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FR_402: Wappenscheibe mit Inschrifttafel Abraham Dick und Esther Rätzer 1698
(FR_Privatbesitz_FR_402)

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Titel

Wappenscheibe mit Inschrifttafel Abraham Dick und Esther Rätzer 1698

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Müller, Johann Jakob · zugeschrieben
Datierung
1698

Ikonografie

Beschreibung

Das Mittelbild nehmen die beiden Vollwappen der Stifter ein. Dahinter entwickelt sich vor einem von Pilastern getragenen roten Flachbogen eine blaue Säulenarchitektur, deren Architrav teilweise vom Oberbild mit dem kommentierenden Inschriftband verdeckt wird. Die Bildszenen aus der Genesis werden durch eine kleine Säule über einer Puttenkopfbasis voneinander getrennt. Links vertreibt der Engel die dürftig mit Fellen bekleideten Adam und Eva aus dem von Tieren bewohnten Paradies. Rechts ist das erste Menschenpaar bei der Arbeit dargestellt. Eva sitzt am Spinnrocken, zu ihren Füssen spielt ihr Sohn mit einem Hund, während Adam das Feld bestellt. Den Fussteil der Scheibe bildet anstelle der ursprünglichen Inschrifttafel, die sich auf die Wappen im Mittelbild beziehen müsste, ein Flickstück, das wahrscheinlich aus einer anderen defekten Scheibe der gleichen Serie entstammt. Zwischen den in ovale Lorbeerkränze gefassten Wappen Dick und Rätzer steht ihre Stifterinschrift.

Iconclass Code
46A122 · Wappenschild, heraldisches Symbol
46A122(DICK) · Wappenschild, heraldisches Symbol (DICK)
46A122(RÄTZER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (RÄTZER)
71A6 · Vertreibung Adams und Evas aus dem Paradies (Genesis 3:22-24)
71A72 · Adam (und Eva) bei landwirtschaftlichen Arbeiten
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Steiger (?) / Steinegger (?): In Schwarz ein steigender rotbewehrter silberner Steinbock; Helm: blau mit goldenen Spangen, goldenen und silbernen Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: schwarz und silbern; Helmzier: der wachsende silberne Steinbock.
Wappen Rätzer: In Gold ein steigender roter Löwe; Helm: blau mit goldenen Spangen, silbernen Beschlägen und goldener Kette; Helmdecke: rot und golden; Helmzier: der wachsende rote Löwe.
Wappen Dick: In Rot über grünem Dreiberg ein silbernes Doppelkreuz; Helm: blau mit goldenen Spangen und goldener Kette; Helmdecke: rot und silbern; Helmzier: ein halber roter Flug mit dem Doppelkreuz des Schildbildes.
Wappen Rätzer: In Gold ein steigender roter Löwe; Helm: silbern mit goldenen Spangen und goldener Kette; Helmdecke: rot und orangegolden; Helmzier: der wachsende rote Löwe.

Inschrift

Stifterinschrift: Hr: Abraham / Dick, Stifftschaff: / ner in Zoffingen, / vnd Fr. Esther Rähzer, sein Ehegm: / in Gott sälig. 1698.
Bildinschriften (Links): Vmb den Vnghorsam, so sy thaten, / Ließ sy Gott auß dem garten jagen: Gen: 3. (Rechts): da Adam hackt, vnd Eva spann, / Wo war damahl der Edelmann: Gen: 3.

Signatur

Keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Erhaltung: Einzelne Notbleie und Sprünge. Mittel- und Oberbild mit dem Inschriftenteil einer anderen Scheibe des gleichen Glasmalers zusammengesetzt, grüner Balken über der Inschrift wohl ergänzt.

