Forschung
In der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums gibt es einen 1530 datierten Riss, der neben dem Wappen der Freiburger Familie Bugnyet eine Schildhalterin spiegelbildlich in exakt gleicher Form wie im Glasgemälde des Amé du Terraul zeigt (BHM, Inv. 20036.24; 42 × 28.8 cm; Hasler 1996/97, Bd. 1, Nr. 164). An sich läge es nahe, dafür denselben Produktionsort wie für die um zwei Jahre jüngere Scheibe anzunehmen. Weil damals in den Werkstätten das Kopieren von Entwürfen durch Lehrjungen und dort vorübergehend weilende Gesellen weit verbreitet war, könnte es aber sein, dass die Scheibe 1532 nach einer von unbekannter Hand stammenden Nachzeichnung des in die Wyss'sche Sammlung gelangten Risses angefertigt wurde. Bestimmt im gleichen Atelier wie sie entstand aber das stilistisch aufs Nächste verwandte Glasgemälde von 1529 mit dem Wappen der Freiburger Familie Arsent (vgl. PB_15). Wie bei seiner Diskussion festgestellt wurde, muss dieses unter dem Einfluss von Arbeiten Niklaus Manuels und Hans Funks stehende Atelier in Bern oder Freiburg angesiedelt gewesen sein. Analog zur Wappenscheibe Arsent besitzt die vorliegende am unteren Rand Einritzungen aus dem 17. Jahrhundert mit Namenszügen, was ein Hinweis darauf sein könnte, dass sich die beiden Werke damals am gleichen Ort befunden haben. Ob es sich bei dem unter dem Wappen des Amé du Terraul eingeritzten und mit der Jahreszahl 1614 versehenen Namen von Johann Heinrich Wild (Wildt) um einen Besitzervermerk handelt, lässt sich nicht schlüssig beantworten. Die genannte Person ist aber möglicherweise mit Johann Heinrich Wild (1591–1656) aus Freiburg gleichzusetzen, dem Gatten der Barbara Fegely.
Wie Zeiners Zyklus aus Baden befand sich die Scheibe vielleicht in der Chartreuse bei Hilterfingen, der 1819–1821 erbauten Sommerresidenz des Berner Staatsmanns Niklaus Friedrich von Mülinen (1760–1833). 1831 wurde die Chartreuse von Rudolf Emil Adolf de Rougemont (1805–1844) erworben, und zwar unter Einschluss der dortigen Scheibensammlung von Mülinens. Nach de Rougemonts Tod blieb dessen Witwe Adele von Bonstetten (1814–1883) bis 1863 dort wohnhaft. Damals übersiedelte sie ins Schloss Hünegg, das sie und ihr zweiter Gemahl Albert von Parpart (1813–1869) nahe der Chartreuse hatten errichten lassen. Zu den von ihnen damals von dort in die Hünegg übernommenen Glasgemälden könnte die vorliegende Scheibe gehört haben. Denkbar ist aber auch, dass sie erst nach 1863 in den Besitz des Paares gelangt ist. Beim Tode der Adele von Bonstetten war sie jedenfalls in der Hünegg, wurde sie doch von deren Erben Franz von Parpart, dem Neffen Alberts, 1884 von dort nach Köln an die Auktion bei J. M. Heberle überführt. Laut Johann Karl Bossard wurde die Scheibe bei der Auktion für 1080 Mark von einer nicht näher bekannten Person namens Sattler ersteigert. Sollte dieser ein Kunsthändler gewesen sein, könnte er damals die Scheibe allenfalls für Louis La Roche-Ringwald (1844–1921) aus Rheinfelden erworben haben, der zwischen 1880 und 1905 für sich eine grosse Glasgemäldesammlung zusammentrug (Schneider 1962, S. 51). Dazu zählte mit weiteren Stücken aus der Sammlung Parpart-Bonstetten nachweislich auch die Wappenscheibe des Amé du Terraul. Beim Verkauf der Sammlung La Roche durch dessen Nachkommen gelangte sie 1962 ans Schweizerische Nationalmuseum.
Die Scheibe wird genannt in:
Heberle, 1884, S. 35, Nr. 490.
Bossard, 1884, Nr. 490.
Schneider, 1962, S. 53, Abb. 39.
Clottu, 1964, S. 46–48, Taf. 1.
Schneider, 1971, Bd. 1, S. 78, Nr. 198.
Hasler, 1996/97, Bd. 1, S. 156f., Abb. 164.1.
Hasler, 2023, S. 49f., Nr. 32.
Datierung
1532
Ursprünglicher Standort
Eigentümer*in
Seit 1962 Schweizerisches Nationalmuseum Zürich
Vorbesitzer*in
Vielleicht bis 1831 Niklaus Friedrich von Mülinen und bis 1863 Rudolf Emil Adolf de Rougemont bzw. Adele von Bonstetten, Chartreuse (Hilterfingen) · Seit oder nach 1863–1884 Albert von Parpart und Adele von Bonstetten, Schloss Hünegg (Hilterfingen) · 1884 Franz von Parpart bzw. Auktionshaus Heberle, Köln · 1884 Sattler · Seit oder nach 1884–1921 Louis La Roche-Ringwald (1844–1921), Rheinfelden · 1921–1962 René La Roche-Ringwald (1881–1943) und Nachkommen, Rheinfelden
Inventarnummer
LM 29514