Research
Die Scheibe der Gebrüder Manuel gehört nicht zum ursprünglichen Bestand der Burgdorfer Stadtkirche. Sie wurde 1869 von der Familie Manuel der Kirche Burgdorf geschenkt, durch Johann Heinrich Müller in ein Chorfenster eingebaut und 1968 in die dortige Sakristei versetzt (Roth 1964, S. 67; Schweizer 1985, S. 215; Schenkungsschreiben Manuel 1869).
Die Stifter der Scheibe, die Brüder Niklaus II. und Hans Rudolf Manuel, waren beide Maler und Glasmaler. Hans Rudolf Manuel, (Erlach 3.7.1525– 23.4.1571 Morges), der zweite Sohn des Dichters, Staatsmanns und Künstlers (Malers) Niklaus Manuel und der Katharina Frisching, absolvierte seine Lehre in Basel wohl beim Glasmaler Maximilian Wischack (Wegeli 1931, S. 144). Ungefähr zwischen 1543 und 1560 war er in Zürich ansässig, wo er, bei einem Glasmaler (Carl von Egeri?) arbeitend, zahlreiche Scheibenrisse und Einblattholzschnitte schuf. 1560 wohnte Hans Rudolf Manuel wieder in Bern und gelangte dort in den Grossen Rat. 1562–1568 amtete er als Landvogt in Morges. Manuel illustrierte zahlreiche bedeutende Druckwerke, war aber auch wie sein Vater dichterisch tätig. Seine Graphiken und Zeichnungen signierte er meist mit "HMRD" oder MRD", oft mit Zufügung des Schweizerdolches. Hans Rudolf war zweimal verheiratet. Seiner 1558 geschlossenen Ehe mit Katharina Wysshan, Tochter des Kaspar und der Katharina von Graffenried, entsprang eine Tochter Katharina (* 1559). Am 3. November 1561 vermählte sich Hans Rudolf mit Ursula Stürler, Tochter des Peter und der Elisabeth Otti. Sie brachten weitere fünf Kinder zur Taufe (HLS 8/2009, S. 269).
Sein jüngster Bruder Niklaus II. (1528–11.6.1588) lernte 1544 ebenfalls in Basel bei Balthasar Han den Beruf des Glasmalers. Schon 1550 wurde er Grossrat in Bern und erwarb 1553 die Herrschaft Cronay als Familiensitz. Seine politische Karriere war steiler als die seines Bruders. 1557–1564 war er Landvogt in Chillon/Vevey, 1566 letzter Berner Landvogt in Ternier und 1567–1572 Landvogt in Yverdon. 1579 stieg er in den Kleinen Rat auf und wurde Mitglied der Gesellschaft zu Obergerbern. Niklaus hielt sich ab 1575 mehrfach als Gesandter an Tagsatzungen sowie im Wallis sowie in Savoyen und Genf auf. 1587 wurde er als Hauptmann bei der Wiedereinsetzung der reformierten Regierung in Mülhausen eingesetzt. Niklaus II. Manuel war fünfmal verheiratet, seit 1549 mit Ursula Vogt, seit 1564 mit Maria Tillmann, seit 1565 mit Anna von Wattenwyl, seit 1582 mit Christina Fellenberg und seit 1585 mit Susanna Wysshan. Insgesamt schenkten ihm seine Frauen zehn Kinder (HLS 8/2009, S. 271).
Als Scheibenstifter ist Hans Rudolf Manuel nochmals um 1560 nachgewiesen (BHM Bern, Inv. 21418). Ein 1555 datierter Scheibenriss ist ebenfalls für eine Stiftung Hans Rudolf Manuels entstanden (BHM Bern, Inv. 39754). Stilistisch stimmen dieser Scheibenriss und die sehr qualitätvolle Scheibe von 1555 in Burgdorf überein. Ihre reichen Schmuckformen der Architektur sowie die gleiche Behandlung von Helm, Helmdecke und Helmzier deuten auf ein und denselben Meister bzw. Entwerfer hin. Friedrich Thöne sprach Hans Rudolf den Scheibenriss allerdings ab (Thöne 1970). Rudolf Wegeli wies ihm dafür die Scheibe von 1560 im Bernischen Historischen Museum zu, die allerdings in Form und Qualität von den früheren Werken abweicht. Inwiefern einer der Brüder, insbesondere Hans Rudolf, als Schöpfer dieser Arbeiten in Frage kommt, bleibt zu verifizieren.
Von der Scheibe existiert im Schweizerischen Nationalmuseum von Zürich eine vollständig ausgeführte Pause Johann Heinrich Müllers (SNM, Inv. LM 24498).
Dating
1555
Original Donor
Manuel, Niklaus II. (1528–1588) · Manuel, Hans Rudolf (1525–1571)
Previous Location
Place of Manufacture
Previous Owner
Bis 1869 Familie Manuel Burgdorf/Bern. Vgl. Schenkungsschreiben Manuel (1869).