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FR_382: Wappenscheibe Simon Peter Meyer 1655
(FR_Privatbesitz_FR_382)

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Titel

Wappenscheibe Simon Peter Meyer 1655

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Hermann, Jost · zugeschrieben
Datierung
1655

Ikonografie

Beschreibung

Über einem gelben Fliesenboden und vor goldenem Rankengrund steht das Wappen des Stifters, das kreuzweise von Mahnworten begleitet wird, die zur Befolgung der allegorisch dargestellten Tugenden aufrufen: Links steht "Fidelitas" (die Treue) vor einer Architekturöffnung. Die Frauengestalt trägt einen Ring in der Linken und führt als Symbol der Treue einen Hund an der Leine. Rechts steht "Constantia" (die Standhaftigkeit) als gerüsteter Krieger, der seine schwertführende Hand unerschütterlich ins Feuer hält. Die aus der römischen Erzählung herausgelöste Mahnfigur des Helden Mucius Scaevola hatte bereits 1608 der Freiburger Obrigkeit als Vorbild gedient, als es diese Tugendhaftigkeit in den Standesscheiben darzustellen galt (vgl. FR_226, Bergmann 2014. Bd. 1. Abb. 259). Oben verweist die Darstellung der Kreuzigung mit dem Beiwort "Religionis" auf die Glaubensfestigkeit, während am Fuss der Scheibe "Libertatis" (die Freiheit) durch Tells Apfelschuss symbolisiert wird. Zu Seiten der Inschrifttafel legt links Tell die Armbrust auf den Apfel an, der dem rechts an eine Säule gebundenenen Knaben auf den Kopf gelegt wurde, während ein Diener Gesslers den aufgesteckten Hut bewacht. Im Oberbild tobt in befremdender Art zu Seiten der Kreuzigung eine kriegerische Auseinandersetzung, die den Angriff einer Kavallerie auf eine Fusstruppe zeigt. Die darunterliegende Devise mit dem Datum nimmt die ganze Breite der Scheibe ein, um den Bildinhalt zu erläutern: “Diese von Hand umgestürzten [oder zerstörten] Zeichen verteidigen wir mit Waffen” [oder “werden wir verteidigen”].

Iconclass Code
11 · christliche Religion
45H3 · Schlacht
46A122(MEYER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (MEYER)
51E11 · Freiheit; Ripa: Libertà
53A21 · Beständigkeit, Beharrlichkeit; Ripa: Tenacità
57A62 · Treue; Ripa: Fedeltà
73D6 · die Kreuzigung Christi: der Kreuzestod; Golgatha (Matthäus 27:45-58; Markus 15:33-45; Lukas 23:44-52; Johannes 19:25-38)
82A(WILLIAM TELL) · Wilhelm Tell
98B(SCAEVOLA, C.M.)61 · Gaius Mucius Scaevola vor Porsena: er streckt seine rechte Hand in die Flammen (der Leichnam des königlichen Sekretärs, der irrtümlich anstelle von Porsena getötet worden ist, kann zusätzlich dargestellt sein)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Meyer: In Silber ein schwarzer Schrägbalken, belegt mit zwei silbernen Pfeilspitzen; Helm: silbern mit goldenen Spangen, Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: schwarz und silbern; Helmzier: ein wachsender Männerrumpf mit schwarz-silberner Kopfbinde, in silbernem Kleid mit dem schwarzen Balken des Schildbildes.

Inschrift

Stifterinschrift: [SI]MON PETRVS / ...ER EQVES / ...AC PVBLI,, / ...TARII / ..II.
Bildinschriften: (Oben): Religionis, (links): Fidelitate, (rechts): et Constantia, (unten): libertatis.
Devise: Manibus euersis signa haec tutab[a oder i]mur armis. 1655.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Im Fussteil durch Flickstücke stark gestört. Einzelne Sprünge und zahlreiche Notbleie.

