Research
Ludwig I. von Diesbach (1418–1452), Sohn des Niklaus und der Margaretha Brüggler, wurde 1435 Burger von Bern und gelangte im gleichen Jahr in den Grossen Rat. 1440 unternahm er eine Pilgerreise nach Jerusalem, wo er zum Ritter des Heiligen Grabes geschlagen wurde. Zwischen 1447 und 1448 weilte er zudem in Santiago de Compostela (Schlup 2005, S. 387) und erhielt von Alphons, dem König von Neapel, den Ritterschlag. Es muss allerdings bezweifelt werden, dass er auch den anderen Orden angehörte, die durch Embleme auf der Scheibe vertreten sind. Ludwig I. war Herr von Diessbach (Oberdiessbach), Kiesen und Brandis sowie Besitzer von Schloss Godesberg bei Bonn, wo sein Sohn Ludwig II. (1452–1527) geboren wurde. In Bern gehörte er seit 1450 auch dem Kleinen Rat an. Zu seiner Zeit war er der reichste Bürger Berns, wo er 1444 das Diesbach-Haus an der Münstergasse 2 erbauen liess (HBLS 2/1924, S. 712; de Diesbach Belleroche 2016). Seit 1435 war er mit Anna Elisabeth von Runtz-Fischen aus Algau bei Köln verheiratet. Die Tochter des Pfandherren zu Schöneberg Heinrich von Runtz-Fischen und der Kunigunde von Erolzheim verschied 1462 in Köln. Ludwig von Diesbach starb schon 1452 an der Pest und wurde im Berner Münster beigesetzt.
Es existieren mehrere Gedenkscheiben für Ludwig I. von Diesbach. Eine davon befindet sich im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 11596), die beiden anderen hängen in der Pérolles-Kapelle in Freiburg i. Ü. (Bergmann 2014, Bd. 2, S. 458) und in der Kirche Worb.
Da Ludwig I. von Diesbach schon 1452 starb und die vorliegende Scheibe aus stilistischen Gründen erst um 1500 anzusetzen ist, kann auch diese nicht auf seine Bestellung hin geschaffen worden sein. Hans Lehmann vermutete daher, dass es sich hier um eine Nachstiftung durch seinen Sohn und Berner Schultheissen Wilhelm von Diesbach handelt (Lehmann 1913, S. 207f., Abb. 1, hier Lukas Schwarz zugeschrieben). Der mutmassliche Auftraggeber der Scheibe, Wilhelm I. von Diesbach (1442–1517), Sohn Ludwigs I. und Bruder Ludwigs II., war Herr zu Worb, Diessbach, Kiesen, Twann und Holligen. Seit 1466 sass er im Grossen Rat in Bern. 1467 unternahm er zusammen mit seinem Vetter Niklaus eine Pilgerreise zum hl. Grab in Jerusalem und zum Grab der hl. Katharina beim Berg Sinai und erhielt dort den Ritterschlag. Wilhelm von Diesbach war 1466 des Grossen sowie 1475 des Kleinen Rats zu Bern. Im Schwabenkrieg von 1499 war er Anführer der Berner im Hegau. Später hatte er mehrfach das Schultheissenamt zu Bern inne (1484–1491, 1498–1501, 1504–1507, 1510–1512, 1514). Seit 1471 war er mit Dorothea von Hallwyl verheiratet, seit 1479/80 in zweiter Ehe mit Helena von Freiberg und seit 1501 in dritter mit Anastasia Schwend verbunden. Er war der reichste Berner seiner Zeit, vielfach in diplomatischen Angelegenheiten unterwegs und in der Aarestadt einer der Hauptvertreter der Franzosenpartei (ausführliche Biographie im HLS 3/2004, S. 717f.).
Scheiben mit dem Wappen Wilhelm von Diesbachs haben sich in der Pérolles-Kapelle in Freiburg, in der Kirche Worb (Nachstiftung) und in der Kirche Ligerz (Gedenkscheibe, gestiftet von seiner Frau Helena von Freiberg) erhalten.
Die vorliegende Scheibe ist eng verwandt mit der Von-Diesbach-Wappenscheibe aus der Zeit um 1500 im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 40088). Brigitte Kurmann-Schwarz (1998) weist diese in überzeugender Weise einem unbekannten Glasmaler der Erlach-Scharnachtal-Werkstatt zu, die auch mehrere Scheiben für das Berner Münster schuf. In dieser Werkstatt wird ebenfalls die hier zur Diskussion stehende Scheibe entstanden sein.
Um 1913 war die damals noch in bernischem Privatbesitz befindliche Scheibe nur fragmentarisch erhalten; sie wurde erst nach Eintritt ins Bernische Historische Museum in grossen Teilen ergänzt.
Dating
um 1500
Period
1480 – 1520
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1919 Bernisches Historisches Museum Bern
Previous Owner
Bis 1919 Robert von Diesbach, Bern (Geschenk von ihm an BHM Bern).
Inventory Number
BHM 11605