Research
Die vorliegende Scheibe befand sich bis 1907 in der Siechenhauskapelle in Bern (vgl. Thormann 1909). Sechs weitere Glasgemälde des 16. und 17. Jahrhunderts, die mit der vorliegenden Scheibe ursprünglich im mittleren Chorfenster des Siechenhauskirchleins eingelassen waren, kamen 1907 in die Sammlung des Bernischen Historischen Museums (BHM Bern, Inv. 395, 6510–6515).
Die 1501 erbaute, zum Siechenhaus der Stadt Bern gehörende Kapelle war 1682/83 zu klein geworden und wurde unter Verwendung der Schiffsmauern nach Osten erweitert und zu einem einheitlichen rechteckigen Barocksaal umgebaut. Dieser Umbau gab Anlass zur vorliegenden Scheibenstiftung des damaligen Venners Johann Karl von Büren.
Johann Karl von Büren (1637–1719), der Sohn Davids (1614–1659) und der Margaretha von Bonstetten sowie Mitinhaber der Herrschaft Vaumarcus, studierte 1653 an der Universität Basel. In Bern war er 1664–1682 Grossrat des Schmieden- und Pfisternviertels und 1668–1682 Sechszehner zu Metzgern. 1673 wurde er zum Landvogt nach Nyon und 1682 zum Berner Kleinrat ernannt. Mehrfach amtete er als Venner, so in den Jahren 1682–1686, 1690–1694, 1702–1706 und 1715–1719. Johann Karl beteiligte sich an bernischen Gesandtschaften und an der Tagsatzung von 1685 in Solothurn. Seit 1694 war er fürstlich-neuenburgischer Oberjägermeister. 1660 heiratete er Dorothea von Wattenwyl, die Tochter Gabriels, und 1684 in zweiter Ehe Dorothea Tillier, die Tochter Jakobs (HLS 3/2004, S. 69; HBLS 2/1924, S. 403). Johann Karl von Büren teilte bis zum Tod mit seinen jüngeren Brüdern David, Viktor und Albrecht die Herrschaft Seftigen. Seine Vorfahren besassen auch die Herrschaft Münsingen (Hug/Maurer/Gugger, S. 30).
Neben dem vorliegenden Glasgemälde, das Johann Karl von Büren 1682 in die Berner Siechenhauskapelle stiftete, befinden sich weitere Scheiben des Stifters in den Kirchen von Sumiswald (1700), Münsingen (1709), Gurzelen (1710) und Seedorf (1716). 1713 lieferte Andreas Fueter Berner Vennerscheiben in die Deutsche Kirche nach Murten (Keller-Ris 1915, S. 170). Darunter befand sich vermutlich auch die Johann Karl von Bürens.
Die vorliegende Scheibe dürfte beim Berner Glasmaler Matthias Zwirn in Auftrag gegeben worden sein, denn sie kommt dessen grossfigurigen Gemeindescheiben, die er in den 1670er und namentlich den 1680er Jahren für Beatenberg und Steffisburg schuf, am nächsten.
Die beiden seitlichen weiblichen Allegorien sind kompositorisch den Schildbegleiterinnen der Stadtscheibe Burgdorfs aus der Kirche Hasle im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 1908) stark verwandt und dürften auf die gleiche Vorlage zurückgehen. Die Figuren findet man in solcher Gestalt auf einem Scheibenriss des Strassburger Glasmalers Bartholomäus Lingg im Kupferstichkabinett der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe, in welchem die beiden Schildwächterinnen in den Schilden namentlich als Victoria und Pax bezeichnet sind (Mensger 2012, Kat.-Nr. 231). Sie gehen möglicherweise auf Christoph Murer oder Basler Vorbilder zurück und waren mit Sicherheit auch in Bern bekannt, wie ein Riss mit derselben Komposition im Schweizerischen Nationalmuseum in Zürich beweist, der mit den Initialen "HZ" des in Bern tätigen Glasmalers Hans Zeender bezeichnet ist (SNM, Inv. LM 53324; vgl. Mensger 2012, S. 163).
Dating
1682
Original Donor
Büren, Johann Karl von (1637–1719), Mitherr Seftigen, Venner
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1907 Bernisches Historisches Museum
Previous Owner
Bis 1907 Siechenhauskapelle (Kirche des äusseren Krankenhauses) an der Bolligenstrasse in Bern.
Inventory Number
BHM 6514