Research
Die Stadt Burgdorf, rund 16 Kilometer südlich von Seeberg gelegen, besass seit 1395 die niedere Gerichtsbarkeit über die Herrschaft Grasswil. Weil Seeberg zu dieser Herrschaft gehörte, konnte sie durch ihren Grasswil-Vogt dort ihre Rechte als Gerichtsherrin ausüben. Als solche machte sie 1517 in die erneuerte Stadtkirche Seebergs eine Fenster- und Wappengabe. Wie im Falle der Schenkungen des Schwarzwaldklosters St. Peter und Berns bestand ihre Wappengabe aus einer Doppelscheibe. Das linke Stück davon zeigt Maria, die Patronin der Burgdorfer Stadtkirche, das rechte den hl. Georg als Bannerträger Burgdorfs. Dieser Heilige war der Patron der Kirche in Oberburg, von welcher diejenige in Burgdorf bis 1401 eine Filiale bildete. Gleichzeitig war der hl. Georg Patron der Schlosskirche von Burgdorf. Heute ist die Doppelstiftung Burgdorfs ins zentrale Chorfenster der Kirche Seeberg eingefügt. 1890 (von Mülinen) und 1896 (Thormann/von Mülinen) befand sich diese aber im ersten südlichen Chorfenster (s II). Ihr ursprünglicher Standort wird denn auch kaum das wohl für die Scheiben des Klosters St. Peter und Berns bestimmte Mittel-, sondern eines der Seitenfenster im Chor gewesen sein.
Die sechs in der Kirche Seeberg aus dem frühen 16. Jahrhundert vorhandenen Glasgemälde bilden eine stilistisch homogene Gruppe. Ihre Einheitlichkeit unterstreicht das verwendete Damastmuster, das mit Ausnahme der beiden Burgdorfer Stiftungen die vier übrigen Werke auszeichnet. Hans Lehmann betrachtet die sechs Seeberger Scheiben denn auch als Arbeiten derselben Hand. Darin glaubt er diejenige von Jakob Wyss erkennen zu können. Ob dieser Berner Glaser auf Glas malte, ist jedoch nicht gesichert. Lehmanns Zuschreibung ist deshalb abzulehnen. Unter den aus dem zweiten Jahrzehnt des 16. Jahrhunderts stammenden Scheiben, die sich Berner Glasmalern zuweisen lassen, sind solche aus der Werkstatt Hans Funks mit denjenigen in Seeberg am besten vergleichbar. Zu nennen sind insbesondere die Berner Vinzenzenscheibe von 1513 und die Aarberger Bannerträgerscheibe von 1515 aus der Kirche Kerzers im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1886, 1887) sowie die ebenfalls dort aufbewahrte Aarauer Stadtscheibe aus der Zeit um 1515 (BHM Bern, Inv. 17631). Die drei genannten Werke stehen in der Figurengestaltung den Glasgemälden in Seeberg nahe. Zudem besitzen die Aarbeger und Aarauer Stiftungen ein ganz ähnliches Damastmuster wie vier der dortigen Scheiben sowie die Aarberger ein Rahmenwerk in der Art wie bei den von Burgdorf nach Seeberg verehrten Glasgemälden. In ihrem Damastmuster hinwiederum entsprechen diese zwei Burgdorfer Glasgemälde exakt demjenigen der Vinzenzenscheibe Berns aus der Kirche Kerzers. Dem gleichen Damastmuster begegnet man nochmals auf den Scheiben mit der Mondsichelmadonna und dem hl. Leodegar, die das Stift Schönenwerd 1520 sicherlich in der Werkstatt Funks für die Kirche von Uerkheim in Auftrag gab (Hasler 2002, S. 279–283, Farbabb. S. 92, 93). Alles in allem spricht damit Vieles dafür, dass der Zyklus von Seeberg im Atelier von Funk geschaffen wurde.
Dating
1517
Original Donor
Place of Manufacture
Owner
1890 trat Bern den Chor der Kirche an die Kirchgemeinde ab (aber ohne die dort befindlichen Scheiben).
Der vom Kanton Bern am 25. 1. 1984 der Kirchgemeinde unterbreitete Gebrauchsleihevertrag betreffend vorliegender Scheibe wurde von dieser nicht unterzeichnet.