Research
Die Doppelscheibe Solothurns (BHM Bern, 8556, 8557) stammt aus der Kirche Hindelbank und wurde wie die übrigen Glasgemälde 1911 bei einem Brand zerstört. Doch konnten etliche Fragmente gerettet und im Bernischen Historischen Museum zusammengefügt werden. Ein Foto im Schweizerischen Nationalmuseum Zürich (Neg. 8223) zeigt die Scheibe glücklicherweise noch vor ihrer Zerstörung von 1911.
Die Solothurner Seckelmeisterrechnungen verzeichnen die Stiftung im Jahr 1518: "Aber um ein venster gen Hindelbank in Kilchen XXViii lb." (Lehmann 1914, S. 224). Die Familie von Erlach stand Solothurn überaus nahe, so dass die Stiftung dieses befreundeten Stands an den Herrn von Hindelbank, Hans von Erlach, nicht verwundert.
Das Solothurner Scheibenpaar folgt der gleichen Vorlage wie die Stiftungen Solothurns in den Kirchen von Leuzigen (1519) und Ursenbach (1518) sowie aus der Kirche Wengi im Bernischen Historischen Museum (um 1523, nur Standeswappen erhalten; BHM Bern, Inv. 369). Davon unterscheiden sich die Wappenscheiben in Leuzigen und Ursenbach allerdings durch den bannertragenden, schildbegleitenden Engel. Auch die Rahmenarchitektur ist unterschiedlich gestaltet. Die Scheiben aus Hindelbank gehören in dieser Hinsicht sicher zu den schmuckreichsten und ausgefallensten mit dem verschlungenen Astwerk der Säulen und dem doppelten Bogen. Auch wenn qualitative und stilistische Unterschiede zwischen den Scheibenpaaren bestehen, vor allem zwischen den Ursus-Scheiben in Hindelbank und Leuzigen, wird man wohl davon ausgehen können, dass zwischen deren Herstellern enge Verbindungen bestanden.
Hans Lehmann schrieb die beiden von Solothurn nach Hindelbank verehrten Scheiben Jakob Wyss zu, dem er auch Solothurns Scheiben in Ursenbach (s. o.) und aus der Kirche Wengi (BHM Bern, Inv. 369) zusprach. Wie bei den Glasgemälden der Kirche Leuzigen dargelegt wurde, scheint Wyss von Beruf jedoch nur Glaser gewesen zu sein. Er kann die betreffenden Werke somit kaum geschaffen haben. Obwohl die Solothurner nachweislich auch Jakob Wyss beschäftigten, ist doch in den dortigen Seckelmeisterrechnungen von 1521 nur von einem Fenster die Rede ("Aber Jacob Wissen zu bern um 1 venster iiij lb"; Lehmann 1914, S. 224). Andere in den Solothurner Rechnungen genannte Meister wie Peter Marquart (1519), Jakob Hugi und Hans Stinglin (1521) sind in ihrem Schaffen bislang überhaupt nicht fassbar.
In der Grundposition ist dem hl. Ursus der Scheiben von Hindelbank und Ursenbach auch der hl. Ursus der Solothurner Stiftung in Jegenstorf von 1518 verwandt, die dem Berner Glasmaler Jakob Meyer zugeschrieben wird. Aufgrund ihrer stilistischen Unterschiede lassen sich die erheblich überarbeitete Ursenscheibe in Jegenstorf und die auf der gleichen Vorlage basierenden in Hindelbank und Ursenbach zwar sicher nicht der gleichen Hand, das heisst Jakob Meyer, zuschreiben. Gleichwohl drängt sich die Frage auf, ob nicht auch die Solothurner Doppelstiftung in Hindelbank von einem anonym bleibenden Glasmaler aus Meyers Werkstatt oder Umkreis ausgeführt wurde. Qualitativ und stilistisch steht den Solothurner Scheiben in Hindelbank die mehrfach genannte Standesscheibe aus Wengi im Bernischen Historische Museum am nächsten.
Dating
1518
Original Donor
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1915 Bernisches Historisches Museum
Previous Owner
Inventory Number
BHM 8556