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TG_297: Runde Bildscheibe Hans Jakob Dolder und Barbara Bötsch mit Elisa und den von Bären zerrissenen Knaben
(TG_Frauenfeld_HistMuseum_TG_297)

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Titel

Runde Bildscheibe Hans Jakob Dolder und Barbara Bötsch mit Elisa und den von Bären zerrissenen Knaben

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Datierung
1698

Ikonografie

Beschreibung

Das Hauptbild zeigt Elisa, den Jünger des Propheten Elisa, sowie die Knaben von Bethel, die ihn verspottet hatten und deshalb auf göttliches Geheiss von Bären zerrissen werden (2 Kg 2, 23f.). Die Szene rahmen zwei mit Löwenköpfen versehene Säulen, über denen sich in einer tonnenförmigen Tafel die Bildlegende befindet. Den Scheibenfuss füllt die von den Wappen Hans Jakob Dolders und Barbara Bötschs flankierte Stifterinschrift.

Iconclass Code
46A122(BÖTSCH) · Wappenschild, heraldisches Symbol (BÖTSCH)
46A122(DOLDER) · Wappenschild, heraldisches Symbol (DOLDER)
71N21 · zwei Bären kommen aus dem Wald und zerreißen die Kinder, die von Elischa verflucht worden sind, in Stücke
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen Dolder, Hans Jakob: In Blau auf grünem Dreiberg eine silberne Pflugschar, belegt mit den ligierten schwarzen Majuskeln HID.
Wappen Bötsch, Barbara: In Blau auf grünem Dreiberg eine gestürzte silberne Pflugschar.

Inschrift

Hans Jacob Dolder, / von Neüwenkirchen / des gerichts Zů Schönen / berg. Fr: Barbara Bötschin, / Sein Ehegemahel A:o / 1698.
Elisa wird verspott von mutwilligen Kinden / Wegen seins kahlen haupts die bald ihren Richter finden / Der prophet fluchet ihn zween Bären grimigklich / Der Knaben viertzig zween Zerriβen jämerlich. / Reg: 2 Cap.

Signatur

keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Ein Sprung und mehrere Sprungbleie.

Restaurierungen
Fritz Dold, Zürich

Technik

Monolithscheibe aus farblosem Glas; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb und Eisenrot sowie blauer, violetter und grüner Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Laut der Stifterinschrift stammte Hans Jakob Dolder aus Neukirch an der Thur (Bezirk Bischofszell), das zusammen mit Schönenberg, Kradolf und verschiedenen Einzelhöfen wie Halden, Schweizersholz oder Aspenreuti das vom bischöflichen Obervogt zu Bischofszell verwaltete Schönenberger Amt bildete. Dank der Ehebücher der evangelischen Kirchgemeinde Neukirch weiss man, dass sein Wohnsitz der Einzelhof Aspenreuti war und dass er am 29. Mai 1687 Barbara Bötsch aus Buhwil heiratete (Staatsarchiv Thurgau, Slg. 13.2.0/240).
Die Rundscheibe gehört zu einer Serie von mindestens dreizehn Rundscheiben, von denen sich zwölf ehemals im Museo Storico in Como befanden (Galerie für Glasmalerei; Fotos im Historischen Museum Thurgau). Nur diejenige von Hans Joachim Keller und Anna Scherb befindet sich noch heute dort. Alle Rundscheiben sind gleich wie die vorliegende aufgebaut und messen etwa 16 cm im Durchmesser. Die Stifter sind folgende:
Elisabeth Bornhauser, Weinfelden; Hans Heinrich Engeli und Maria Zumsteg, Sulgen; Barbara Schönholzer, Witwe des Georg Schwyzer, Wilen; Hans Heinrich Bornhauser, Weinfelden; Johannes Engeli und Anna Vogt, Schönenberg; Johannes Schweizer und Katharina Rutishauser, Schönenberg; Ulrich Schönholzer und Barbara Schönholzer, Wilen; Hans Joachim Keller und Anna Scherb, Sangen (Ortsteil von Weinfelden) (vgl. TG_84); Hans Heinrich Scherb und Anna Haffter, Weinfelden (vgl. TG_85); Hans Jakob Keller und Margaretha Engeli, Weinfelden (vgl. TG_486, TG_1375); Steffen Lerch und Barbara Foster, Leimbach; Anton Engeler und Euphrosina Glinz, St. Gallen. Alle Stifter stammen aus dem an St. Gallen angrenzenden Südosten des Thurgau. Wilen unterstand dem fürstäbtlich-sankt-gallischen Gericht Rickenbach, Leimbach gehörte zum Gericht Uerenbohl, das ebenfalls St. Gallen unterstand (Historisches Lexikon der Schweiz).
Johannes Engeli und Anna Vogt stifteten ausserdem 1691 eine von Jakob Forrer signierte Scheibe, die sich heute im Victoria & Albert Museum in London befindet (Inv. Nr. 929-1907; vgl. Boesch, 1955, S. 100).

