Forschung
Der wie Hans Bauer 1640 in Oberhofen ansässige Ulrich Frutiger nennt sich in der Stifterinschrift Stiftsschaffner. Weil einige Angehörige der Familie Frutiger im späten 17. und im 18. Jahrhundert Schaffner des Bächiguts bei Hünibach (Hilterfingen/Oberhofen) am Thunersee waren, dürfte auch er dort als Schaffner gewirkt haben. Dieses Bächigut war von 1459 bis 1528 im Besitz der Kartause Thorberg. Bei der Reformation ging es an den Staat Bern über, der das ehemalige Klostergut Bächi als Lehen an dortige Landleute verpachtete (von Mülinen 1879, S. 15f. und Teil IV, S. 258).
Die Oberbildszene mit dem Bethlehemitischen Kindermord und mit der sich auf die Anbetung des Jesuskindes durch die Heiligen Drei Könige beziehenden Bildlegende stammt offenbar aus einer Scheibe, in deren Zentrum diese Anbetungsszene festgehalten war. Im Bayerischen Nationalmuseum in München befindet sich interessanterweise eine Scheibe, die im rechten Oberbild die identisch gestaltete Szene des Bethlehemitischen Kindermords und im Hauptbild die Anbetung der Heiligen Drei Könige zeigt (Inv. Nr. G 801; Hans Brunner, Interlaken, undatiert, 29,50 x 20,50 cm; vgl. Schinnerer 1908, Kat. Nr. 258). Auch die Inschrift auf den beiden Oberbildern entspricht derjenigen der als Flickstücke eingesetzten Oberbildern der vorliegenden Scheibe. Da die Scheibe in München mehrere Flickstücke aufweist und auch ihre beiden Oberbilder einen unterschiedlichen Schriftduktus aufweisen, ist schwierig zu beurteilen, wie sie im Originalzustand aussah. In stilistischer Hinsicht unterscheiden sich die beiden Scheiben. Sie stammen sicher nicht aus derselben Werkstatt, möglicherweise lag ihnen aber eine gemeinsame Vorlage vor.
Wie aus dem Vergleich mit dem Monogramm von Kaspar Lohner auf der Stiftung der Landschaft Äschi von 1624 im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 2999) hervorgeht, handelt es sich bei dem auf der vorliegenden Scheibe hinter der Jahreszahl festgehaltenen schnörkelhaft wirkenden Zeichen um die Initialen dieses Thuner Glasmalers. Darauf weist auch die stilistische Verwandtschaft der Scheibe zu Werken Lohners wie beispielsweise den 1623 entstandenen Glasgemälden Pieren/Lauber und Jakob Rubis im Bernischen Historischen Museum hin (BHM Bern, Inv. 6515, 32487).
Für die Darstellung der Hochzeit zu Kana verwendete Lohner die gleiche Vorlage wie der Berner Glasmaler, der 1651 die dem gleichen Thema gewidmete Bildscheibe für Hans und Jost Joder sowie ihren beiden Frauen anfertigte (Kat. Stuker 2017, Nr. 1104).
Datierung
1640
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Seit 1905 Bernisches Historisches Museum
Vorbesitzer*in
Offerte Zimmermann an das BHM Bern (laut Notiz auf Foto SNM Zürich).
Inventarnummer
BHM 5630