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TG_327: Wappenscheibe von Roll
(TG_Kreuzlingen_Rutishauser_TG_327)

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Titel

Wappenscheibe (Franz Karl oder Walter Ludwig?) von Roll

Art des Objekts
Künstler*in / Hersteller*in
Spengler, Wolfgang · zugeschr.
Datierung
um 1665

Ikonografie

Beschreibung

Vor farblosem Grund erscheint im Zentrum das von Rollwerk umfasste und von zwei allegorischen Figuren begleitete Vollwappen der Familie von Roll. Bei der Anker und Hostienkelch haltenden Frauengestalt rechts neben dem Wappenschild handelt es sich um die Allegorie der Hoffnung (Spes). Ihre gekrönte Kollegin mit Buch und Taube auf der Gegenseite verkörpert den Tastsinn. Im Oberbild ist eine Hasenjagd dargestellt und die Fusszone füllt die von zwei Putten mit Schilden gehaltene, erneuerte Inschriftenkartusche.

Iconclass Code
11M32 · Hoffnung, Spes (Ripa: Speranza divina e certa), als eine der drei theologischen Tugenden
31AA35 · Gefühl, fühlen (als einer der fünf Sinne) - AA - weibliche Figur
43C111261(+423) · Hasenjagd, Kaninchenjagd (+ mit Pferden jagen)
46A122(ROLL VON) · Wappenschild, heraldisches Symbol (ROLL VON)
Iconclass Stichworte
Heraldik

Wappen von Roll: Geviert, 1 und 4 in Blau ein aufgerichteter, rotbezungter goldener Löwe, 2 und 3 in Rot ein silberner Balken, oben begleitet von einem goldenen Rad, unten von einer silbernen Kugel; Helm: silbern; Helmdecke: rechts silbern und blau, links silbern und rot; Helmzier: über goldener Krone ein wachsender goldener Löwe, in den Vorderpranken ein goldenes Rad haltend.

Inschrift

Hauptman Hans / Conrad Kÿm diser / Zÿtt Aman zu / Ermatinge / 16 65 (die ganze Inschrift erneuert).
A[uxi]llium Meum a Domino (Meine Hilfe kommt vom Herrn).
TACTVS // SPES

Signatur

keine

Technik / Zustand

Erhaltungszustand und Restaurierungen

Einige neue Ergänzungen (u.a. die Stifterinschrift); Sprünge und Sprungbleie; die Verbleiung erneuert.

Technik

Farbloses und farbiges Glas; rotes Überfangglas mit rückseitigem Ausschliff; Bemalung mit Schwarzlot, Silbergelb, Eisenrot sowie blauer und violetter Schmelzfarbe.

Entstehungsgeschichte

Forschung

Die Inschrift auf vorliegender Scheibe ist falsch erneuert. Das Wappen ist dasjenige der Familie von Roll und nicht dasjenige vom in der neuen Inschrift genannten Hans Konrad Kym, Ammann von Ermatingen (Wappen Kym: gespalten, im rechten silbernen Feld aufstrebender goldener Löwe mit einer goldener Kugel in den Pranken, im linken grünen Feld drei goldene Sterne (Nägeli, 1902, S. 100f.).
Die von Roll waren ein Aristokratengeschlecht aus Altdorf im Kanton Uri. Sie hatten aber Besitztümer im Thurgau: Johann Walter von Roll (um 1579–1639) war seit 1621 zusammen mit seinen Brüdern Besitzer der nahe bei Ermatingen gelegenen Herrschaft Mammern. Nach seinem Tod 1639 gelangte die Herrschaft an Johann Walters Neffen Walter von Roll (1597–1657) und nach dessen Tod an die Brüder Johann Peter III., Franz Karl und Walter Ludwig von Roll. 1663 erfolgte eine Teilung der Erbschaft, bei der Franz Karl und Walter Ludwig Mammern erhielten. 1667 mussten die Brüder die Herrschaft Mammern verkaufen (Stauber, 1934, S. 77).

