Research
Die Stadt Bern scheint ihre Rundscheibe 1522 durch ihren dortigen Kastlan in die Kirche Zweisimmen verehrt zu haben (s. d.). Gleichzeitig dürfte auch die Vinzenzenscheibe dorthin gelangt sein. Weil für die betreffende Zeit kein Kirchenumbau belegt ist, muss allerdings offen bleiben, was der Grund für diese Stiftungen gewesen sein könnte. Die beiden Werke sind nicht als Pendants gestaltet. Die seltsame Kombination von runder Berner Ämterscheibe und hochrechteckiger Vinzenzenscheibe findet sich ebenfalls in den Kirchen von Ursenbach (um 1515) und Aeschi (1519). Damit stellt sich die Frage, ob von diesen zwei nicht übereinstimmenden Werken das eine von Bern (Standesscheibe) und das andere vom dortigen Vinzenzenstift in Auftrag gegeben worden sein könnte. Weil in Ursenbach von der Stadt Freiburg eine gleichartige Doppelstiftung existiert, spricht jedoch nichts dagegen, dass ebenfalls der Berner Rat zuweilen solche Doppelgaben machte.
Die meisten Autoren gehen davon aus, dass es sich beim vorliegenden Glasgemälde um eine vollständig neue Arbeit handelt, deren Schöpfer vermutlich Johann Heinrich Müller war (Lehmann, Beer, Moser/Rothen/Bieri). Als Müller 1873 die Kirchenscheiben restaurierte, scheint die Vinzenzenscheibe tatsächlich in einem überaus schlechten Zustand gewesen zu sein. Glücklicherweise verzichtete er aber auf eine vollständige Neuanfertigung. Vielmehr übernahm er in seine Neukomposition noch mehrere Fragmente der Originalscheibe, das heisst namentlich Gläser aus der Heiligenfigur.
Die Figur dieser Scheibe ist in einer Zeichnung im Nachlass von Johann Heinrich Müller festgehalten (Bernisches Historisches Museum: Depositum im Vitrocentre Romont, Inv. 28519, E 8). Zudem gibt es von Friedrich Wilhelm Merz, der seit 1856 Pfarrer in Zweisimmen war, eine Beschreibung der originalen Scheibe von 1867.
Franz Thormann und Wolfgang Friedrich von Mülinen sahen die Scheibe 1896 im "2. Fenster" des Chores. Ihr ursprünglicher Standort dürfte jedoch das Chorfenster I gewesen sein (vgl. dazu die Ausführungen zur Masswerkfüllung mit der Sonne).
Dating
um 1522
Period
1522 – 1873
Original Donor
Bern, Stadt, Stand oder Stift St. Vinzenz
Place of Manufacture
Owner
Kirchgemeinde Zweisimmen.
Die Unterhaltspflicht über die sechs Glasgemälde im Chor 1888 zusammen mit dem Chor vom Staat Bern an die Kirchgemeinde abgetreten (nach Verzechnis der Glasgemälde in den Kirchenchören des Kantons Bern, erstellt von B. von Rodt 1936; Staatsarchiv Bern, Inv. BB 05.7.343).