Das in der Schlosskirche Spiez ursprünglich im Seitenschifffenster Nord V eingefügte Glasgemälde ist eine Gedenkscheibe für Anton von Erlach (1557–1617), den Herrn zu Kiesen und Erben des Rebguts Yvorne. Dieser Sohn Johann von Erlachs († 1583) ging zwei Ehen ein, die erste 1586 mit Agathe von Diesbach (1567–1612), der Tochter des Niklaus, und die zweite 1613 mit Barbara von Flachsland. 1587 war er Hauptmann über 2000 Mann zum Schutz Neuenburgs gegen den Herzog von Guise. 1588 in den Berner Grossen Rat gewählt, diente er seiner Stadt in der Folge mehrfach als Landvogt, nämlich 1590 in Mendrisio, ab 1591 in Lenzburg und ab 1599 in Baden. 1602 wurde er Mitglied des Kleinen Rats zu Bern, 1603 Gubernator in Aelen (Aigle) und 1613 Landvogt in Yverdon. In seinem Todesjahr 1617 war er Feldoberst über 3000 Mann Berner, die im Piemont den Herzog von Savoyen im Kampf gegen die Spanier unterstützten (HBLS 3/1926, S. 60; von Erlach 1989, Stamm-Taf. D2 IX).
Von Anton von Erlach gibt es ein Glasgemälde von 1598 im Museumsdepot des Burgdorfer Kornhauses (Inv. 4.1377) sowie eine Wappen- und eine Gedenkscheibe im Schlossmuseum Spiez (Inv. 0308 und 0425). Zudem besitzt das Gotische Haus in Wörlitz eine von ihm im Jahre 1600 vermutlich ins Kloster Wettingen oder ins Vogtshaus zu Baden gestiftete Scheibe (Ruoss/Giesicke 2012, Bd. 2, S. 401, XXIV. 9). Die vormals in Schloss Hindelbank befindliche Allianzwappenscheibe des Anton von Erlach und seiner Gemahlin Agathe von Diesbach aus dem Jahre 1597 war 1907 im Musée historique des tissus in Lyon (von Mandach 1907, S. 336, Nr. 4).
Hans Lehmann bezieht das auf fünf der 1676 in die Kirche gestifteten Scheiben vorhandene Monogramm "I.W." auf den Berner Maler Jakob Wäber (1627–1698). Lehmanns Vermutung, wonach dieser auch Glasmaler war, ist jedoch unhaltbar. Beim betreffenden Monogramm handelt es sich vielmehr um dasjenige des Winterthurer Glasmalers Jakob II. Weber (1637–1685). Dies belegt die Wappenscheibe des Burkhart von Erlach (1600–1686), worauf Weber seine volle Signatur mit dem Zusatz "W" (= Winterthur) hinsetzte. Webers sechs Arbeiten in Spiez heben sich im Aufbau von den übrigen Glasmalereien ab, die man von ihm kennt (Boesch 1955, S. 77–96, Abb. 23–27). Diese sind nämlich vollkommen analog komponiert wie die Glasgemälde, wie sie Hans Jakob Güder damals nicht nur für Spiez, sondern zuvor und danach auch für andere Orte schuf (Hasler 2003, Abb. 4). Weber wird sie demnach nach Vorlagen Güders ausgeführt haben. Das tat er selbstverständlich nicht aus eigenem Antrieb, sondern auf Wunsch seines Spiezer Auftraggebers, der sich offensichtlich eine einheitlich durchgestaltete Von-Erlach-Wappenfolge erwünschte. Um darin seine sechs Werke kenntlich zu machen, sah sich Weber veranlasst, sie mit seinen Initialen beziehungsweise seinem Namen zu versehen. Die von ihm nach Spiez gelieferten Scheiben zeigen die Wappen von Anton von Erlach (1557–1617), Burkhart von Erlach (1566–1640), Burkhart von Erlach (1600–1686), Hartmann von Erlach (1597–1633) sowie Johann Ludwig von Erlach (1595–1650). Von diesen fünf Familienmitgliedern war 1676 nur noch der sich auf seiner Scheibe voller Stolz als "der Ältest seines Geschlechts" bezeichnende Herr zu Kiesen Burkhart von Erlach († 1686) am Leben. Von ihm weiss man, dass er in der Nachfolge seines Urgrossvaters Diebold von Erlach das Geschlechtsbuch und Familienregister der von Erlach fortführte. Zu den meisten der genannten, 1676 bereits verstorbenen Familienangehörigen hatte er enge Beziehungen, war er doch der Sohn Antons (1557–1617), der Bruder Hartmanns (1597–1633) sowie ein Vetter Johann Ludwigs (1595–1650). Burkhart war es auch, der von Johann Ludwig nach dessen Tod die Herrschaft Kasteln im Mannlehen übernahm und in der 1650 für diesen errichteten Grab- und Memorialkapelle in der Kirche von Schinznach Dorf (Kanton Aargau) zu dessen Ehren zwei Gedenkscheiben anbringen liess (Hasler 2002, S. 250–252, Farbabb. S. 82; Hasler 2003, S. 14–18). Im Bildaufbau und Format entsprechen dieselben exakt der Doppelscheibe Johann Ludwigs in Spiez. Damit geben auch sie sich als Arbeiten Webers zu erkennen. Es wird demnach Burkhart von Erlach gewesen sein, der 1676 einerseits die sechs Scheiben für Spiez und andererseits die Doppelscheibe mit dem Wappen von Johann Ludwig von Erlach für Schinznach bei Weber in Auftrag gab und ihm vermutlich Entwürfe Güders als Vorlagen dazu vermittelte. In ihm darf man also wohl die Person vermuten, welcher Sigmund von Erlach, der damalige Schlossherr von Spiez, die Projektierung und Realisierung seiner für die dortige Kirche bestimmten, in Glas gebrannten Ahnengalerie anvertraute (vgl. dazu die Doppelscheibe Sigmund von Erlachs).
Inv. 0425