Der unbekannte Restaurator, der die Inschrift erneuerte, hat diese nicht frei erfunden. Hans Konrad Kym (1618–1684) entstammte der gleichnamigen katholischen Familie aus Ermatingen. Seine Eltern waren der Barbier und Chirurg Salomon Kym († 1626) und Dorothea Ribin. Den gleichen Beruf wie sein Vater ausübend, ehelichte er 1639 Margaretha Strassburger von Ermatingen, die ihm fünf Kinder schenkte. Nach ihrem Tode heiratete er 1654 Marie Magdalena Handlin aus Biberach († 1661), die ebenfalls Mutter von fünf Kindern wurde. Noch in ihrem Todesjahr ging er eine dritte Ehe mit Anna Thurnheer († 1683) aus Bregenz ein. Kym scheint seinen angestammten Barbier- und Arztberuf nur in seinen jüngeren Jahren betrieben zu haben. Er war nämlich Besitzer bedeutender Anwesen mit grossem Grundbesitz, die es ihm erlaubten, sich als Gast- und Landwirt zu betätigen. Dementsprechend gehörte er zu den herausragenden Persönlichkeiten Ermatingens, wo er mindestens seit 1654 bis spätestens 1668 als Ammann und über lange Jahre auch als Quartierhauptmann amtete (Nägeli, 1902, S. 85–87).

Die Verbindung des von Roll-Wappens mit der Stifterinschrift Kyms, lässt die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass ursprünglich zwei Pendantscheiben – eine von Franz Karl oder Walter Ludwig von Roll und eine von Hans Konrad Kym – existierten. In stilistischer Hinsicht kann die Scheibe gut aus dem Jahr 1665 stammen. Sie weist dieselben unregelmässig aufgetragenen Farben und ähnliche Farbverläufe (vgl. TG_253, TG_85) wie die von Wolfgang Spengler signierten Scheiben auf. Als gemeinsamen Stiftungsort wäre etwa an das Rathaus des zwischen Ermatingen und Mammern gelegenen Steckborns zu denken. Dieses wurde 1667 erneuert und erhielt zu diesem Anlass mindestens zwei Wappengaben, eine davon geschaffen von Wolfgang Spengler (vgl. TG_136).

Die Scheibe wird genannt in:
Abegg/Erni/Raimann, 2014, S. 172.

Datierung
um 1665
Zeitraum
1660 – 1667
Ursprünglicher Standort
Herstellungsort
Eigentümer*in

Sammlung Rutishauser, Kreuzlingen

Inventarnummer
HRK 17360

Bibliografie und Quellen

Literatur

Abegg, R., Erni, P., Raimann, A. (2014). Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Bd. VIII: Rund um Kreuzlingen. Die Kunstdenkmäler der Schweiz, Bern: Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte.

Nägeli, O. (1902). Die Familie Khym von Ermatingen. Eine Beamten-Dynastie zur Zeit der Gerichtsherren. Thurgauische Beiträge zur vaterländischen Geschichte. Heft 42, S. 76-125.

Stauber, E. (1934). Geschichte der Herrschaften und der Gemeinde Mammern. Frauenfeld: Verlag Huber & Co.

Weiteres Bildmaterial

Foto Amt für Denkmalpflege Thurgau

Bildinformationen

Name des Bildes
TG_Kreuzlingen_Rutishauser_TG_327
Fotonachweise
© Sammlung Rutishauser, Kreuzlingen
Aufnahmedatum
2013
Copyright
© Sammlung Rutishauser, Kreuzlingen
Eigentümer*in

Sammlung Rutishauser, Kreuzlingen

Inventar

Referenznummer
TG_327
Autor*in und Datum des Eintrags
Rolf Hasler 2020; Sarah Keller 2020

Weiteres Bildmaterial und verwandte Objekte

Zusätzliches Bildmaterial
Schema