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TG_267: Willkommscheibe Laurenz (Lorenz) Schewiler (Scheiwiler, Tscheienwyler)
(TG_Bischofszell_Ortsmuseum_TG_267)

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Titel

Willkommscheibe Laurenz (Lorenz) Schewiler (Scheiwiler, Tscheienwyler)

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Datierung
1579
Masse
32.3 x 21,2 cm im Licht

Ikonografie

Beschreibung

Das Vollwappen Laurenz Schewilers ist vor farblosem, schnurverziertem Grund auf die Rollwerkkartusche mit dessen Namen gesetzt. Links davon steht der in einen Halbharnisch und gefiederten Helm gekleidete Scheibenstifter. Einen Schweizerdolch am Gürtel tragend, umfasst er mit seiner Rechten einen Zweihänder, während er mit der Linken seinen Schild hält. Den Blick richtet er auf seine Gemahlin, die in grünem Rock, weisser Schürze und schwarzem Hut auf der gegenüberliegenden Seite dargestellt ist und ihm in ihrer Rechten den Willkommtrunk in einem Pokal anbietet. Hinter Figuren und Wappenschild erheben sich vier Säulen als Träger eines roten, aus Rollwerk gebildeten Gebälks, dessen Zentrum eine Löwenmaske ziert. Das zweigeteilte Oberbild zeigt im rechten Teil den Römerhelden Mucius Scaevola, der sich vor König Porsenna zum Zeichen seiner Unerschrockenheit die Hand verbrennt, nachdem er aus Versehen nicht diesen, sondern dessen Schreiber erdolcht hatte. Die linke Oberbildszene mit dem gekrönten, nur in ein Lendentuch und einen Mantel gehüllten König auf dem Thron (Christus?) ist ein altes Flickstück. Nach der Aufnahme in Hans Lehmanns Sudeley-Katalog von 1911 war an dessen statt ursprünglich ein weiterer Römerheld zu sehen, nämlich Marcus Curtius, der sich zu Pferd in den feuerspeienden Schlund stürzt.

Iconclass Code
33A1 · grüßen
41C121 · jemanden tränken, jemandem zu trinken geben
42D3 · Ehe, verheiratetes Paar, Ehestand; Matrimonium
42F1 · Hausfrau
46A122(SCHEWILER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (SCHEWILER)
98B(SCAEVOLA, C.M.)61 · Gaius Mucius Scaevola vor Porsena: er streckt seine rechte Hand in die Flammen (der Leichnam des königlichen Sekretärs, der irrtümlich anstelle von Porsena getötet worden ist, kann zusätzlich dargestellt sein)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Schewiler (Scheiwiler), Laurenz: Geteilt durch roten Balken, oben von Blau mit drei roten Rosen nebeneinander, unten von Gold mit blauem Anker; Helm: silbern; Helmdecke: golden und blau; Helmzier: ein blauer Anker zwischen

Inschrift

Lorentz Tscheienwÿler Burger / zu Bischoff zell 1579 ·

Signatur

keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Das linke Oberbild ist ein altes Flickstück. Die Abbildung im Sudeley-Katalog von 1911 zeigt stattdessen noch das originale Glas mit der Marcus Curtius-Szene. Zudem fehlt auf dieser Abbildung das rechte obere Eckstück (Klarglas) und der verbleite Sprung darunter ist auf der heutigen Scheibe nicht vorhanden. Beim Glasstück in der Ecke oben rechts handelt es sich demnach um eine (gut gemachte) neue Ergänzung. Sprünge und Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot und blauer Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Der Scheibenstifter dürfte mit dem um 1550 in Bischofszell als Sohn von Jakob Schewiler (Scheiwiler) geborenen Sohn Laurenz identisch sein, der in seiner Heimatstadt 1580 als Ratsherr nachgewiesen ist und der von seiner nicht namentlich bekannten Gattin die Söhne Jakob und Ulrich sowie die vier Töchter Katharina, Kleopha, Rosina und Sara hatte (Bischofszeller Geschlechter, 2019).
Das in der Scheibe festgehaltene Wappen ist nicht das übliche der Schewiler (Scheiwiler) von Bischofszell, das in Rot ein von zwei Sicheln beseitetes goldenes Hochkreuz auf beflammtem Dreiberg zeigt. Mit dem roten Balken, den Blumen in Blau (oben) und dem goldenen Feld (unten) teilt es vielmehr eine nahe Verwandtschaft mit dem Wappen der Scheiwiler von St. Gallen (Historisch-biographisches Lexikon der Schweiz, 6/1931, S. 155).

