Forschung
Die Scheibe stellt vier Szenen aus der Endzeit im Leben des Einzelnen dar. Das Dasein des mittelalterlichen und neuzeitlichen Menschen war geprägt vom Diesseitsbild eines guten Todes und vom Jenseitsbild eines glücklichen Lebens im Himmel, wofür möglichst Vorsorge getroffen wurde. Vergänglichkeitsvorstellungen sind daher im 16. und 17 Jahrhundert auch Themen der Schweizerscheibe. Nach der irdischen Existenz folgt die Läuterung der Seele und der Eintritt ins ewige Leben oder ohne sie in die ewige Verdammnis (Vgl. hier auch: Kürzeder 2007. S. 68–73). Am Jüngsten Tag belohnt Christus im Weltgericht die Guten mit dem ewigen Leben im Himmel und bestraft die Schlechten mit den ewigen Qualen in der Hölle. Die Ikonographie der sogenannten “Vier letzten Dinge” geht wahrscheinlich auf das Sterbebüchlein "Cordiale quatuor novissimorum" zurück, das um 1430 wohl von Gerard de Vliederhoven verfasst wurde und im 15. und 16. Jahrhundert weit verbreitet war (Göttler 1996. S. 257; Nach Malke 1976 stand am Anfang das Erbauungsbuch des niederländischen Kartäusers Dionysius Cartusianus, genannt van Rijkel (1402/03–1471) “De quartuor hominis novissimis”). Es behandelt in vier Kapiteln den Tod, das Jüngste Gericht, die Hölle und das Fegefeuer sowie das himmlische Paradies (Himmel, Hölle, Fegefeuer 1994. S. 320–321, Nr. 118). Vierteilige Darstellungszyklen sind schon im 15. Jahrhundert überliefert, werden aber als mehrheitlich kleinformatige Affektbilder durch den Jesuitenorden v. a. im späten 16. und frühen 17. Jahrhundert verbreitet (vgl. auch die vier grossformatigen Tafelbilder des frühen 17. Jahrhunderts im Rathaus Sursee LU nach Kupferstichen von Raffael Sadeler. Renaissancemalerei in Luzern 1560–1650. Katalog der Ausstellung im Schloss Wyher, Ettiswil. Luzern 1986).
Mit ihrer Scheibenstiftung bezeugt das Freiburger Ehepaar seine Frömmigkeit und die Hoffnung, durch die Fürbitte Christi, Mariens und der Heiligen und durch ihre vollbrachten guten Werke auch das ewige Seelenheil zu erlangen. Scheibenstiftungen, die dieses Thema explizit aufgreifen, sind selten. Das Schweizerische Nationalmuseum Zürich besitzt ein fragmentarisches Glasgemälde um 1670 mit den gleichen vier Szenen, denen ein weiteres Register mit zwei nicht zugehörigen Oberbildszenen angefügt wurde (Inv.-Nr. IN 64/24; Schneider 1971. Bd. II. S. 325, Nr. 643. Foto SLM 73625; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 136.1).
Ein Christu Fasel wird als Vater Joseph Fasels erwähnt, der aus Medenwil in der Pfarrei Tafers 1688 als Hintersäss in Freiburg empfangen wurde (StAF I, 7 Hintersässenrodel III, fol. 92r). Das Niederlassungsgeld wurde ihm aufgrund der Treue seines seligen Vaters bei den Wirren von 1653 erlassen (S. auch Généalogies Raemy et Corpateaux 21.I. Généalogies Schneuwly IX.6 [Fasel]). Christoph Fasel war vor 1661 Kirchenpfleger zu Tafers und 1662 auch Jahrzeitmeister der Kirche zu Tafers (StAF RM 212, 1661, p. 23 [19.1.1661]; Ratserkanntnussbuch 29, fol 571v [7.7.1662]). 1661 kaufte "Christou Fasel von Mydenwyll" eine Weide, und am 18.6.1680 setzte "Christen Fasel von Midenwyl kilchöry Taffers" sein Testament auf, in dem er seine liebe Hausfrau Elsbeth Brünisholz als Erbin einsetzte (StaF RN 302, fol. 10v–11r [29.1.1661] und fol. 149r–151v [18.6.1680]). Die Fasel sind im Kanton Freiburg seit 1503 unter diesem Namen mehrfach belegt und führten in leichten Varianten das nach rechts oder links gewendete, natürliche oder silberne Schwein in ihrem Wappen. Es ist ein sprechendes Wappen, denn mit “Fasl” bezeichnete man ein drei Monate altes Schwein (s. Schmutz/Haas 2000. S. 160). Zudem war die Familie vielfach im Schweinehandel tätig, was ihnen auch den Über- oder Beinamen "Fasl-schwyy" einbrachte (Briefverkehr StAF Dossier armoiries F).
Möglicherweise entstand das Glasgemälde Jost Hermanns für die Pfarrkirche in Tafers, wo der Stifter um diese Zeit auch Kirchenpfleger war.
Datierung
1657
Eingangsdatum
1881
StifterIn
Fasel, Christoph († vor 1688) · Brünisholz, Elsbeth (?–?)
Schenker*in / Verkäufer*in
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
Inventarnummer
MAHF 3286