Technik

Farbloses Glas. Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und Eisenrot in verschiedenen Farbstufen sowie blauen Schmelzfarben. Schmelzfarben stellenweise radiert.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Familie Dick ist im Kanton wie in der Stadt Bern verbürgt. Abraham Dick wurde am 6.4.1651 als Sohn des Abraham und der Maria Gottier in Bern geboren. Er sass 1680 im Rat der Zweihundert in Bern und wirtete im Gasthaus zur Krone. 1691 war er Kaufhausverwalter, und 1694–1699 wurde er von Bern zum Stiftsschaffner von Zofingen, d. h. zum Verwalter des in der Reformation aufgehobenen Chorherrenstiftes eingesetzt. Er geriet daraufhin mit den Zofinger Wirten in Konflikt um das Weinausschankrecht des Stiftes. Der Schaffner wirtete nämlich in der Pintenschenke des Stiftshofes und konkurrenzierte damit die örtlichen Wirte. Abraham Dick war auch Mitglied der Zunft zum Affen in Bern. Er starb 1725. Sein Vater Abraham hatte 1676–1682 das gleiche Amt in Zofingen innegehabt. Die Scheibe, die dieser gemeinsam mit Hans Rudolf Müller 1668 stiftete, ist von Hans Heinrich Laubscher signiert (1974 bis mindestens 1977 im Besitz von Sibyll Kummer-Rothenhäusler, Zürich. Foto SLM 95087. Galerie für Glasmalerei und Hinterglas, Sibyll Kummer-Rothenhäusler. KAM Basel 17.–27.3.1977, Nr. 64; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 402.1).
Die Rätzer gehörten zu den regimentsfähigen Bürgergeschlechtern Berns (Wappenbuch der burgerlichen Geschlechter der Stadt Bern. Bern 1932. S. 92. Dort aber mit einem anderen Wappen verzeichnet). Abrahams Ehefrau Esther Rätzer (17.1.1634–vor 1698) war die Tochter des Hans Rudolf Rätzer und der Barbara Knecht. Sie heiratete Abraham Dick im Jahr 1676, nachdem ihr erster Ehemann, der Chirurgus und Kaufhausverwalter Jakob Lienhard 1673 verstorben war. Sie brachte zahlreiche Kinder in ihre zweite Ehe und gebar auch Abraham Dick noch sechs Kinder.
Auch das Frauenwappen im Mittelbild bezieht sich auf die Familie Rätzer. Das Wappen des Ehemannes kann jedoch nicht mit Bestimmtheit identifiziert werden. Der Steinbock im Schild könnte auf Geschlechter mit den Namen Steiger oder Steinegger hinweisen, die beide in Zofingen, aber auch in Bern verbürgt sind.
Beide Teile der vorliegenden Scheibe schuf der Zofinger Glasmaler Johann Jakob Müller (1660–1712) offenbar für einen lokalen Ort. Johann Jakob Müller, der wahrscheinlich bei Hans Ulrich Fisch II. in Aarau das Handwerk erlernt hatte, war der letzte Glasmaler in Zofingen. 1698 war er Zunftmeister. Bereits in seiner Eigenstiftung aus dem Jahr 1681 tritt seine besondere Ausdrucksform hervor, die seine freundlichen Figuren mit roten Wangen kennzeichnen (Lehmann 1945. S. 121–122, Abb. 30). Seinen Höhepunkt erreicht sein volkstümlicher Stil 1704 in der signierten Figurenscheibe der Schneidernzunft mit Darstellungen der ihr zugehörigen Handwerkskünste (Historisches Museum Zofingen. Foto SLM 12167, 3622–3634. Lehmann 1945. S. 127, Abb. 36–38; Bergmann 2014. Bd. 2. Abb. 402.2 Detail). Wie seine Zeitgenossen malte Müller nur noch mit Schmelzfarben und einem kräftigen Rotlot, waren doch die Farbgläser seit dem Dreissigjährigen Krieg selten und teuer geworden.

Datierung
1698
Eingangsdatum
Unbekannt
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Privatbesitz

Vorbesitzer*in

Unbekannt.

Bibliografie und Quellen

Literatur

Bergmann, Uta. Die Freiburger Glasmalerei des 16.–18. Jahrhunderts / Le vitrail fribourgeois du XVIe au XVIIIe siècle (Corpus vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 6 / époque moderne vol. 6). 2 Bde / vol. Bern et al. 2014. Bd. 2. Kat.-Nr. 402.

Vgl.

Morgenthaler, Hans. Die Gesellschaft zum Affen in Bern. Bern 1937. S. 280.

Historisch-Biographisches Lexikon der Schweiz (HBLS) II, 1924. S. 708 (Familie Dick).

Dictionnaire historique et biographique de la Suisse (DHBS) II, 1924. S. 666 (Familie Dick).

Dick, Karl Wilhelm. Aus der Geschichte einer bernischen Familie. In: Archives héraldiques suisses / Schweizer Archiv für Heraldik 46, 1932. S. 39–41 (Familie Dick).

Dick, Karl Wilhelm. Miscellanea. Zur Familie Dick. In: Archives héraldiques suisses / Schweizer Archiv für Heraldik 66, 1952. S. 91.

Dick, Karl Wilhelm. Die Familie Dick, der Burgeren zu Bern. In: Schweizer Familienforscher/Le généalogiste suisse 25, 1958. S. 106–109. (Stammliste Dick).

Lehmann, Hans. Glasmaler und Glasmalerei im alten Zofingen im Rahmen der Stadtgeschichte. Zofingen o. J. [1945]. S. 120–132 (Johann Jakob Müller).

Galerie für Glasmalerei und Hinterglas, Sibyll Kummer-Rothenhäusler. Kunst- und Antiquitätenmesse Basel 17.–27.3.1977, Nr. 64.

Hunziker, Edith, Bruno Meier, Annemarie Roth und Dominik Sauerländer. Zofingen vom Mittelalter bis 1798. Eine selbstbewusste Landstadt unter Habsburg und Bern. Baden 2004. S. 178–180.

P. Kessel. Berner Geschlechter. 2016. URL: http://www.bernergeschlechter.ch/humo-gen/family.php?database=humo_&id=F26650&main_person=I78020 (am 24.11.2016)

P. Kessel. Berner Geschlechter. 2016. URL: http://www.bernergeschlechter.ch/humo-gen/family.php?database=humo_&id=F26651&main_person=I78021 (am 24.11.2016)

Bildinformationen

Name des Bildes
FR_Privatbesitz_FR_402
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (Foto: Yves Eigenmann)
Aufnahmedatum
2012
Copyright
© Rechteinhaber
Eigentümer*in

Privatbesitz

Inventar

Referenznummer
FR_402
Autor*in und Datum des Eintrags
Uta Bergmann 2016

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema von Wappenscheibe mit Inschrifttafel Abraham Dick und Esther Rätzer 1698