Forschung
Obwohl das Glasgemälde sehr schlecht erhalten ist, bietet es für die Forschung doch interessante Ansatzpunkte. Im Zusammenhang mit der Scheibe steht nämlich eine Zeichnung, die 1557 datiert ist und mit einem Schweizerdolch signiert ist, wie ihn u. a. Niklaus Manuel Deutsch (um 1484–1530) als Signatur benutzte (Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 303.1). Die lavierte Federzeichnung, die zeigt, wie das fragmentarisches Glasgemälde zu ergänzen wäre, befand sich 1916 in der Sammlung Charles Eggimann in Paris und ist heute leider verschollen (Foto SLM 16946). Allein anhand der Schwarzweissaufnahme ist daher nicht sicher zu klären, ob Datum und Signatur mit der Zeichnung einhergehen oder ob sie später zugefügt wurden. Aus stilistischen Gründen ist denkbar, dass es sich hier um die Kopie einer älteren Zeichnung oder eines Gemäldes handeln könnte, da auch in der Strichführung Unsicherheiten feststellbar sind. Motivisch könnte eine Zeichnung für die linke Hälfte eines bogenförmig abgeschlossenen Wandgemäldes, möglicherweise aber auch ein Entwurf für den linken Teil eines Fensterbogens oder das Gemälde bzw. Glasgemälde selbst Pate gestanden haben.
Das zweite Werk, das mit der vorliegenden Scheibe in Zusammenhang steht, ist ein Hinterglasgemälde, das heute im Corning Museum of Glass aufbewahrt wird (Corning Museum of Glass, Corning New York, Inv.-Nr. 56.3.192. Ryser 2006. S. 243–253; Hasler 2010. S. 132, Abb. 107; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 303.2). Es ist 1526, d. h. einige Jahre früher als die Zeichnung datiert und weicht insofern von dieser und dem Glasgemälde ab, als es den halben Blattrankenbogen nicht übernimmt. Dennoch ist die Komposition auch hier durch einen imaginären Bogen begrenzt und der linke obere Zwickel des Rechteckbildes etwas verlegen mit Architekturstaffage ergänzt. Frieder Ryser schrieb das Hinterglasbild dem Schaffhauser Maler und Glaser Thomas Schmid (um 1485–1550/60) zu, dem im Kloster St. Georgen zu Stein am Rhein T. S. monogrammierte Wandgemälde (1515/16) und im Museum zu Allerheiligen Schaffhausen ein Tafelbild auf Holz mit dem Kindermord zu Bethlehem (Inv.-Nr. A 585, Depositum der Gottfried Keller-Stiftung) zugewiesen werden. Dort finden sich gewisse Bildmotive und stilistische Reminiszenzen in Figuren und Farbpalette des Hinterglasbildes wieder. Dass ein der Glasmalerei kundiger Meister für das Hinterglasgemälde verantwortlich zeichnet, ist aus technischen Beobachtungen unbestritten. In Schaffhausen waren zahlreiche Glasmaler auch in der Malerei und Hinterglasmalerei bewandert. Rolf Hasler konnte in seinem Corpus-Band über die Schaffhauser Glasmalerei Thomas Schmid allerdings nicht vorbehaltlos als Glasmaler festmachen und mit Werken belegen. Die Glasmalerei des deutschen Bodenseegebietes ist kaum erforscht, so dass bislang gezogenene Vergleiche mit erhaltenen Scheiben (Bergmann 2004. S. 183, Kat.-Nr. 8. Yves Jolidon 2016 schreibt der Werkstatt auch ein 1536 datiertes Hinterglasbild mit der volkreichen Kreuzigung zu. Heute verschollen. Vgl. auch Staffelbach 1951. S. 18–19, 176, Nr. 23, Taf. 7, Abb. 13) in diesem Rahmen kaum befriedigend gelöst werden können.
Tatsächlich weicht das Glasgemälde in Romont eher von den Schaffhauser Scheiben der Zeit ab. Die stilistischen Motive verweisen vielmehr nach Bern, wo zu dieser Zeit Niklaus Manuel Deutsch (um 1484–1530) neben Gemälden auch Glasgemälde und Entwürfe schuf. Wenn auch der Schweizerdolch als Signatur der Fedezeichnung keinen zwingenden Nachweis liefert, da dieses Signum in seiner Nachfolge gerne weiterverwendet und ebenso in anderen Regionen, u. a. in Schaffhausen durchaus rege benutzt wurde, so finden sich doch auf einer von Niklaus' Sohn Hans Rudolf Manuel (1525–1571) monogrammierten Bildscheibe mit der Darstellung Christi vor Pilatus eine ganz ähnliche Landschaft und vergleichbare breite Gesichter (Bernisches Historisches Museum Inv.-Nr. 1895. Aus der Sammlung Vincent. Rahn 1890. Nr. 34; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 303.3; BE_1361).
Datierung
Um 1540/50
Zeitraum
1530 – 1560
Eingangsdatum
Dezember 2007
StifterIn
Schenker*in / Verkäufer*in
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in
Vorbesitzer*in
1964 und 1966 im Luzerner Kunsthandel. Im Dezember 2007 an der Auktion Koller, Zürich, erworben.
Inventarnummer
VCR 2007.1