente als Feldkriegsratsschreiber in Graubünden, als Ohmgeltschreiber und Gerichtsschreiber. 1621 gelangte er in den Grossen Rat zu Bern, wurde 1626 Schultheiss zu Thun, und 1643 Kastlan in Wimmis. Am 25. Juli 1616 heiratete er in Bern Margaretha Haller (1600–vor 1638), Tochter Johann Hallers und Katharina Pastors. Nach ihrem Tod ging er am 6. Juli 1638 eine zweite Ehe mit Veronika Zeender, der Tochter Michaels und Veronika Thormanns, ein (HBLS 3/1926, S. 782; Kessel 2015). In der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums findet sich ein Riss zu einer Allianzwappenscheibe seines Vaters Samuel Gruner und dessen zweiter Ehefrau Ursula Kohler aus der Hand des Berner Glasmalers Hans Jakob Dünz aus der Zeit um 1598/1600 (Hasler 1996/97, Bd. 1, Kat.-Nr. 318).
Der Mitstifter der Scheibe dürfte mit Albrecht Manuel (1611–1650), Sohn des Vogts von Chillon Niklaus Manuel (1587–1620) und der Rosina von Wattenwyl, identisch sein. Seit 1630 war Albrecht Manuel mit Katharina von Bonstetten, Tochter des Franz von Bonstetten und der Maria von Erlach, verheiratet. 1635 wurde er Grossrat in Bern und 1640 Schultheiss zu Burgdorf (HBLS 5/1929, S. 18; Michel 1961, S. 84). Von Albrecht Manuel und dessen Gemahlin Katharina von Bonstetten haben sich in der Sammlung von Reding in Schwyz eine Scheibe von 1630 (SZ_37, Meyer 1978, S. 369) und im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich eine ovale Allianzscheibe von 1635 erhalten (Schneider 1971, Bd. II, Kat.-Nr. 558). Eine weitere Scheibe stiftete Manuel 1642 (BE_2481, Museumsdepot im Burgdorfer Kornhaus, Inv. 4.1378). Eine Burgdorfer Ratsscheibe von 1643 mit dem Wappen des damaligen Schultheissen Albrecht Manuel wird im Musée Ariana in Genf aufbewahrt (Inv. AD 8709; Deonna 1938, S. 179; Hablützel/Hess 1944, S. 60). 1635 entstand wohl die Scheibe mit den Stifterwappen Niklaus von Diesbachs und Albrecht Manuels in Freiburger Privatbesitz, die ganz ähnlich wie das vorliegende Glasgemälde von 1634 aufgebaut ist (FR_372, Bergmann 2014, Bd. 2, Kat.-Nr. 372).
Dass es sich beim Mitstifter der hier diskutierten Scheibe um Albrecht Manuel (1560–1637), den Herrn von Cronay, handelt, ist hingegen kaum denkbar, hatte doch dieser 1634 bereits eine steile politische Karriere hinter sich, von der in deren Inschrift kein Wort vermerkt ist.

