Research
Abraham Stürler (erstmals erwähnt 1584–1624), Sohn des Kleinrats Gilian Egidius Stürler und der Anna von Mülinen, gelangte 1585 in den Berner Grossrat. Er amtete 1588–1594 als Vogt von Oron, stieg 1595 in den Kleinen Rat auf, war 1597–1603 Gubernator zu Aelen (Aigle), 1603–1607 Venner zu Gerbern, 1610–1624 Welschseckelmeister sowie häufig Gesandter. Der erfahrene Politiker besass ein beträchtliches Vermögen, in Bern ein Haus an der Kramgasse und einen Landsitz in Gampelen. Schon 1584 hatte Abraham in Bern die 14jährige Agatha Wurstemberger († 1623) geehelicht, die Tochter des Kleinrats Simon Wurstemberger und der Barbara von Graffenried. Sie schenkte ihm zahlreiche Kinder, darunter sechs Söhne, von denen jeder einen Familienzweig begründete. Sie stifteten ebenfalls Scheiben, so Kilian (Gilian) eine im Jahr 1615 (BHM Bern, Inv. 14671) sowie Johannes eine 1640, die 1678 erneuert wurde (BHM Bern, Inv. 14669). Das Bernische Historische Museum bewahrt ein in Öl gemaltes Bildnis Abraham Stürlers (Stürler 1933; HBLS 6/1931, S. 587, mit Abb.; HLS 12/2013, S. 101). Ausser dem vorliegenden Glasgemälde im Bernischen Historischen Museum hat sich eine runde Wappenscheibe Abraham Stürlers von 1602 in Berner Privatbesitz erhalten (BE_1402).
Die Scheibe gehört zu einem 1601 entstandenen Zyklus, von dem sich mindestens drei Allianzscheiben nachweisen lassen, nämlich diejenigen Niklaus Lombachs (1534–1597) und Susanna Wurstembergers (* 1552), Abraham Stürlers (1566–1624) und Agatha Wurstembergers (ca. 1563–ca. 1627) sowie David Tscharners (1536–1611) und Barbara Wurstembergers († 1587). Die Scheibe Lombach/Wurstemberger befindet sich ebenfalls im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 27545). Die Scheibe Tscharner/Wurstemberger ist durch eine Pause Johann Heinrich Müllers (1822–1903) in seinem Nachlass dokumentiert, der als Depositum des Bernischen Historischen Museums im Vitrocentre Romont aufbewahrt wird (Inv. 28504, Mappe 7). Die Inschrift darauf lautet: "H. David Tscharner des Rhatts / zu Bernn und Wÿl und F. Barbara / Wurstenberger sin ehliche gemachel." Alle drei Scheiben sind nach dem gleichen Schema aufgebaut. Der ehemalige Stiftungszusammenhang muss im Umfeld der Familie Wurstemberger gesucht werden. Susanna, Agatha und Barbara Wurstemberger waren Töchter des Simon Wurstemberger und der Barbara von Graffenried. Ob von den weiteren Kindern des Paares ebenfalls dem Zyklus zugehörige Allianzscheiben existierten, lässt sich nicht mehr sagen. Wahrscheinlich hat entweder eines der Geschwister oder eines ihrer Kinder die Scheibenserie für sein Haus in Auftrag gegeben.
Stilistisch dürften die Allianzwappenscheiben dem Werk des Berner Glasmalers Hans Jakob Dünz zuzuordnen sein. Dieser hinterliess zwar nur wenig gesicherte Glasgemälde, doch eine ganze Reihe von Scheibenrissen in der Sammlung Wyss des Bernischen Historischen Museums, unter denen einige auf seine Autorschaft für den Wurstemberger-Zyklus deuten (Hasler 1996/97, Bd. 1, Kat.-Nrn. 348, 349). Im Malstil und Schriftcharakter bieten sich die von Dünz signierte Scheibe für Daniel Wyss von 1611 und die indirekt für ihn gesicherte Scheibe Sebastian Darms und Elsbeth Stürlers aus dem Jahr 1598 zum Vergleich an. Beide befinden sich ebenfalls im Bernischen Historischen Museum (BHM Bern, Inv. 395, 14670).
Dating
1601
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1922 Bernisches Historisches Museum
Inventory Number
BHM 14668