Forschung
Höchstwahrscheinlich handelt es sich hier um eine Stiftung Humbert von Praromans, von dem sich weitere inschriftlose Scheiben im Musée des Beaux-Arts in Lyon (1529) (Stückelberg 1891. S. 582; Staehelin 1923. S. 102, Abb. 134; Galbreath 1947. S. 66; Recensement CV France III 1986. S. 305, D. 191), im Heylshof Worms (1534) (unpubliziert) und in unbekanntem Besitz (1542) (Foto SLM 12310. Ehem. von Tscharner, Amsoldingen. Auktion Stuker 1980, Nr. 6520 [dort 1547 dat.]) erhalten haben (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 6.1, 297.1, 297.2). Humbert von Praroman, Sohn des Rudolf (Nach Thürler 1977. S. 17 Sohn des Jakob), wurde als Student 1499 in Schlettstadt im Elsass verhaftet und gefangengehalten. Nach seiner Rückkehr in Freiburg wurde er 1511–1516 in den Grossen Rat gewählt. 1514–1516 amtete er als Landvogt in Mendrisio und stieg 1516 in den Kleinen Rat auf. Er erhielt 1518 von seiner Mutter Barbli das Schloss Tasberg (Kopp 2008. S. 54). 1520 erwarb er sein Bürgerrecht mit seinem Haus in der Reichengasse. 1526–1527 war er Gerichtsherr, 1527–1528 Vogt von Corserey, 1528–1531 Schultheiss von Freiburg und 1531–1534 Vogt von Plaffeien. Humbert von Praroman war dreimal verheiratet. Er ehelichte 1515 Christophe de Colombier aus dem Waadtland, Tochter des Jacques und Witwe des Jacques Mestral, Herrn von Cottens. 1518 war er mit Franziska aus unbekanntem Geschlecht verheiratet. Einen dritten Ehevertrag ging er am 18.10.1540 mit Perrissone Carmentrand ein. Aus der 1’800 Pfund umfassenden Schenkung, die sie von ihrem Mann 1547 bekam, ersieht man, wie vermögend Humbert von Praroman gewesen sein muss, der am 4.10.1547 verstarb (StAF RM 65, 1547/48, p. 99 [4.10.1547]). 1515/16 hatte er mit Peter Falck eine Wallfahrt nach Jerusalem unternommen, wo er die dargestellten Orden erwarb. Die Scheibe muss also kurz danach entstanden sein. Wenn auch die Ordensembleme wahrscheinlich später ergänzt wurden, ist kaum an ihrem ursprünglichen Vorhandensein zu zweifeln.
Der Stiftungsort des Glasgemäldes bleibt unklar. Seit unbestimmter Zeit und bis in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts zierte es die Kapelle St. Gorgonius des Schlosses von Balterswil, einem Weiler unweit von Bürglen (Dellion XI, 1901. S. 189–190 [dort als Scheibe mit den Wappen Praroman und Estavayer beschrieben?]. Bei Anderes 1963 noch immer unter dem Standort Balterswil). Die Praroman wurden erst 1652 Besitzer des Schlosses, als Wilhelm Heimo seinen "fryen schönen Meyerhof zu Balterswyll" dem Junker Niklaus Erhart von Praroman verkaufte (Kopp 2008. S. 35. Seit 1706 bis 1850 Fideikommiss). Ob die Scheibe eine Stiftung Humbert von Praromans an die damaligen unbekannten Besitzer war oder vielleicht erst später durch Ankauf nach Balterswil kam, ist aufgrund der Quellenlage ungesichert.
Der Stil Rudolf Räschis verrät sich in den dünnen Säulchen und der zierlichen Zeichnung von Wappen und Damastgrund. Auch das Motiv des kissen- oder wulstartigen geknickten Kämpfers findet sich in seinen unter Berner Einfluss stehenden Werken (vgl. die Wappenscheibe Dorothea von Erlachs im Kreuzgang Wettingen. Anderes 1963. Abb. 120; Hoegger 2002. S. 322–323: einer Berner Werkstatt zugeschrieben; vgl. FR_20).
Datierung
Um 1516/20
Zeitraum
1516 – 1520
Eingangsdatum
Mai 2003
StifterIn
Praroman, Hubert von († 1547)
Schenker*in / Verkäufer*in
Fritz Sauser und Agnes im Obersteg, Innerberg.
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
Einst in der Kapelle St. Gorgonius des Schlosses Balterswil. 1976 im Handel Sybill Kummer-Rothenhäusler, Zürich. 2003 Schenkung Fritz Sauser und Agnes im Obersteg, Innerberg.
Inventarnummer
VMR 408