Research
Jakob de Pesmes, ein savoyischer Edelmann, kaufte von Hans Friedrich von Mülinen und dessen Frau Barbara von Scharnachtal die Herschaft Brandis. Die Stammburg Brandis lag bei Lützelflüh. 1537 übetrug Bern das säkularisierte Klostergut von Rüegsau der Herrschaft Brandis und zwang den dortigen savoyischen Herren Bernburger Vögte auf. 1607 übernahm Bern die Herrschaft Brandis durch Kauf von den verschuldeten Montmajor (= Nachfolger der de Pesmes). Jakob de Pesmes war mit Marie Blanche verheiratet.
Die unbekleidete, nur von ihren Haaren bedeckte Maria Magdalena ist ein relativ seltenes Motiv, das offenbar aus der Legende der Maria Aegyptiaca entnommen wurde. Wie Hans Lehmann erkannte, handelt es sich bei der Figurendarstellung in Lauperswil um eine "freie Kopie" nach der im Basler Kupferstichkabinett befindlichen Kreidezeichnung mit der Verzückung Maria Magdalenas (Inv. U.XV.38). Sich auf Paul Ganz stützend (Ganz 1904/05, Nr. 49), glaubt Lehmann die um 1510/12 zu datierende Zeichnung in Basel dem aus Freiburg i. Ü. gebürtigen Maler und Zeichner Hans Fries zuweisen zu können. In neueren Forschungspublikationen wird die Zeichnung jedoch in überzeugender Weise nicht Fries, sondern Hans Baldung Grien zugesprochen (Koch 1941, S. 26, 84f., Nr. 32; Landolt 1972, Nr. 34; Tilman Falk, in: Hans Baldung Grien 1978, Nr. 15). Dieser selbst scheint sich für sein Werk an dem um 1502/03 entstandenen Holzschnitt Albrecht Dürers mit der Verzückung Maria Magdalenas inspiriert zu haben (Hütt 1971, Bd. 2, 1699). In den Grundzügen stimmt die Magdalenenfigur in Lauperswil mit derjenigen von Baldungs Zeichnung überein, weicht sie doch lediglich in der Haltung der Beine von ihrem Vorbild ab (dieselben sind bei ihr nicht über-, sondern nebeneinander gesetzt). Allerdings sind die als ihre Träger fungierenden Engelputten nicht in der gleichen Weise wie bei Baldung gruppiert. Erstaunlich nahe stehen der Figurenscheibe diesbezüglich aber die sechs Engelputten im Wandgemälde mit der Himmelfahrt Mariens, das um 1524–1527 in der Herrenkapelle der Stiftskirche St-Laurent in Estavayer-le-Lac (Kanton Freiburg) geschaffen wurde (Villiger/Schmid 2001, S. 46f., Abb. 20). Dass Jakob Meyer nicht der einzige damalige Schweizer Glasmaler war, der sich von Baldungs Darstellung mit der in den Himmel emporgehobenen hl. Maria Magdalena beeinflussen liess, belegt die verschollene, im frühen 16. Jahrhundert u. a. von der Stadt Baden gestiftete Bildscheibe unbekannter Hand, worauf diese Heilige in nahezu analoger Gestalt wie in Lauperswil (im Vergleich dazu jedoch spiegelbildlich) festgehalten ist (Kat. Drouot 1922, Nr. 41, mit Abb.).
Die drei Glasgemälde der Stiftung de Pesmes weisen enge stilistische Parallelen zu Jakob Meyers Scheiben in Jegenstorf auf und sind somit wie die Stiftung Ruffs in Lauperswil diesem Glasmaler zuzuweisen (so bereits Lehmann 1914). Vergleichbar sind beispielsweise der Venner von Meyers Thuner Stadtscheibe in Jegenstorf und der hl. Jakobus in Lauperswil.
Von den ursprünglich vier Scheiben des Jakob de Pesmes sind drei erhalten. Hans Lehmann sah diese drei Glasgemälde zwar im Südfenster II, dasjenige mit dem Wappen von Jakob de Pesmes aber dort, wo sich heute die Allianzscheibe Von-Sulz-Bär befindet. Die De Pesmes-Wappenscheibe wurde demnach nach 1914 wieder an ihren vermutlich ursprünglichen Platz versetzt und die Von-Sulz-Bär-Scheibe dorthin, wo sich vormals die nicht mehr existierende Scheibe von de Pesmes Frau Marie Blanche befand, auf die sich die Scheibe mit Maria Magdalena als deren Namenspatronin bezieht. Von den drei in Lauperswil erhaltenen de Pesmes-Scheiben ist diejenige mit der hl. Maria Magdalena heute in der oberen Reihe rechts neben derjenigen mit dem hl. Jakobus angeordnet. Diese zwei Glasgemälde dürften von jeher ein Paar gebildet haben.
Dating
um 1518
Period
1518 – 1520
Original Donor
Place of Manufacture
Owner
Übernahmevertrag von 1966: der Staat Bern übergibt den bislang ihm gehörenden Kirchenchor der Kirchgemeinde Lauperswil. Die wertvollen Glasgemälde im Chor bleiben aber Eigentum des Staates und werden von diesem der Kirchgemeinde leihweise überlassen (Artikel im "Bund" vom 13. 12. 1966, Nr. 486, S. 4; abgelegt in: Heinz Matile, Kartei Ortskatalog Glasgemälde, Bernisches Historisches Museum Bern).
Der vom Kanton Bern am 25. 1. 1984 der Kirchgemeinde unterbreitete Gebrauchsleihevertrag betreffend vorliegender Scheibe wurde von dieser nicht unterzeichnet.