Die meisten Rundscheiben der Serie bringen eine alttestamentarische Szene zur Darstellung (Prophet Elisa, Esther vor Ashaver, Daniel und der Drache, Judith und Holofernes, David und Saul, Joseph und seine Söhne, Adam und Eva im Paradies, Samson mit dem Eselskiefer, Tod aller Erstgeborenen, das goldene Kalb, Traum des Jakob). Ausnahmen sind die Scheiben Engeler/Glinz und Lerch/Forster mit einer Darstellung des Barmherzigen Samariters resp. der Steinigung des hl. Stephanus.

Als ursprünglicher Bestimmungsort kommt die auf halbem Weg zwischen Wilen und Weinfelden gelegene Johanniter-Komturei Tobel in Frage. Ein grosser Teil der Komtureigebäude, darunter das Gebäude mit dem Rittersaal, stürzte 1692 ein und wurde in der Folge neu erbaut (Knoepfli, 1955, S. 345). 1697 stifteten die Gemeinden Braunau und Tägerschen je eine von Hans Balthasar Gallati (1659 – 1734) geschaffene Rundscheibe dorthin (heute im Schweizerischen Nationalmuseum, Inv. Nr. IN 112a und b; Schneider, 1971, Bd. 2, Nr. 708, 709). Diese weisen mit 16 cm Durchmesser dieselben Masse wie die Rundscheiben der Serie auf.
Der Stil der in Grisaille gemalten Gemeindescheiben ist jedoch recht anders. Die Serie in Como stammt nicht von Gallati. Ebensowenig kommt aus stilistischen Gründen der damals vielbeschäftige Johann Georg Spengler als Hersteller in Frage. Aufschluss gibt eine im Schweizerischen Nationalmuseum bewahrte Rundscheibe, die der Glasmaler Hans Ulrich Nüscheler (1645–1707) gestiftet und sehr wahrscheinlich selbst geschaffen hatte (Schneider, 1971, Bd. 2, Nr. 725). Die 1699 gestiftete Rundscheibe entspricht nicht nur im Stil der vorliegenden Scheibe sondern auch in der Komposition. Es ist nicht auszuschliessen, dass, obwohl der Stifter Hans Ulrich Nüscheler aus Zürich stammt, die ebenfalls 16 cm messende Scheibe zu derselben Serie gehört. Sicherlich lässt sich aus ihr schliessen, dass der Schöpfer der Allianzscheibe Dolder-Bötsch dieser Zürcher Glasmaler war.

Die Scheibe ist unpubliziert.

Datierung
1698
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Seit 1972 Historisches Museum Thurgau

Vorbesitzer*in

Sammlung Mettler, St. Gallen · Bis 1972 Sibyll Kummer-Rothenhäusler, Zürich

Inventarnummer
T 3595

Bibliografie und Quellen

Literatur

Boesch, P. (1955). Die alten Glasmaler von Winterthur und ihr Werk. 286. Neujahrsblatt der Stadtbibliothek Winterthur. Winterthur: Gemsberg-Druck.

Galerie für Glasmalerei (o. J.). Schweizerscheiben im “Museo Civico Storico Risorgimentale” Como Lombardia (Italia). Manuskript im Staatsarchiv Thurgau.

Knoepfli, A. (1955). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau. Bd. II: Der Bezirk Münchwilen. Die Kunstdenkmäler der Schweiz. Basel: Birkhäuser Verlag.

Schneider, J. (1971). Glasgemälde. Katalog der Sammlung des Schweizerischen Landesmuseums Zürich. 2 Bde. Stäfa: Th. Gut & Co.

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_Frauenfeld_HistMuseum_TG_297
Fotonachweise
© Vitrocentre Romont (photo : Yves Eigenmann, Francesco Ragusa, Fribourg)
Aufnahmedatum
2018
Copyright
© Historisches Museum Thurgau
Eigentümer*in

Seit 1972 Historisches Museum Thurgau

Inventar

Referenznummer
TG_297
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020