Forschung
Aufgrund der stilistischen Nähe zur Wappenscheibe Praroman-Affry 1580 (FR_60), auf der er ein angebliches Monogramm I K zu sehen glaubte, schrieb Max de Techtermann die Scheibe dem Freiburger Glaser Jakob Kessler d. Ä. zu (Archiv MAHF Brief an den Staatsrat und Direktor des Kulturministeriums / Directeur de l'instruction publique vom 18.12.1905; Copies des lettres V, p. 121–123). Beide Scheiben sind aber mit dem Glasmaler Christoph Heilmann in Zusammenhang zu bringen, der zwei Werke aus dem späten 16. Jahrhundert mit seinem Monogramm CH signierte (FR_7 und FR_267). Trotz der rund zwanzig dazwischenliegenden Jahre Stilentwicklung erkennt man unschwer die gleichen gelängten Figuren und die identischen Formen der Helmdecke sowie den harten, spitzigen Zeichenstil. Die Scheibe Werly stimmt – unter Berücksichtigung der fehlenden Inschrift – kompositorisch und formatmässig so sehr mit der Scheibe Christoph von Praromans aus dem Jahr 1577 (FR_59) überein, dass man sicher an die gleiche Entstehungszeit, vielleicht sogar an die gleichen Stiftungsumstände denken darf. Auf eine Datierung vor 1582 weist auch das Wappen, denn erst in diesem Jahr erhielt Hans Werly (* um 1510) vom französischen König Heinrich III. das Privileg, sein Stierwappen mit zwei goldenen Lilien zu bereichern (Bemerkenswerterweise besitzt der Stier in der Helmzier hier jedoch schon einen Ansatz einer Lilie). Hans Werly, dessen Sohn Niklaus um 1600 eine Scheibe aus der Hand des gleichen Glasmalers verschenkte (vgl. FR_71), dürfte wohl auch der Stifter dieser Scheibe gewesen sein. Leider ist von ihm und seiner militärischen Karriere nicht sehr viel bekannt. Der Sohn Jakob Seilers – die Familie nannte sich zunächst Cordeir, seit dem 15. Jahrhundert Seiler und seit dem frühen 16. Jahrhundert Werly – war seit 1548 für das Auquartier Grossrat, 1550–1555 Vogt von Grandson, 1551–1555 Sechziger. Er besass seit 1555 das Gut Balliswil und war in erster Ehe mit Emma von Lanthen-Heid, in zweiter mit Barbara Ruginet verheiratet. 1582 erwarb er die Herrschaft Vuissens aus dem Konkurs Ulrich von Englisbergs (FR_49; Vgl. Amman 1923/1924. S. 65). 1584 war er Ritter vom Goldenen Sporn und 1584–1587 Verwalter der Komturei St. Johann.
Wie auf der Scheibe Praroman (FR_59) mahnt auch hier im Oberbild eine Szene aus der antiken Geschichte zu Tugendhaftigkeit. Die Legende von Marcus Curtius findet sich bei Titus Livius (59 v. Chr. –17), seit dem Mittelalter auch in den Gesta Romanorum (Ab urbe condita VII, 6. Trillitzsch 1973. S. 89, Nr. 43). Sie ist als Beispiel der Opferbereitschaft eines römischen Helden in humanistischen Kreisen ein sehr beliebtes Thema. Nachdem sich bei einem Erdbeben im Jahr 362 auf dem Forum seiner Stadt Rom ein Abgrund aufgetan hatte, der mit menschlicher Kraft nicht aufzufüllen war, befragte man die Götter. Diese versprachen, dass sich die Kluft schliessen würde, wenn die Bürger ihr kostbarstes Gut hineinwerfen würden. Aber auch alle materiellen Kostbarkeiten verschlang der Abgrund ohne Wirkung. Da erkannte der tapfere Jüngling Marcus Curtius, dass das wertvollste Gut nicht Gold, sondern kriegerische Tapferkeit, Einsatz fürs Vaterland und Opferbereitschaft sei. Er stürzte sich, dem Orakel folgend, in prächtigster Rüstung mit seinem Pferd hinein, worauf sich der Spalt schloss. Der hier entstandene Sumpfsee wurde später zu seinem Gedenken Lacus Curtius genannt.
Der gleiche Glasmaler stellte dieses Thema nochmals 1575 auf einer Scheibe des Humbert Gady dar (FR_351).
Datierung
Um 1575–80
Zeitraum
1575 – 1580
Eingangsdatum
1905
StifterIn
Schenker*in / Verkäufer*in
Antiquar Rodolphe Grumser, Freiburg
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
1905 von Rodolphe Grumser, Antiquar in Freiburg, erworben.
Inventarnummer
MAHF 2004-089 (alt MAHF 3399)