Research
Die zwei Bernscheiben finden sich weder in der Beschreibung J. A. Scheppachs (1855; nach Frutiger 1974, S. 153), von Mülinens (1879), Rahns (1883) oder Thormanns und von Mülinens (1896). Erst Hans Lehmann (1912) kennt die beiden Glasgemälde. Frutiger (1974, S. 153f.) glaubt, dass die zwei Bernscheiben in ein Chorfenster der Kirche gestiftet, zu einem unbekannten Zeitpunkt (bei einer Renovation?) aber aus der Kirche entfernt wurden. Ob sie tatsächlich für die Kirche Lützelflüh geschaffen wurden, ist jedoch nicht völlig gesichert. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts waren sie in der Kirche im Südfenster gegenüber der Kanzel platziert. Nach der Reparatur durch Drenckhahn 1938/39 wurden sie dann den zwei älteren Scheiben des Hans Friedrich von Mülinen und der Barbara von Scharnachtal (ca. 1480) im Nordfenster zugesellt.
Falls die beiden Scheiben in die Kirche Lützelflüh gestiftet worden sind, dann geschah dies wohl im Jahr des Neubaues 1505. Walther Hopf vermutete aufgrund der drei Engelsgestalten und der violetten Farbe der Umrahmung, dass die Bernscheibe mit den Engeln nicht vom Berner Rat, sondern von der geistlichen Behörde Berns, d. h. vom St. Vinzenzen-Chorherrenstift des Berner Münsters, nach Lützelflüh vergabt wurde (vgl. Frutiger 1974). Ob Stiftungen Berns vor 1528 zuweilen gemeinsam vom Rat und vom Stift finanziert wurden, ist aber ungeklärt. Gesicherte Stiftungen des Vinzenzenstifts sind selten (vgl. diejenigen in der Kirche Oberbalm und im Bernischen Historischen Museum [Inv. 14963]) und sie zeigen den hl. Vinzenz. Die Engelsfiguren und die violette Rahmung sind keine überzeugenden Indizien für einen geistlichen Stifter.
Die beiden Scheiben, insbesondere deren Engelsfiguren, weisen enge stilistische Parallelen zu den Scheiben der Kartause Thorberg im Berner Münster auf (Kurmann-Schwarz 1998, Abb. 286, 287). Wie diese sind die zwei Rundscheiben in Lützelflüh der Erlach-Scharnachtal-Werkstatt zuzuweisen (Kurmann-Schwarz 1998, S. 454). In der Komposition entspricht die vorliegende Scheibe der Urs Werder († 1499) zuzuschreibenden Berner Standesscheibe in der Kirche Kerzers (vgl. Bergmann 2014, Bd. 1, Abb. 124). Ähnlich komponiert ist auch die Berner Rundscheibe mit den Wildmännern als Schildhalter im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 354).
Von Hans Drenckhahn gibt es in dessen Nachlass im Vitrocentre Romont Pausen von den Glasstücken mit den drei Engeln, dem angeketteten Bären sowie von einem Rahmenstück und von drei Gläsern mit dem Bär aus den Berner Wappen (Mappe "Lützelflüh 1938/39", die Pausen bezeichnet: "Okt. 1938 gep. DH").
Dating
um 1505
Period
1500 – 1510
Original Donor
Place of Manufacture
Owner
Am 2. November 1885 trat der Staat Bern den Kirchenchor an die Kirchgemeinde Lützelflüh ab.