Aus der Zeit um 1634 und 1635 existiert eine Reihe von Berner Bildscheiben, die alle nach der gleichen Grundkomposition aufgebaut sind. Das Mittelbild mit historischen, biblischen oder allegorischen Szenen steht jeweils zwischen zwei schlichten Säulen und darüber ist eine abgerundete Kartusche mit der Bilderläuterung von Fruchtvasen oder Fruchtbouquets eingerahmt. Am Fuss wird die Stifterinschrift von zwei einfachen Wappen oder von zwei umkränzten Vollwappen eingefasst. Im letzteren Punkt gleichen der vorliegenden Scheibe vor allem die erwähnte, von Niklaus von Diesbach und Albrecht Manuel gestiftete Scheibe in Freiburger Privatbesitz sowie die Bildscheibe Hans Ludwig Lerbers und Johann Wilds von 1635 in unbekanntem Besitz (FR_372, Bergmann 2014, Bd. 2, Kat.-Nr. 372 und Abb. 372.3). Zwei weitere Scheiben von 1635, die einerseits die Ehepaare Hans Häfliger und Salome Jenfer bzw. Burckhart Wannenmacher und Elsbeth Remund sowie andererseits Hans Remundt und der Wirt Jakob Krattiger zu Frauenkappelen bei Bern stifteten, schliessen sich im beschriebenen Aufbau mit Ausnahme des flachen Gebälks und der einfachen Wappenschilde an (Genf Musée Ariana; Deonna 1938, S. 176, 178, Kat.-Nr. 100, 110; SNM Zürich, Fots 5353, 5363). Zwei vergleichbare Scheiben mit Szenen aus der Schweizer Geschichte (Blendung Anderhaldens, Vertreibung der Vögte) haben leider ihren Fussteil mit Wappen und Inschrift verloren (Standort unbekannt; SNM Zürich, Foto 7833). Aus stilistischen Gründen sind all diese Scheiben sicher demselben Glasmaler zuzuschreiben. Er kann wohl mit dem Berner Meister Matthias Zwirn identifiziert werden (Bergmann 2014, Bd. 2, Kat.-Nr. 372). Dieser verwendete für das Mittelbild der vorliegenden Scheibe einen damals sehr aktuellen Kupferstich aus Matthäus Merians des Älteren weitverbreiteten Bilderbibel, die zunächst ohne Bibeltext (1625–27 aufeinanderfolgend, ab 1627 als vollständige Exemplare) und ab 1630 mit dem Luthertext in Frankfurt erschienen war.
Kompositorische und stilistische Parallelen bestehen noch zur rund zwanzig Jahre jüngeren und farblich aufgehellten Scheibe Appenzeller/Zingg von 1656 im Bernischen Historischen Museum (BE_1598, BHM Bern, Inv. 8890).

Datierung
1634
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1916 Bernisches Historisches Museum

Vorbesitzer*in

Bis 1916 Sammlung Knechtenhofer, Thun.

Inventarnummer
BHM 8886

Bibliografie und Quellen

Literatur

Jahresbericht des Historischen Museums in Bern 1916, Bern 1917, S. 38.

Vgl.

Waldemar Deonna, Ville de Genève. Catalogue du Musée Ariana (Fondation G. Revillod), Genève 1938.

Hablützel/Hess, Monumenta heraldica Helvetiae, Namenverzeichnis, 1944.

Hans Michel, Die Schultheissen von Burgdorf von 1384–1798, In: Burgdorfer Jahrbuch 1961,S. 52–110.

Jenny Schneider, Glasgemälde. Katalog der Sammlung des Schweizerischen Landesmuseums Zürich, 2 Bde., Stäfa o. J. [1971].

André Meyer. Die Kunstdenkmäler des Kantons Schwyz, Neue Ausgabe Band I, Der Bezirk Schwyz I, Der Flecken Schwyz und das übrige Gemeindegebiet, Basel 1978.

Rolf Hasler, Die Scheibenriss-Sammlung Wyss. Depositum der Schweizerischen Eidgenossenschaft im Bernischen Historischen Museum, 2 Bde., Bern 1996/97.

Uta Bergmann, Die Freiburger Glasmalerei des 16. bis 18. Jahrhunderts, 2 Bde., Bern etc. 2014.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS).

P. Kessel, Berner Geschlechter, 2016 URL: [http://www.bernergeschlechter.ch/humo-gen/family.php?database=humo_&id=F23825&main_person=I54847; 6.4.2016].

Vorlage

Kupferstich des Matthäus Merian des Älteren aus der Bilderbibel = Icones Biblicae/Biblische Figuren, Frankfurt a.M. Erste vollständige Exemplare ab 1627.

Bildinformationen

Name des Bildes
BE_Bern_BHM_8886
Fotonachweise
© Bernisches Historisches Museum, Bern. Foto: Yvonne Hurni
Aufnahmedatum
2007
Copyright
© Bernisches Historisches Museum, Bern (www.bhm.ch)
Eigentümer*in

Seit 1916 Bernisches Historisches Museum

Inventar

Referenznummer
BE_1571
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2016; Sarah Keller 2016; Uta Bergmann 2016; Sarah Keller 2022