Research
Bei der vorliegenden Stiftung handelt es sich um eine Gedenkscheibe, die Anton von Graffenried 1726 zu Ehren seines Vaters Christoph in die Kirche Worb schenkte. Ob das Gotteshaus zu dieser Zeit irgendwelche Renovationen erfuhr, bleibt zu prüfen. Es lässt sich deshalb auch nicht sagen, ob Anton von Graffenried diese Wappengabe anlässlich einer Kirchenerneuerung machte. Weil er wie sein Vater Herr zu Worb war, hatte er an sich Grund genug, sich in der Kirche durch eine solche Gabe zu präsentieren. Es könnte sogar sein, dass das von ihm 1727 bei Andreas Fueter in Auftrag gegebene Glasgemälde eine in die Brüche gegangene Scheibenstiftung seines Vaters zu ersetzen hatte.
Anton IV. von Graffenried (1639–1730), der Sohn Christophs und der Anna von Mülinen, gehörte in Bern seit 1664 dem Grossen und später auch dem Kleinen Rat an. Er war 1673–1679 Landvogt zu Aelen (Aigle) und 1720–1724 Schultheiss zu Murten. Er betätigte sich als Genealoge und verfasste als solcher 1717 ein Stammbuch seiner Familie. Zudem war er korrespondierendes Mitglied der englischen Sozietät der Wissenschaften. In erster Ehe war er mit Katharina Jenner (1644–1664) und in zweiter mit Susanna Lombach († 1719) verheiratet (HBLS 3/1926, S. 629; Bergmann). Von seiner ersten Gemahlin hatte er den Sohn Christoph (1661–1743), der im Todesjahr seines Vaters ebenfalls eine Scheibe in die Kirche stiftete (s. d.). Anton von Graffenried übernahm die Herrschaft Worb 1721 in der Nachfolge seines Neffen und liess diese durch seinen Sohn verwalten (Rubli). Seine Grablege kam 1983 bei Grabungen in der dortigen Kirche zum Vorschein.
Ausser der zu Ehren seines Vaters 1726 dorthin gemachten Stiftung verehrte Anton von Graffenried 1722 der Kirche Kerzers eine Wappenscheibe (vgl. Bergmann).
Christoph von Graffenried (1603–1687), der Sohn Abrahams (1580–1620), vereinigte die Herrschaft Worb wieder in seiner Hand (Rutishauser). Nach Studien in Lausanne, Genf, Dijon und Paris trat er in die Leibgarde des Prinzen Friedrich Heinrich von Oranien ein. Zurück in Bern wurde er 1635 des Grossen und 1651 des Kleinen Rats. Seiner Stadt diente er unter anderem als Landvogt von Nidau (1642–1648), Bauherr (1654), Kriegsrat (1655), Kommandant der Waadt (1659) und Oberkommandant der deutschen Lande (1683). Zudem amtete er zwischen 1657 und 1685 viermal als Venner zu Pfistern. Er ging dreimal eine Ehe ein, 1631 mit Anna von Mülinen, der Tochter Josuas, 1648 mit Barbara Augsburger, der Tochter Johann Ludwigs, und 1659 mit Margaretha Tscharner, der Tochter Samuels (HLS 5/2006, S. 588).
Die vorliegende Scheibe ist als farbige Zeichnung im Album des Emanuel Edmund von Graffenried (1829–1881) im Bernischen Historischen Museum dokumentiert (BHM Bern, Inv. 6202.37). Als Stiftungsjahr ist darin irrtümlicherweise 1727 angegeben.
Gemäss Johann Rudolf Rahn (1882) sowie Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen (1896) befand sich dieses Glasgemälde gegen Ende des 19. Jahrhunderts im südlichen Schrägfenster des Chors. Ob es bereits ursprünglich dort platziert war, lässt sich nicht schlüssig beantworten.
Dating
1726
Original Donor
Graffenried, Christoph von (1603–1687) · Graffenried, Anton von (1639–1730)
Place of Manufacture
Owner
Kirchgemeinde Worb.
Die Unterhaltspflicht der dreizehn 1901 im Chor befindlichen Glasgemälde damals vom Staat Bern zusammen mit dem Chor an die Kirchgemeinde abgetreten (nach dem am 1. April 1940 überarbeiteten Verzeichnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt 1936 von B. von Rodt; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).