Research
Unter dem Herrschaftsherrn Jost von Diesbach (1503–1565) brannte das Schloss Worb 1535 ab. Nach dem Wiederaufbau empfing dieser für den dortigen Wohnraum Fenster- und Wappenstiftungen.
Von dem um 1538 ins Schloss Worb gestifteten Zyklus haben sich drei heraldische Rundscheiben erhalten. Drei davon befinden sich im Bernischen Historischen Museum. Sie zeigen die Allianzwappen von Hans von Erlach und Magdalena von Mülinen (BE_1147, BHM Inv. 23608), von Hans Rudolf von Erlach und Dorothea Velga (BE_1453, BHM Inv. 23610) sowie von Hans Jakob von Wattenwyl und Rose de Chauvirey (BE_1148, BHM Inv. 23609). Zum Worber Zyklus gehört möglicherweise auch die undatierte Allianzscheibe des Anton von Erlach und der Loysa von Hertenstein im Schweizerischen Nationalmuseum Zürich (Inv. LM 1093.3, ∅ 26,9 cm; Schneider 1971, Bd. 1, Kat.-Nr. 221). Diese ist vollkommen analog komponiert wie die Scheibe des Hans Rudolf von Erlach und der Dorothea Velga (BE_1453). Das in Zürich erhaltene Glasgemälde befand sich allerdings bis 1827 in der Sammlung Johann Martin Usteris und von 1827–1894 im Schloss Gröditzberg in Schlesien (Ausst.-Kat. Usteri 1894, Nr. 40). Es wäre also früher als die anderen Worber Scheiben, die sich 1883 noch im Schloss befanden (von Mülinen 1883: “In den Gängen befinden sich alte gemalte Wappenscheiben”), auf den Kunstmarkt gelangt.
Die Rundscheiben aus Worb besitzen die “ausgestanzten Helmdeckenblättchen” als gemeinsames Motiv. Dasselbe kennt man von mehreren anderen, möglicherweise alle von der gleichen (unbekannten) Hand geschaffenen Glasgemälden aus der Zeit von ca. 1534/35 bis gegen 1580 (Scheidegger 1947, S. 44f., 78f.; Kurmann-Schwarz 1998, S. 481f.). Trotz dieser Gemeinsamkeit stammen die Worber Scheiben jedoch kaum von derselben Hand. Wie von Hans Lehmann vorgeschlagen, dürften sie vielmehr Hans Funk zuzuweisen sein (Lehmann 1915). Sie lassen sich mit dessen Stadtscheiben von Bern und Lausanne im Rathaus von Lausanne vergleichen (vgl. Grandjean 1965, Fig. 321, 323; Bergmann 2014, Bd. 2, Abb. 1.5). Auch die mit Funk in Verbindung gebrachten Von-Erlach-Scheiben in der Kirche Jegenstorf verfügen über ähnliche Formen.
Hans Jakob von Wattenwyl (1506–1560), zweiter Sohn des Schultheissen Jakob (1466–1525) und der Magdalena von Muleren, war der Begründer der burgundischen Linie des Geschlechts. Seine Erziehung erhielt er als Page am Hof von Savoyen. Danach trat er in französische Dienste und wurde 1525 in der Schlacht von Pavia verwundet. Zurück in Bern wurde er dort 1526 des Kleinen Rats und ab 1533 hatte er bis 1558 alternierend das Schultheissenamt inne. Er war ein Befürworter der Reformation, Heerführer Berns gegen Savoyen und 1536 massgebend an der Eroberung der Waadt beteiligt. Er war Herr zu Colombier (aus dem Besitz der Chauvirey), zu Bevaix und seit 1535 zu Münchenwiler (ehemalige Propstei) sowie Mitherr zu Gerzensee, Burgistein, Kirchdorf, Gurzelen und Seftigen. 1520 heiratete er Rose de Chauvirey, die Tochter des Philibert, Freiherrn von Châteauvilain (Freigrafschaft Burgund) und Gouverneurs von Dijon. Die Verschwägerung der von Wattenwyl mit den Chauvirey stand in Zusammenhang mit dem Ausgreifen Berns nach Westen. Einerseits war nach dem Pavierzug von 1512 Neuenburg durch Bern, Freiburg, Solothurn und Luzern besetzt (und dadurch den Franzosen ein Zugang zur Eidgenossenschaft verschlossen), andererseits war Bern eng mit der Freigrafschaft Burgund verbunden, weil es damals dort einen grossen Teil seines Salzbedarfs eindeckte. Die von Wattenwyl waren an Gesellschaften beteiligt, die Salzhandel betrieben. Vom Schultheissen Hans Jakob von Wattenwyl und seiner Frau existiert ein Doppelporträt aus dem 17. Jahrhundert (Wegeli 1933, S. 8; HLS 13/2014, S. 290).
Von Hans Jakob von Wattenwyl besitzt das Bernische Historische Museum die Wappenscheibe aus Schloss Worb von 1538. 1559 stiftete dieser ins Berner Münster vier Scheiben, welche sein Wappen, dasjenige seiner Frau, die Wappen seiner Mutter und Grossmütter (Barbara von Erlach, Verena von Schwend, Magdalena von Muleren) sowie der weiblichen Vorfahren seiner Gemahlin zeigen (Kurmann-Schwarz 1998, S. 378f., 420–428, Abb. 268–275). In seinem Todesjahr verehrte er der Kirche von Oberdiessbach eine Wappenscheibe, welche die gleiche Werkstatt wie diejenigen im Münster anfertigte. Im Bernischen Historischen Museum befanden sich von ihm vormals eine Wappenscheibe von 1530 (BHM Bern, alte Inv.-Nr. 1068) sowie eine weitere ohne Jahreszahl (BHM Bern, alte Inv.-Nr. 1067). Von diesen heute verschollenen Werken ist das erstere offenbar stark restauriert und das letztere vielleicht gänzlich neu. Eine auf ihn bezügliche Gedenkscheibe von 1563 war 1972 auf der Auktion der Berner Galerie Stuker (Kat. Stuker 1972, Nr. 3920). Laut Egbert Friedrich von Mülinen existierte im Schloss Landshut vormals eine Rundscheibe mit dem Wappen der Rose de Chauvirey, der Gemahlin von Wattenwyls (von Mülinen 1890, S. 120f.). Im Béatrice-Von-Wattenwyl-Haus in Bern (Kunstsammlungen des Bundes) gibt es drei Glasgemälde mit dessen Wappen. Dabei handelt es sich allerdings durchwegs um neuzeitliche Arbeiten (Kopien). Eine weitere solche Kopie ist in einer Berner Privatsammlung erhalten.
Dating
1538
Original Donor
Wattenwyl, Hans (Johann) Jakob von (1506–1560) · Chauvirey, Rosa (Rose) de
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1933 Bernisches Historisches Museum
Previous Owner
1903–1933 Historisches Museum Basel: 1933 verkauft ans BHM Bern (Foto SNM Zürich)
Inventory Number
BHM 23609