Forschung
Die rund 24 Kilometer von Ringgenberg entfernten Gemeinden Oberhofen und Hilterfingen stifteten 1671 zwei vollkommen identische Scheiben in die dortige Kirche. Ausgeführt wurden sie vom Berner Glasmaler Matthias Zwirn, der die eine davon monogrammierte. 1681 liessen die beiden Gemeinden von Zwirn nach dem gleichen Muster nochmals zwei Scheiben herstellen, und zwar für die Kirche in Steffisburg. Leider kennt man den genauen Grund nicht, weshalb die beiden Orte 1671 und 1681 jeweils eine Doppelstiftung machten. Seit 1652 gehörte Hilterfingen zur damals von Bern neu eingerichteten Vogtei Oberhofen. Oberhofen andererseits zählte zur Kirchgemeinde Hilterfingen mit der auf Oberhofer Gemeindegebiet gelegenen Pfarrkirche St. Andreas. Die beiden Orte waren also aufs Engste miteinander verbunden. Man kann sich fragen, ob sie mit ihren Doppelstiftungen eine gewisse Eigenständigkeit zu markieren versuchten oder ob sie sich einfach aus Symmetriegründen dazu veranlasst sahen, jeweils zwei Glasgemälde zu stiften.
Dem gleichen Kompositionsschema folgen auch die Glasgemälde der beiden Gemeinden in der Kirche Beatenberg von 1673, in der Kirche Leissigen von 1675, im Bernischen Historischen Museum von 1678 (BHM Bern, Inv. 22220; aus der Kirche Sigriswil?) und diejenige von 1678, welche verschollen ist (ehemals Sammlung Pourtalès, aus Schloss Mauensee; Wegeli 1932, S. 98f.).
Nach dem Hagelschlag von 1910 musste der Thuner Glasmaler Hans Drenckhahn die dadurch an den Glasgemälden der Kirche Ringgenberg verursachten Schäden reparieren. Gleichzeitig entschloss man sich dazu, von der Doppelscheibe Oberhofens und Hilterfingens das eine Stück dem Bernischen Historischen Museum zu überlassen und stattdessen in der Kirche eine von Drenckhahn angefertigte Kopie davon aufzustellen. Seit 1911 befindet sich eines der beiden Glasgemälde, nämlich dasjenige mit Zwirns Monogramm, somit in Bern (BHM Bern, Inv. 6893).
Der Weinbau, der in den Wappen der Gemeinde und Kirchgemeinde angesprochen wird, ist auch das Thema der Oberbilder. Während Jahrhunderten wurden am Thunersee Reben gepflanzt und Wein gekeltert, denn im Mittelalter herrschte dort ein sehr mildes Klima. Der Weinanbau wurde später jedoch durch Klimaveränderungen, Rebkrankheiten, Weinsteuern und Konkurrenzdruck der Westschweiz stark beeinträchtigt und 1910 vollständig aufgegeben, jedoch im 20. Jahrhundert wieder aufgenommen (Ganz 2002).
Die Scheiben der Stadt Unterseen, der Landschaft Hasli und die Doppelscheibe von Oberhofen und Hilterfingen sahen Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen 1896 in der Kirche Ringgenberg auf der Südseite des Langhauses.
Datierung
1671
StifterIn
Oberhofen, Hilterfingen, Gemeinden, Kirchgemeinden
Herstellungsort
Eigentümer*in
Kirchgemeinde Ringgenberg.
Die Unterhaltspflicht der neun (acht) 1911 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).