Technik

Farbloses Glas. Rotes Glas als Flickstück. Bemalung mit Schwarzlot und Silbergelb in verschiedenen Farbstufen, Eisenrot sowie blauen Schmelzfarben. Violette Schmelzfarbe nur im Flickstück.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Simon Peter Meyer, Sohn des Ratsschreibers Niklaus Meyer, erneuerte sein Bürgerrecht 1633. Er kam 1635 als Vertreter des Burgquartiers in den Grossen Rat und 1645 in den Rat der Sechzig. 1648 stieg er in den Kleinen Rat auf, wirkte 1650–1652 als Zeugmeister und 1653–1655 als Bürgermeister, bevor er 1663 das höchste politische Amt eines Schultheissen erreichte, das er bis zu seinem Tod 1678 achtmal ausübte. Der Staatsmann führte den Titel eines Ritters und war mehrfach Gesandter. 1656 gehörte er zum Schiedsgericht, das nach dem ersten Villmergerkrieg mit der Schlichtung der streitigen Fragen beauftragt war. Simon Peter Meyer starb am 18.10.1678, nachdem er sein Testament schon am 28.6.1662 verfasst hatte (StAF Stadtsachen B 339). Mit ihm verlor Freiburg einen Mann, "der zu gutem dises standts vnndt vnnsers bewerten vatterlandts seine hohe qualiteter vnndt talenten, deren er reichlich von dem algütigen vor anderen begabet geweßen, äussersten fleisses geübt vnd jederweilen angewendet hat" (StAF RM 229, 1678, p. 301 [19.10.1678]). Sein Schwager, Hauptmann Johann Daniel von Montenach, hatte ihm 1634 ein Werk Wolfgang Kilians über die Familie von Habsburg geschenkt (Eigentliche Contrafacturen 1629. Kantons- und Universitätsbibliothek Freiburg).
Die Bildaussage der Scheibe muss im Kontext der damaligen konfessionellen Spannungen gesehen werden. In Anspielung auf die “umgestürzten Zeichen” des Bildersturms ruft sie zur Bewahrung der alten katholischen Religion und zum Kampf gegen den reformierten Glauben auf. Denn erst durch die Einhaltung der Treue und Standhaftigkeit erlangt der gläubige Mensch die Freiheit. Mit der Scheibe des Lausanner Bischofs Johann von Wattenwyl (FR_366) gehört das Glasgemälde zu den Zeugnissen religiöser Auseinandersetzungen mit gegenreformatorischem Inhalt. Es belegt auch sehr deutlich den Einfluss, den das Freiburgische Patriziat in den kirchlichen Belangen der Stadt besass. Das programmatische Glasgemälde entstand im Vorfeld des ersten Villmerger Kriegs von 1656, in dem die katholischen Orte die Bundesreform von 1655 des Bürgermeisters Johann Waser von Zürich ablehnten, da sie den Verlust ihrer politischen Dominanz befürchteten. Als Gesandter vertrat der Staatsmann Simon Peter Meyer in den Verhandlungen der eidgenössischen Orte an den Tagsatzungen und im Schiedsgericht des Villmergerkrieges den katholischen Standpunkt Freiburgs.
Eine zehn Jahre ältere, sehr ähnlich aufgebaute, doch fragmentarische Scheibe Simon Peter Meyers, der 1655 als Bürgermeister amtete und später das höchste Amt des Schultheissen erreichte, befindet sich heute im Museum für Kunst und Geschichte in Freiburg (FR_126). Fragmente einer Scheibenstiftung Simon Peter Meyers haben sich auch in einer Kompositscheibe mit der Inschrift Tobias Gottraus 1685 im Musée Grobet Labadié in Marseille erhalten (Inv.-Nr. SN-MGL-16. Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 382.1).
Das vorliegende Glasgemälde ist wie die anderen fragmentarischen Scheiben Meyers aus stilistischen Gründen dem Freiburger Glasmaler Jost Hermann zuzuschreiben.

Datierung
1655
Eingangsdatum
Unbekannt
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Privatbesitz

Vorbesitzer*in

Unbekannt.

Bibliografie und Quellen

Literatur

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 382.

Vgl.

Amman, François-Nicolas. Extraits des Besatzungen 1448–1840 (Staatsarchiv Freiburg Rg 1). S. 6, 21, 69, 165, 282, 291.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) V, 1929. S. 100, Nr. 8.

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) IV, 1928. S. 740, Nr. 8.

Foerster, Hubert. Liste alphabétique et chronologique des avoyers, baillis, bannerets, bourgmestres, conseillers, membres des 60 et des 200, péagers de la Singine, secrétaires du Conseil et trésoriers 1399–1798. Fribourg 2008. (Staatsarchiv Freiburg Rg 3). S. 125.

Staatsarchiv Freiburg (StAF): Ratsmanuale (RM), Stadtsachen.

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Privatbesitz_FR_382
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (Foto: Yves Eigenmann)
Aufnahmedatum
2013
Copyright
© Rechteinhaber
Eigentümer*in

Privatbesitz

Inventar

Referenznummer
FR_382
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema von Wappenscheibe Simon Peter Meyer 1655