Hans Lehmann (1911) datiert die Scheibe wie Paul Boesch (1947, 1949) irrigerweise ins Jahr 1578. Zudem schreibt er sie dem Wiler Glasmaler Niklaus Wirt zu. Auch Boesch (1949) nimmt sie in seine diesem Glasmaler zugesprochene Werkgruppe auf, wobei er hinter die betreffende Zuweisung wegen des für Wirt atypischen Schriftcharakters allerdings eine Fragezeichen setzt. Aufgrund ihrer stilistischen Ähnlichkeiten zu Arbeiten des Schaffhauser Glasmalers Hieronymus Lang des Älteren darf aber eher eine Zuschreibung an diesen Meister in Betracht gezogen werden, zumal von ihm ähnlich komponierte Risse für Willkommscheiben bekannt sind. Als Beispiel dafür sei hier auf den in den 1570er Jahren entstandenen Entwurf für eine Glasgemäldestiftung Sebastian Säsers und Elisabeth Löws aus Engen (Hegau) in der Sammlung Lavater in Wien verwiesen (Canestrini, 2000, S. 93, LAV 93). Mit der von Hans Ulrich Stokar wohl kurz vor 1570 in Auftrag gegebenen Allianzwappenscheibe im Gemeindehaus Unterstammheim existiert darüber hinaus ein mit Lang in Verbindung gebrachtes Glasgemälde, das im Oberbild die beiden Szenen der Römerhelden Mucius Scaevola und Marcus Curtius in analoger Form wie (ursprünglich) auf der Scheibe Laurenz Schewilers wiedergibt (Hasler, 2010, S. 102, Abb. 74). Wohin die Scheibe ursprünglich gelangte, ist nicht bekannt.

Die Scheibe wird genannt in:
Lehmann, 1911, Nr. 164.
Boesch, 1947, S. 58, Nr. 5.
Boesch, 1949, S. 16, Nr. 33.
Ortmuseum Bischofszell, 1971, S. 35 (ausgestellt im Raum XI).
Knoepfli, 1975, S. 31 (Niklaus Wirt zugeschr.).
Reinhart, 1999, S. 41.

Datierung
1579
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1965 Historisches Museum Thurgau

Vorbesitzer*in

Bis 1911 Sammlung Lord Sudeley, Toddington Castle, England · Bis 1965 Bornhauser, Paris · 1965 Fritz Dold, Zürich

Inventarnummer
T 3069a (Historisches Museum Thurgau)

Bibliografie und Quellen

Literatur

Bischofszeller Geschlechter (2016). Schewiler, Laurenz. Abgerufen von: http://www.bischofszellergeschlechter.ch/humo-gen/family.php?database=humo_&id=F129&main_person=I243

Boesch, P. (1947). Sechs Rundscheiben von Bischofszell von 1660. Thurgauische Beiträge zur Vaterländischen Geschichte, Bd. 83.

Boesch, P. (1949). Die Wiler Glasmaler und ihr Werk. 89. Neujahrsblatt Historischer Verein des Kantons St. Gallen.

Canestrini, A. (2000). Die Scheibenrisse der Sammlung J.C. Lavater in Wien. Katalogisierung und Klassifizierung (Diplomarbeit Institut für Kunstgeschichte Wien, WS 1999/2000). Wien: Universität Wien.

Hasler, R. (2010). Die Schaffhauser Glasmalerei des 16. bis 18. Jahrhunderts. Corpus Vitrearum Schweiz, Reihe Neuzeit, Bd. 5. Bern etc.: Peter Lang.

Knoepfli, A. (1975). Bischofszell. Schweizerische Kunstführer. Basel: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte.

Lehmann, H. (1911). Auktion Galerie Helbing München, 4. Oktober 1911 (Sammlung Lord Sudeley Toddington Castle. Schweizer Glasmalereien vorwiegend des XVI. und XVII. Jahrhunderts).

Das Ortsmuseum Bischofszell (1971). Wegleitung, verfasst vom Amt für thurgauische Kunstdenkmäler-Inventarisation und Denkmalpflege.

Reinhart, H. (Red.) (1999). Die Erweiterung des Museums Bischofszell. Mitteilungen aus dem Thurgauischen Museum, Heft 32.

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_Bischofszell_Ortsmuseum_TG_267
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont
Aufnahmedatum
2018
Copyright
© Historisches Museum Thurgau
Eigentümer*in

Seit 1965 Historisches Museum Thurgau

Inventar

Referenznummer
TG_267
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020