Research
Wie die Wappenscheiben in der Kirche ursprünglich angeordnet waren, lässt sich nicht mehr sicher rekonstruieren. Von Mülinens Beschreibung von 1883 lässt einiges unklar. Die Berner Standesscheibe und die Scheibe des Seckelmeisters Fischer waren sicher für das zentrale Chorfenster bestimmt. Sie sind beide etwas grösser als die vier Vennerscheiben, welche die beiden seitlichen Fenster schmückten. Die Scheibe Wurstemberger befand sich nach der Beschreibung von Mülinens auch im Chor, wohl im zweiten südlichen Chorfenster. In den vier Fenstern des Schiffes waren die zwei Scheiben von Erlach, die Scheibe von Wattenwyl, die Scheibe Hopf sowie die Scheibe von Kirchenthurnen angebracht (vgl. von Mülinen 1883). Bereits 1906 befanden sich alle zwölf Scheiben im zentralen Chorfenster (vgl. Kasser 1906).
Laut Berns Seckelmeisterrechnungen von 1674 wurde damals Hans Jakob Güder für die Scheiben von Seckelmeister Wurstemberger und Venner Luternau in der Kirche Thurnen bezahlt: "Den 22. h. Jacob Güder dem glaβmahler, für mhrn. Sekellmeyster Wurstenbergers und Hrn. Venners von Luternauw sel.: ehrenwappen, in die Kirchen zu Thurnen bezahlt 10 Kr. 33 lb 6 β 8 d" (Keller-Ris 1915, S.169). Wurstembergers Scheibe in Kirchenthurnen ist aber 1679 datiert und stilistisch nicht Güder zuzuweisen. Dies lässt den Schluss zu, dass Güders Scheibe für den das Welsch-Seckelmeisteramt bis 1677 bekleidenden Wurstemberger kurz nach ihrer Fertigstellung in Brüche ging und durch Matthias Zwirn 1679 vollständig erneuert wurde.
Johann Rudolf Wurstemberger (1608–1693), der Sohn von Hans Rudolf dem Älteren und Anna Wyttenbach, immatrikulierte sich 1624/25 an der Universität Basel. Er war ab 1638 des Grossen Rats zu Bern, 1639 stellvertretender Landvogt zu Saanen, 1646–1648 Grossweibel, 1648–1654 Landvogt von Avenches, ab 1657 Mitglied des Kleinen Rats, 1666–1668 Salzdirektor, 1661–1665, 1669/70 und 1677–1681 Venner zu Pfistern sowie 1670–1677 Welschseckelmeister. Als bernischer Gesandter nahm er häufig an Tagsatzungen teil. Er war dreimal verheiratet, in erster Ehe ab 1630 mit Magdalena von Wattenwyl, der Tochter von Hans Franz, in zweiter Ehe ab 1640 mit Magdalena von Bonstetten, Tochter Karls, und in dritter ab 1658 mit Barbara Kirchberger, Tochter von Niklaus. Teils über seine erste Gattin und teils über andere Beziehungen gelangte er in den Besitz von Rebgütern in Mont-sur-Rolle. Zudem erwarb er das Rebgut Mur in Haut-Vully (HLS 13/2014, S. 600; HBLS 7/1934, S. 602).
Von Johann Rudolf Wurstemberger gibt es je ein Glasgemälde in den Kirchen von Hasle-Rüegsau (1678), Kirchenthurnen (1679) und Nidau (1680). Verschollen sind seine ehemals in den Kirchen von Gampelen (1677), Erlach (1678), Walperswil (1678), Wohlen (1678), Kirchdorf (1679) und Oron (1680) befindlichen Scheiben (Thormann/von Mülinen 1896, S. 62, 64, 72, 94f.). Bis auf die Wappenscheibe in Kirchenthurnen und diejenige, die der Bieler Glasmaler Hans Heinrich Laubscher für Oron schuf (Bourquin/Bourquin 1999, S. 238), werden alle genannten Glasgemälde Wurstembergers mit Hans Jakob Güder in Verbindung gebracht.
Dating
1679
Original Donor
Wurstemberger, Johann Rudolf (1608–1693), Venner
Place of Manufacture
Owner
Kirchgemeinde Kirchenthurnen.
Die Unterhaltspflicht der sieben Glasgemälde im Chor 1915 vom Staat Bern damals zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. v. Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).