Research
Im Schloss Holligen befinden sich elf weitgehend analog komponierte und in den Massen übereinstimmende Freundschaftsscheiben aus den Jahren von 1632 bis 1634. Sie enthalten jeweils die Wappen zweier aus Berner Familien stammender Stifter. Davon entstanden diejenigen mit den Wappen Stürler/Wurstemberger und Tillier/Archer 1632, diejenigen mit den Wappen Ryhiner/Dick, Berseth/Baumgarter, Fellenberg/Kohler und Kirchberger/Tillier 1633 sowie diejenigen mit den Wappen von Bonstetten/von Diesbach, von Erlach/Michel, Morlot/von Graffenried, Steiger/Manuel und von Wattenwyl/Steiger 1634. Im Bernischen Historischen Museum gibt es drei weitere zu diesem Zyklus gehörende Werke. Davon wurden zwei 1632 von Marquard Zehender dem Älteren und Franz Güder sowie Marquard Zehender dem Jüngeren und Martin Fels gestiftet (BE_1568, BE_1569, BHM Bern, Inv. 58084, 58085). Das dritte von 1634 zeigt die Wappen von Hans Franz von Luternau und Franz Ludwig von Graffenried (BE_6414, BHM Bern, Inv. 4988). Schliesslich gesellt sich dazu die verschollene, durch eine Aufnahme dokumentierte Scheibe von 1632 mit den Wappen des (Hans) Rudolf Zehender und des Wilhelm Fels (SNM Zürich, Foto-Neg. 96568). Mehrere der angeführten Glasgemälde besitzen in der oberen Zone Ergänzungen (vor allem in Form blauer Gläser). Wie im Falle der Wappenscheibe Morlot/von Graffenried dürften bei den meisten von ihnen an deren statt ursprünglich zwei Fruchtschalen dargestellt gewesen sein. In der Komposition heben sich die fünf Glasgemälde von 1632 zwar leicht von denjenigen beider folgender Jahre ab, indem ihre Inschriftentafeln reich mit Rollwerk verziert sind und nicht die ganze Scheibenbreite einnehmen. Weil sie in den Massen sowie im Stil und Schriftcharakter mit den übrigen Stücken übereinstimmen, darf man aber auch sie zu diesem Zyklus zählen. Bislang konnten aus den Quellen keine Hinweise zur Beantwortung der Frage gewonnen werden, wohin derselbe gestiftet wurde. Als Bestimmungsort in Betracht ziehen darf man aber das Schloss Holligen selbst. Man kann sich nämlich fragen, ob Abraham Wurstemberger 1631 als neuer Besitzer des Schlosses dieses baulich verändert und im Anschluss daran von Freunden, Kollegen und Verwandten Fenster und Wappen erbeten haben könnte. Mit Beat Ludwig Wurstemberger ist unter den Stiftern zumindest ein Mitglied seiner Familie vertreten. Ob und, wenn ja, in welcher Weise die zahlreichen übrigen Wappeninhaber mit ihm verbunden waren, liess sich bislang allerdings nicht klären.
Im Schriftcharakter (Inschrift mit reichem Schnörkelwerk) und in der Gestaltung von Wappen und Helmdecken erinnern die Scheiben an Abraham Sybolds monogrammiertes Glasgemälde von 1624 für Johann Jakob Heimberg im Bernischen Historischen Museum (BE_188, BHM Bern, Inv. 2431). Man darf Hans Lehmann deshalb folgen, wenn er Sybold als Schöpfer dieser Serie betrachtet.
Marquard Zehender (1581–1638), Vater des gleichnamigen Sohnes (1602–1654), war ab 1604 Berner Grossrat, 1610–1616 Landvogt von Landshut, ab 1620 Kleinrat, 1624–1630 Landvogt von Lausanne, 1634–1637 Salzdirektor, ab 1635 Welschseckelmeister und Oberkommandant der Waadt. Er war seit 1601 mit Elisabeth Wurstemberger, der Tochter Hans Rudolfs, verheiratet. Nach deren Tod ehelichte er 1622 Anna von Diesbach, die Tochter des Niklaus (HBLS 7/1934, S. 630; HLS 13/2014, S. 650).
Franz Güder (1587–1651), der Sohn des Venners Franz († 1631), wurde 1612 Mitglied des Berner Grossrats, 1615 Iseler (Aufseher über die staatlichen Weinberge und Eichmeister) und 1638 Welschseckelmeister. Er amtete 1619–1625 als Landvogt von Nyon und 1629–1635 als Gubernator von Aigle (Aellen). Dem Berner Kleinrat gehörte er 1637 und 1644–1651 an. Er war in erster Ehe seit 1610 mit Dorothea Fels, der Tochter Wilhelms, verheiratet. Nach ihrem Tod ehelichte er 1630 Barbara Wyttenbach, die Tochter des Niklaus und der Salome Thormann (HBLS 3/1926, S. 789; HLS 5/2006, S. 785). Von Franz Güder gibt es eine Wappenscheibe von 1616 im Art Institute in Chicago (Raguin/Zakin 2001, S. 106f., Abb.).
Dating
1632
Previous Location
Place of Manufacture
Owner
Seit 1998 Bernisches Historisches Museum
Previous Owner
Sammlung von Mutach, Schloss Holligen, Bern?
Inventory Number
BHM 58084